Die Bruderschaft
hintereinander. Trevor hatte richtig gesetzt.
Eine Minute vor Schluss stand das Spiel unentschieden. Trevor war es egal, wer gewann. Die Sache war gelaufen. Er zahlte, gab dem Barmann 100 Dollar Trinkgeld und winkte Prep beim Hinausgehen fröhlich zu. Prep zeigte ihm den Mittelfinger.
In der kühlen Dunkelheit ließ Trevor die Lichter hinter sich und ging den Atlantic Boulevard entlang, vorbei an den billigen, dicht zusammengedrängten Ferienbungalows und den geschniegelten, immer frisch gestrichenen Rentnerhäusern mit den perfekt gepflegten Rasenflächen und bis zu der alten Holztreppe. Am Strand zog er die Schuhe aus und schlenderte am Wasser entlang. Die Temperatur lag bei knapp unter zehn Grad - nichts Ungewöhnliches für Jacksonville im Februar-, und binnen kurzem waren seine Füße kalt und nass.
Er spürte es eigentlich gar nicht. 43000 Dollar an einem Tag, steuerfrei und gut versteckt. Im letzten Jahr hatte er nach Abzug aller Ausgaben 28000 verdient und dafür hatte er schwer gearbeitet: Er hatte sich mit Mandanten herumgeschlagen, die zu arm oder zu unzuverlässig gewesen waren, um ihn zu bezahlen, hatte einen Bogen um Gerichtssäle gemacht, hatte sich mit kleinkarierten Immobilienmaklern und Bankiers gestritten, sich über seine Sekretärin geärgert und das Finanzamt betrogen.
Ach, die Freuden schnellen Geldes! Er hatte an das Ding, das die Bruderschaft drehte, nicht so recht glauben wollen, doch jetzt erschien es ihm brillant. Man brauchte bloß Leute zu erpressen, die nicht zur Polizei gehen konnten. Wirklich eine clevere Sache.
Und da es so gut funktionierte, würde Spicer die Schraube weiter anziehen. Die Briefe würden zahlreicher werden und er würde häufiger nach Trumble fahren. Aber wenn es sein musste, würde er mit Freuden täglich hinfahren, Briefe holen und abliefern und Wärter bestechen.
Während der Wind auffrischte und die Wellen brachen, planschte er mit den Füßen durchs Wasser.
Noch cleverer wäre es, den Erpressern einen noch größeren Anteil abzunehmen -immerhin waren es verurteilte Verbrecher, die ihn wohl kaum verklagen würden. Es war ein böser Gedanke, für den er sich beinahe schämte, aber dennoch war er einer Erwägung wert. Man musste sich alle Optionen offen halten. Seit wann hatten Diebe eine Ehre?
Er brauchte eine Million Dollar, nicht mehr und nicht weniger. Er hatte es oft ausgerechnet, wenn er nach Trumble gefahren war, wenn er bei Pete’s herumgehangen und sich betrunken hatte, wenn er allein und hinter verschlossener Tür an seinem Schreibtisch gesessen hatte. Eine lausige Million, und er konnte seine jämmerliche kleine Kanzlei schließen, seine Zulassung zurückgeben, sich ein Segelboot kaufen und den Rest des Lebens damit verbringen, sich vom Wind durch die Karibik treiben zu lassen.
Er war diesem Ziel näher denn je.
Richter Spicer wälzte sich auf seinem Bett - dem unteren der beiden Betten - herum. Er schlief nur selten gut in diesem winzigen Bett, in dieser winzigen Zelle, die er mit einem kleinen, unangenehm riechenden Mann namens Alvin teilte. Alvin schnarchte oben. Jahrzehntelang hatte er sich als Landstreicher durchgeschlagen, doch in vorgerücktem Alter hatte er begonnen, sich nach einem Dach über dem Kopf und regelmäßigen Mahlzeiten zu sehnen, und einen Landbriefträger in Oklahoma überfallen. Zu seiner Ergreifung hatte er maßgeblich beigetragen, indem er im FBI-Büro in Tulsa erschienen war und verkündet hatte: »Ich war’s.« Die Beamten hatten sechs Stunden lang in Unterlagen kramen müssen, um die Anzeige zu finden. Selbst dem Richter war klar, dass Alvin alles genau geplant hatte. Er wollte kein Bett in einem Staatsgefängnis, sondern in einer Bundesvollzugsanstalt.
Heute fiel Spicer das Einschlafen noch schwerer als sonst, weil der Rechtsanwalt ihm Sorgen machte. Jetzt, da die Sache langsam in Schwung kam, ging es um größere Summen. Und es würde noch mehr Geld kommen. Je mehr sich auf dem Konto von Boomer Realty auf den Bahamas ansammelte, desto größer würde die Versuchung für Trevor werden. Er war in der Lage, ihnen ihr unrechtmäßig erworbenes Geld zu stehlen, ohne etwas befürchten zu müssen.
Doch ohne einen Komplizen außerhalb des Gefängnisses funktionierte die ganze Sache nicht. Jemand musste die Briefe hinein und hinaus schmuggeln. Und jemand musste das Geld einkassieren.
Es musste eine Möglichkeit geben, diesen Anwalt auszubooten, und Joe Roy war entschlossen, sie zu finden, auch wenn das bedeutete, dass
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