Die Bruderschaft
überein, dass er am Nachmittag 100000 Dollar in bar erhalten würde - der Rest sollte unverzüglich telegrafisch angewiesen werden. Trevor wollte das Geld zu einer anderen Bank transferiert haben, doch sie bestanden darauf, dass er sein Konto bei der Geneva Trust Bank in Nassau behielt, und versicherten ihm, es sei ihnen lediglich gelungen, eine Auskunft über die Höhe seines Guthabens zu bekommen - jeder Zugang zu seinem Konto sei ihnen selbstverständlich verwehrt. Außerdem werde das Geld am späten Nachmittag dort eintreffen; dagegen werde es, wenn er die Bank wechsle, ein bis zwei Tage länger dauern. Beiden Seiten war sehr daran gelegen, das Geschäft so schnell wie möglich abzuwickeln: Wes und Chap wollten ihren Klienten beschützen, und Trevor wollte das Geld. Nach drei Bieren war er in Gedanken bereits dabei, es auszugeben. Chap machte sich auf den Weg, um das Geld zu besorgen. Die beiden anderen stiegen, nachdem Trevor noch eine Flasche Bier zum Mitnehmen bestellt hatte, in Wes’ Wagen und fuhren ein wenig in der Gegend herum. Chap wollte sich mit ihnen an einem bestimmten Ort
treffen und Trevor das Geld übergeben. Während sie auf der A1A am Strand entlang in Richtung Süden fuhren, begann Trevor ein Gespräch.
»Ist das nicht erstaunlich?« sagte er. Sein Kopf lehnte an der Kopfstütze, die Augen hinter einer billigen Sonnenbrille verborgen.
»Was ist erstaunlich?«
»Welche Risiken manche Leute eingehen. Ihr Klient, zum Beispiel. Ein reicher Mann. Er hat offenbar so viel Geld, dass er jeden hübschen Jungen haben könnte, der ihm gefällt, und doch reagiert er auf eine Kleinanzeige und schreibt einem vollkommen Unbekannten.«
»Ich verstehe das auch nicht«, sagte Wes. Für einen Augenblick waren die beiden Heteros Verbündete. »Aber es gehört nicht zu meinem Job, Fragen zu stellen.«
»Es muss wohl der Reiz des Unbekannten sein«, sagte Trevor und trank einen Schluck aus der Flasche.
»Ja, wahrscheinlich. Wer ist Ricky?«
»Das sage ich Ihnen, wenn ich das Geld habe. Und wer ist Ihr Klient?«
»Welcher? Wie viele Leute haben Sie denn an der Angel?«
»Ricky war in letzter Zeit ziemlich fleißig. Ich schätze, so um die zwanzig.«
»Und wie viele haben Sie erpresst?«
»Zwei oder drei. Es ist ein übles Geschäft.«
»Wie sind Sie da hineingeraten?«
»Ich bin Rickys Anwalt. Er ist sehr intelligent, er langweilt sich sehr, und irgendwie hat er sich diesen Plan ausgedacht, um reiche Typen zu erpressen, die ihre wahren Neigungen verbergen wollen. Und wider besseres Wissen hab ich mitgemacht.«
»Ist er selbst schwul?« fragte Wes. Er kannte die Namen von Beechs Enkeln. Er wusste, welche Blutgruppe Yarber hatte. Er kannte den Namen des Geliebten, den Spicers Frau in Mississippi hatte.
»Nein«, sagte Trevor.
»Dann ist er ein Psychopath.«
»Nein, er ist ein netter Kerl. Und wer ist Ihr Klient?«
»AI Konyers.«
Trevor nickte und versuchte, sich zu erinnern, wie viele Briefe von Ricky an AI durch seine Hände gegangen waren. »So ein Zufall. Ich wollte gerade nach Washington fahren, um rauszukriegen, wer sich hinter diesem Namen verbirgt. AI Konyers ist natürlich nicht sein wirklicher Name.«
»Natürlich nicht.«
»Kennen Sie seinen wirklichen Namen?«
»Nein. Wir sind von seinen Leuten angeheuert worden.«
»Interessant. Dann kennt also keiner von uns AI Konyers.«
»Genau. Und dabei wird es auch bleiben.«
Trevor zeigte auf eine Tankstelle. »Halten Sie mal kurz - ich brauche ein Bier.«
Wes wartete in der Nähe der Zapfsäulen. Man hatte sich darauf geeinigt, Trevors Trinkgewohnheiten erst anzusprechen, wenn man ihm das Geld übergeben und er ihnen alles gesagt hatte. Wes und Chap würden ein Vertrauensverhältnis aufbauen
und ihn dann sanft zu mehr Nüchternheit drängen. Das Letzte, was sie brauchten, war ein Trevor, der sich allabendlich in Pete’s Bar and Grill betrank und zu viel redete.
Chap erwartete sie in einem identischen Mietwagen vor einem Waschsalon acht Kilometer südlich von Ponte Vedra Beach. Er übergab Trevor einen schmalen, billigen Aktenkoffer und sagte: »Es ist alles da drin. Hunderttausend Dollar. Wir sehen uns dann in der Kanzlei.«
Trevor hörte kaum, was er sagte. Er öffnete den Aktenkoffer und begann, das Geld zu zählen. Wes wendete den Wagen und fuhr in Richtung Norden. Es waren zehn Bündel á 10000 Dollar in 100-Dollar-Scheinen.
Trevor klappte den Koffer zu und wechselte die Seiten.
SIEBENUNDZWANZIG
Chaps erste Aufgabe als Trevors
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