Die Bruderschaft des Schmerzes
krümmte sich wie eine geköpfte Schlange. Auch in der Stunde seiner Todesqual verhielt er sich so, wie er es gelernt hatte, wie es ihm bei seiner Geburt vorausbestimmt war: Er schnappte mit den zahnlosen, blutenden Kiefern nach allen Seiten und stieß seinen Kriegsruf hervor, der unter diesen Umständen lächerlich pathetisch klang: „ TÖTEN ! TÖTEN ! TÖTEN ! TÖTEN ! TÖTEN !“
Die Sangraner buhten und lachten. Einzelne von ihnen stießen vor, packten den hilflosen Töter und zerrten ihn ein Stück auf das Feuer zu. Schließlich hatten sie eine freie Feuerstelle erreicht; dort banden sie ihn an einen Spieß und wuchteten ihn hoch, während er heulte und schrie. Es klang mehr Haß als Furcht aus dieser Stimme.
Fraden wendete seine Augen ab, als aus dem „ TÖTEN ! TÖTEN ! TÖTEN !“ ein schrecklicher Schmerzensschrei wurde.
Außer sich vor Zorn packte Fraden zu. Er ergriff den ersten Sangraner, der in seine Nähe kam. Es war eine alte, gebeugte Frau. Ihre Augen fieberten im Blutrausch, ihre Lippen waren feucht von Speichel. Er hielt ihren Arm umklammert und drückte ihr den Lauf der Schnittpistole in das erschreckte Gesicht.
„Dieser Töter!“ keuchte er. „Wer hat euch gesagt …? Wer hat euch erlaubt …? Wo …? Wie …?
WO HABT IHR DIESEN TÖTER HER?“
„Von der Volksarmee!“ Die Stimme der Frau war schrill vor Furcht. „War einfach da … Der Feldmarschall hat uns den Töter gegeben … dein Freund … der Außenweltler!“
Fraden ließ sie los, und sie stürzte davon.
Er spürte, wie das Blut in seinen Adern kochte. Wut, Zorn, Ekel, Haß, all das schwamm auf einem Ozean von Adrenalin durch seine Arterien, während er auf das Beiboot zurannte. Der verfluchte Willem! Verdammter Sauhund! Ich werde …!
Ein schrecklicher Schrei, schlimmer als alle anderen bisher, brachte ihn dazu, noch einmal unfreiwillig zum Feuer zurückzusehen.
Ein drahtiger, rothaariger Mann peinigte den Töter mit einer Fackel. Aber Einzelheiten bemerkte Fraden gar nicht. Es war etwas anderes, das ihn dazu brachte, die Hände so heftig zu Fäusten zu ballen, daß ihm die Fingernägel blutende Wunden in die Handballen schnitten. Es lag an dem Folterer mit der Fackel und nicht an dem Opfer.
Denn der rothaarige Mann, dessen Augen leuchteten und dessen Mund widerwärtig grinste, war Vanderlings Lieblings-Herogynfreak: Oberst Lamar Gomez.
„Zum Teufel, Bart! Was ist denn nun wieder los?“ polterte Vanderling, während Olnay ihn zu Fradens Hütte drängte. „Ich war irgendwo dort draußen, da kommt einer von deinen Tr … äh … Agenten und sagt mir, daß du mich sofort sprechen willst. Mann, um mich überhaupt zu finden, mußt du doch Dutzende von …“
Fraden gab Olnay ein Zeichen. Er beachtete Vanderling überhaupt nicht, der vor seinen Tisch getreten war. „Das wäre alles, Oberst Olnay. Achte darauf, daß Marschall Vanderling und ich nicht gestört werden. Auf keinen Fall. Das heißt: auf gar keinen Fall, klar?“
Olnay nickte. Er schien die Spannung zu spüren, die im Zimmer herrschte und zog sich hastig zurück.
„Gut, jetzt sind wir unter uns“, sagte Vanderling lässig. „Was ist denn los?“
„Setz dich hin!!“ Seine Stimme hatte die Wucht eines Granateinschlags. Er schleuderte Vanderling mit den Augen auf den Stuhl. Als dieser saß, stand er auf.
Vanderlings Gesicht nahm einen angespannten Ausdruck an. Durch den gebrüllten Befehl, die Wut auf Fradens Gesicht und den plötzlichen Tausch der Positionen war eine Verhörsituation entstanden, wo Vanderling mit einer taktischen Besprechung gerechnet hatte.
Fraden begann in dem kleinen Raum auf und ab zu gehen. Seine Augen waren fest auf Vanderling gerichtet, der seinerseits jede von Fradens Bewegungen verfolgte. Der Mungo und die Kobra. Fraden suchte nach Worten. Sie sollten scharf wie Messer sein, doch der Auftakt seiner Rede war eher nüchtern.
Er begann mitten im Satz:
„… Brutalität verstehe ich! Dummheit verstehe ich auch! Perversionen, Sadismus, Grausamkeit, Kannibalismus, Mord, Folter … Ich bin jetzt lange genug auf Sangre, es überrascht mich nicht mehr! Aber … aber, zum Teufel, Mann, wie schaffst du es, das alles zu einem sauberen Bündel zusammenzuschnüren? Hast du dich an deinem Herogyn vergriffen? Hast du vergessen, was wir hier tun wollen? WAS IST IN DICH GEFAHREN ?“
„He …“ sagte Vanderling mit einschmeichelnd sanfter Stimme. „Was ist denn mit dir los, Bart?“
„Stell dich nicht blöder als du bist! Ich weiß
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