Die Bruderschaft
er einen Monat lang kein Auge zutat. Kein schmieriger Anwalt sollte ein Drittel des Geldes einstreichen und sich dann auch noch mit dem Rest davonmachen.
NEUN
Der Interessenverband der Rüstungsindustrie - der IVR, wie er schon bald überall genannt wurde - betrat mit Trommeln und Fanfaren den schwankenden, morastigen Boden der Arena, in der mit Geld um politischen Einfluss gestritten wurde. Kein Interessenverband hatte in jüngerer Geschichte so viel Geld und Einfluss in die Waagschale geworfen.
Das Gründungskapital kam von einem Chicagoer Finanzier namens Mitzger, einem Amerikaner, der außerdem die israelische Staatsbürgerschaft besaß. Er spendete die erste Million, die nach etwa einer Woche verbraucht war. Andere jüdische Geldgeber waren schnell gefunden, auch wenn ihr Geld offiziell von Gesellschaften und ausländischen Konten stammte. Teddy Maynard wusste, welches Risiko er einging, wenn er zuließ, dass ein Haufen reicher Juden offen und organisiert für Lakes Wahlkampf spendete. Er griff auf alte Freunde in Tel Aviv zurück, die für ihn in New York Geld auftrieben.
Mitzger stand politisch eher links, doch nichts lag ihm so sehr am Herzen wie die Sicherheit Israels. In gesellschaftlichen Belangen fand er den Kandidaten viel zu konservativ, doch Lake trat eben auch für eine neu strukturierte und gerüstete Armee ein und nach Mitzgers Überzeugung konnte nur ein starkes Amerika die Stabilität im Nahen Osten garantieren.
Er mietete eine Suite im Willard Hotel in Washington, D. C., und hatte am Mittag des folgenden Tages einen Mietvertrag für eine ganze Etage in einem Bürogebäude in der Nähe des Flughafens. Sein Stab aus Chicago arbeitete rund um die Uhr, um 3800 Quadratmeter Bürofläche mit dem Neuesten auszurüsten, was Datenverarbeitungs-und Kommunikationstechnik zu bieten hatten. Um sechs Uhr morgens frühstückte er mit Elaine Tyner, einer Anwältin und Lobbyistin, die mit eisernem Willen und den Ölgeldern zahlreicher Mandanten eine gewaltige Firma aufgebaut hatte. Tyner war sechzig Jahre alt und galt derzeit als die einflussreichste Lobbyistin in Washington. Bei Bagels und Orangensaft erklärte sie sich bereit, den IVR zu vertreten - für eine Anzahlung von 500000 Dollar. Dafür würde ihre Firma sofort zwanzig Mitarbeiter und ebenso viele Bürokräfte zum neuen Sitz des IVR entsenden. Einer ihrer Teilhaber würde die Leitung der Operation übernehmen. Eine Gruppe würde ausschließlich damit beschäftigt sein, neue Spender aufzutreiben. Eine zweite würde sich um die Unterstützung durch Kongressabgeordnete kümmern und die heikle Aufgabe übernehmen, zunächst sehr behutsam zu sondieren, welche Senatoren, Abgeordneten und Gouverneure bereit waren, für Lake Partei zu ergreifen. Das würde nicht leicht sein, denn die meisten hatten sich bereits auf andere Kandidaten festgelegt. Eine weitere Gruppe würde sich ausschließlich mit Recherchen befassen und herausfinden, welches militärische Gerät gebraucht wurde, was es kostete, welche neuen Apparate und futuristischen Waffen es gab, welche Innovationen die Russen und Chinesen entwickelten - alles, was für Lake möglicherweise von Belang war.
Tyner selbst würde sich um Geldspenden ausländischer Regierungen bemühen - eine ihrer Spezialitäten. Sie hatte gute Verbindungen zu den Südkoreanern, denn deren Interessen vertrat sie in Washington seit gut zehn Jahren. Sie kannte südkoreanische Politiker, Diplomaten und Geschäftsleute. Nur wenige Länder würden von einem aufgerüsteten Amerika mehr profitieren als Südkorea.
»Ich würde sagen, die werden mindestens fünf Millionen beisteuern«, sagte sie zuversichtlich. »Für den Anfang.«
Aus dem Gedächtnis setzte sie eine Liste von zwanzig französischen und britischen Unternehmen auf, die mehr als ein Viertel ihrer Umsätze durch Geschäfte mit dem Pentagon erwirtschafteten. Mit diesen würde sie sich sogleich in Verbindung setzen.
Tyner war der Prototyp des Washingtoner Anwalts. Seit fünfzehn Jahren hatte sie keinen Gerichtssaal mehr betreten und jedes weltbewegende Ereignis hatte innerhalb des Regierungsviertels seinen Ursprung und irgendwie mit ihr zu tun.
Einer solchen Herausforderung hatte sie sich noch nie gestellt: Sie sollte einem Kandidaten, der erst im letzten Augenblick in den Ring gestiegen war, der ein praktisch unbeschriebenes Blatt war, dessen Bekanntheitsgrad bei 30 Prozent lag und der bei nur zwölf Prozent der Wahlberechtigten Zustimmung fand, zum Wahlsieg
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