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Die Brücke der Gezeiten 1: Ein Sturm zieht auf (German Edition)

Die Brücke der Gezeiten 1: Ein Sturm zieht auf (German Edition)

Titel: Die Brücke der Gezeiten 1: Ein Sturm zieht auf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Hair
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eigenen Verfolgungswahns. Es bleibt ihm gar nichts anderes übrig, als ständig in die Zukunft zu schauen.«
    »Das kann er?« Artaq sah beeindruckt aus, und Luca machte eine abergläubische Geste.
    »Viele Magi können das, aber es ist nicht leicht, und die Ergebnisse sind sehr unzuverlässig. Für mich ist es eher eine Methode, Erkundigungen einzuziehen und meinen Plänen den letzten Feinschliff zu geben. Ich habe selbst ein bisschen in die Zukunft gesehen, bevor wir aufgebrochen sind.«
    »Und? Wird unser Unternehmen gelingen?«, fragte Lorenzo.
    »Natürlich. Aber das liegt eher daran, dass ich mir so etwas wie Versagen nicht einmal vorstellen kann. Also gebt nicht allzu viel auf das, was ich glaube, in der Zukunft gesehen zu haben. Das ist genau der Fehler, den Sordell begeht. Er ist ein übernervöser Charakter, kann kaum einen Schritt tun, ohne sich an Gurvons Rocksaum zu klammern. Bestimmt stirbt er tausend Tode aus Angst, es könnte in Gurvons Abwesenheit was schiefgehen. Also wird er oben im Mondturm sitzen und alles daransetzen herauszufinden, was.«
    »Wird er uns kommen sehen?«, frage Luca. »Mithilfe seiner Magie?«
    »Vielleicht. Aber normalerweise können wir Magi uns gut voreinander verstecken und vor den Geistern, die der Feind aussendet, um uns im Auge zu behalten. Ein guter Magus kann sogar Spielchen mit seinem Gegner spielen und ihm falsche Informationen zukommen lassen.«
    »Seid Ihr ein guter Magus, Dona Ella?«
    Elena lächelte den klein gewachsenen Ringer an. »Gut genug für Sordell zumindest, aber ich schmücke mich nicht gerne damit. Er glaubt, ich hätte keine Chance gegen ihn.«
    Luca blickte sie bewundernd an, ganz anders als Männer Frauen normalerweise betrachteten – als versuche er, durch die äußere Hülle hindurchzusehen, um zu erkennen, welche Kräfte darunter schlummerten. »Habt Ihr überhaupt keine Schwächen, Dona?«
    »Ein guter Käse aus dem Knebbtal macht mich schwach.«
    Luca schüttelte grinsend den Kopf. »Und wie sieht es mit Männern aus, die kleiner sind als Ihr? Habt Ihr für die auch eine Schwäche?«
    Elena wedelte lachend mit der Hand. »Eigentlich nicht, aber wenn sich etwas daran ändern sollte, werde ich es Euch wissen lassen.«
    Das Sternenlicht reichte gerade aus, damit sie den Weg durch die verwinkelten Straßen fanden. Elena fragte sich, wo Gurvon war. Selbst mit dem schnellsten Windschiff konnte er noch nicht aus Rondelmar zurück sein.
    »Was ist mit uns, Frau Hexe?«, fragte Artaq. »Habt Ihr gesehen, dass wir diese Nacht überleben?«
    Elena verlor die Geduld. »Ohne jeden Kratzer«, log sie. »Weiter jetzt.«
    Tagsüber wimmelte es in den äußeren Straßen von Brochena nur so von Gorgio-Patrouillen, aber bei Anbruch der Dunkelheit zogen sie sich zurück in die Innenstadt, um die Straßen zu bewachen, in denen die Hofbeamten wohnten. Doch Elena war eine Meisterin der Täuschung, ihr kleiner Trupp daran gewohnt, sich lautlos fortzubewegen, und zur zweiten Stunde nach Einbruch der Dämmerung hatten sie ihr Ziel erreicht. Bis jetzt schien niemand Anro Domlas Ableben bemerkt zu haben.
    Der Palast von Brochena war ein Würfel mit vier hohen Türmen an den Ecken. Jeder davon erhob sich wie der Glockenturm einer Kathedrale in die Dämmerung. Im Solturm residierte die Königsfamilie. Elena und die Kinder hatten die unteren Stockwerke bewohnt. Bei Tag reflektierte das goldene Dach das Sonnenlicht wie ein Leuchtfeuer. Es war das Erste, was Reisende sahen, wenn sie über die weiten Ebenen zur Hauptstadt unterwegs waren. Die Dorobonen hatten die bombastischen Türme einst errichtet und noch viele andere Prachtbauten, die Javon beinahe in den Ruin gestürzt hatten. Von der Quarzkuppel des gespenstischen Mondturms ging ein schwaches Leuchten aus. In der Mitte der Kuppel befand sich eine Öffnung, um die Elemente einzulassen: Das war der Ort, an dem Rutt Sordell sich zu dieser Stunde aufhalten würde, um sich Sorgen über die Zukunft zu machen. Die Hauptleute der königlichen Garde waren im Engelsturm untergebracht, der Jadeturm beherbergte die Gästeunterkünfte – und, direkt unterm Dach, Elenas Bastido.
    Mit ihrer Erdgnosis ließ Elena Stufen aus den Wänden des Palasts wachsen, damit ihre Gefährten daran hinaufklettern konnten. Als sie am Eingang des Engelsturms angelangt war, blitzte ihr Messer kurz auf, dann fiel der Wachsoldat zu Boden. Seinen Todesschrei erstickte sie mit Luftgnosis. Er konnte kaum älter als siebzehn gewesen sein. Trotzdem war Elena

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