Die Brücke der Gezeiten 1: Ein Sturm zieht auf (German Edition)
der Eingeborenen. Schnaubend schaute er ihr hinterher, dann hob er die Hand und formte aus dem Stein zu seinen Füßen eine Gnosisschlange, dreimal so lang wie Elena. Steinstaub wirbelte auf, Anro ächzte vor Anstrengung, und ihm wurde schwindlig. Seine Sicht verschwamm, und einen Moment lang sah er drei Elenas dort unten zwischen den Hütten. Er blinzelte: Ja, es waren drei. Die Schlange stürzte sich auf die mittlere, bekam aber nur leere Luft zwischen die Kiefer, dann krachte sie gegen eine der Hütten, und ihr Schädel zersprang. Ein paar Jhafi schrien.
Die echte Elena rannte inzwischen die Mauer hinauf und berührte sie dabei kaum mit den Füßen.
Anro hetzte die kopflose Steinschlange ein zweites Mal auf sie, aber das Miststück war zu schnell, und seine Kreatur zerbarst beim Aufprall gegen die Mauer in ein Feuerwerk aus Geröll. Anro versuchte, sie im Auge zu behalten, aber Elena wandte sich in drei Richtungen gleichzeitig. Verdammte Illusionen .
»Halt still, du safianische Hure!«, donnerte er und schwang seinen Hammer.
Haltet Euch von ihm fern , wies sie Lorenzo, Artaq und Luca an. Noch nicht schießen. Wir müssen es zu Ende bringen, bevor er auf die Idee kommt, Hilfe zu rufen. Sie wandte sich nach rechts, zog einen Schweif flimmernder Trugbilder hinter sich her, um ihn weiter zu verwirren, dann landete sie elegant wie eine Katze keine zehn Schritte vor ihm, wo er sie deutlich sehen konnte.
»Da bist du ja endlich«, polterte er, fast besinnungslos vor Erschöpfung. Er sprang vor und ließ seinen Hammer niederfahren, doch Elena war schon wieder außer Reichweite.
Sie breitete die Hände aus und ließ ihn die Kugel blauen Lichts darin sehen, bevor sie sie auf seine Schilde abfeuerte. Feuer , befahl sie ihren Männern, und Armbrustsehnen schwirrten.
Wäre Anro noch frisch gewesen, hätte es nicht funktioniert. Er war ein Halbbluterdmagus und beängstigend stark. Aber wie eine lästige Fliege hatte Elena seinen Geist den ganzen Tag lang bearbeitet, hatte ihn verunsichert und angestachelt, ihn bis zur Erschöpfung getrieben. Beim Einschlag zog die blaue Gnosiskugel alle Energie seiner Schilde auf sich, sodass die Pfeile ohne Widerstand ihr Ziel fanden. Einer durchbohrte den Bizeps und nagelte Anros Arm am Brustkorb fest. Der zweite traf ihn am Hals und durchtrennte das Genick, der dritte ging in den Bauch. Er stürzte vornüber von der Mauerkrone, zuckte noch ein paarmal, dann blieb er reglos liegen.
Die drei Männer kamen an den Rand der Mauer und spähten vorsichtig nach unten.
Elena schwebte zu Anros Leiche hinab, stets auf der Hut, ob sich irgendwo etwas regte oder Gnosisenergie aufflackerte, dann kletterten die anderen hinterher.
Anros Augen öffneten sich, und die drei Männer hielten den Atem an. Blut kam in Blasen aus seinem Mund, dann ein ganzer Schwall.
Elena … Ich hätte … dich spüren müssen.
Es tut mir leid, Anro . Sie spürte seine Schmerzen wie am eigenen Leib.
Warum hast du … das getan? War dein Anteil … zu klein?
Es hatte nichts mit Geld zu tun, Anro, sondern mit Liebe, mit richtig und falsch.
Seine Augen flackerten ungläubig, dann packte ihn ein neuerlicher Krampf und tötete ihn beinahe.
Elena hob die Hand. Gnosisfeuer züngelte darin.
Tu es, Elena. Töte mich.
Das kann ich nicht, Anro. Noch nicht . Sie hob ihr Schwert und schlug seinen Kopf ab. Dann versiegelte sie die sprudelnde Wunde mit Heilgnosis, um seine Seele im Schädel gefangen zu halten. Es kostete sie alle Kraft, Anros mentale Entsetzensschreie auszublenden.
Fassungslos starrten ihre drei Gefolgsmänner die offenen Augen an und den Mund, der sich immer noch bewegte. »Was tut Ihr da?«, fragte Lorenzo kreidebleich.
»Werdet Ihr noch sehen.« Sie nahm die grausige Trophäe, steckte sie in einen Wasserschlauch, den sie eigens zu diesem Zweck mitgebracht hatte, und warf ihn sich über die Schulter. Lorenzo blickte sie entsetzt an, und Elena sah, wie sich sein Bild von ihr von Grund auf wandelte. Es fühlte sich an wie ein Verlust.
Neugierige Gesichter spähten aus den Hütten, und hinter einer kam ein Jhafi-Krieger hervorgesprungen, einer von Harshals Kontaktmännern. Er grüßte sie wortlos mit seinem Krummsäbel, dann verschwand er wieder.
»Einer weniger. Bleiben noch vier.«
»Welcher kommt als Nächster, Magierin?«, fragte Artaq leise.
»Sordell. Bei ihm weiß ich wenigstens, wo er sich höchstwahrscheinlich aufhalten wird, genauso wie bei Anro Domla. Rutt ist ein hilfloses Opfer seines
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