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Die Bruderschaft des Schmerzes

Die Bruderschaft des Schmerzes

Titel: Die Bruderschaft des Schmerzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norman Spinrad
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Jeder, der den Stolz nicht achtete, hatte es verdient, daß jemand anderer über ihn herrschte. Zum Teufel mit der Bescheidenheit! Solange du es beweisen kannst, bist du genauso groß, wie du behauptest, es zu sein!
    Er stand neben dem Bett, sah hinab, wartete auf ihre Berührung und machte keine Bewegung, um ihr entgegenzukommen. „Ich fühle mich wie ein Stier“, sagte er. „Warum auch nicht? Ich bin Bart Fraden, und dies ist mein Planet. Meiner! Jedermann sollte das einmal gefühlt haben, wenn er sich Mann nennen will. Wenn ich Tarzan wäre und du Jane wärst, dann würde ich Cheeta in den Hintern treten, auf meine Brust trommeln und …“
    „Nein, so habe ich dich noch nie erlebt, du verdammter, arroganter Bastard“, sagte sie, aber sie lachte mit leuchtenden Augen, während sie es sagte.
    „Du hast eben noch nie erlebt, wie ich mir von unten einen Weg nach oben bahnte. Erschreckt es dich?“
    „Hat Jane etwa Angst vor Tarzan?“ fragte sie und legte ihm leicht die Hand auf den Arm. Er spürte, wie etwas zwischen ihnen wuchs, sich ausdehnte. Das Machtgefühl nährte seine Männlichkeit, und seine Männlichkeit steigerte seine Macht. Er konnte in ihren Augen lesen, daß sie das gleiche fühlte, sah, daß seine rohe, animalische Männlichkeit das Feuer der Weiblichkeit in ihr entfachte. Die Hitze, die sie abstrahlte, steigerte die seine, und das Zimmer erschien wie der Schlot eines Vulkans, der vor dem Ausbruch stand.
    „Nur ihr Schimpanse könnte darauf die Antwort geben …“, murmelte er.
    Wie ein Katalysator lösten diese bedeutungslosen Worte die Explosion aus. Sie packte ihn und riß ihn mit unerwarteter, wilder Kraft zu sich herab, stieß dabei leise Schreie aus, bittend, bettelnd, fordernd. Er bedeckte sie ganz, seine Kleider flogen irgendwohin. Der Rausch packte ihn. Er berauschte sich an ihr, an sich selbst, am Universum, und sein Verstand erlosch. Sein ganzes Wesen ging in seinen Körper ein, in seine Haut, sprang auf sie über, drang in sie ein, umschlang sie. Sie bot sich ihm an, doch es war ein aggressives, stolzes Angebot. Und so wie ein Monarch einen Tribut entgegennimmt, mit Würde und Dankbarkeit, so nahm er an, was sie ihm bot. Und die Entfaltung ihrer Gabe und das Vertrauen, mit dem er sie nahm, steigerten sich zu einem Crescendo, das sie für einen zeitlosen Augenblick vereinigte: Geber und Nehmer, Frau und Mann als ein welterfüllendes Ganzes.
    Viele schweigsame Minuten später sah sie ihn mit verhangenen, funkelnden Augen an. „Lang lebe … lang lebe …“ versuchte sie zu sagen, aber dann verfiel sie in ein mädchenhaftes Kichern.
    „Lang lebe was?“
    „Lang lebe die Freie Republik!“ quietschte sie, und ein wildes, unaufhaltsames Lachen ließ ihren Körper erzittern.
     
    Lang lebe die Freie Republik, dachte Bart Fraden in mildem Spott, als er sich umwandte und die neugeschaffene Fahne der Freien Republik von Sangre erblickte. Sie zeigte einen roten Kreis auf grünem Tuch und flatterte von einem behelfsmäßigen Mast, von dem sich die Rinde schälte.
    Aber mit jedem Tage wurde die Flagge weniger anmaßend. Am Tage wurde sie offen über die Straßen getragen. Vor der Fahne marschierte Fraden, er ging allein, dann folgten hundert bewaffnete Guerillas in sauberer Marschordnung. Das waren alles Freiwillige, und ihnen folgten noch einmal hundert Männer, die sich ihnen in den letzten beiden Dörfern spontan angeschlossen hatten. Bart Fraden marschierte an der Spitze von zweihundert Männern unter der heißen, roten Sonne von Sangre, und es schien ihm, daß er sie noch überstrahlte. Die Hitze, die er abstrahlte, ließ diesen heißen Plasmaklumpen wie eine Kugel aus rotem Eis erscheinen. Er marschierte, und er fühlte, daß die Macht mit ihm marschierte.
    Was für ein Gefühl! Wie neugeboren war er aus seinem Unterschlupf im Dschungel gekrochen, und nun stand er glänzend im Licht. Zum ersten Mal seit er den Gürtelfreistaat verloren hatte, hatte Fraden wieder das Gefühl, daß die Welt ihn so sah, wie er sich selber einschätzte. Hinter ihm marschierten seine Männer, seine Flagge flatterte im Sonnenlicht, die Sangraner schlossen sich dem Zug an, so wie kleine Jungen einer Parade folgen, und er war der Mittelpunkt. Rom, zu dem alle Straßen führten. Fraden, der Präsident; Fraden, der Befreier; Fraden, der Volksheld. Vielleicht war die Legende von Bart Fraden nur ein Produkt seiner eigenen Gerüchteküche. Ein Held war ein Mann, der sich selbst seinen eigenen Mythos schuf, in

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