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Die Brücke der Gezeiten 1: Ein Sturm zieht auf (German Edition)

Die Brücke der Gezeiten 1: Ein Sturm zieht auf (German Edition)

Titel: Die Brücke der Gezeiten 1: Ein Sturm zieht auf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Hair
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auf und begann, das Amulett auf sich abzustimmen. Es war aufregend, gegen das Gesetz zu verstoßen. Als Cym ihn ein paar Tage später besuchte, drückte sie seine Hand und versprach, bald wiederzukommen. Endlich konnte Alaron wieder träumen.
    Sägen. Hobeln. Glätten. Einreiben. Schleifen . Alaron trug alle Kleidung am Leib, die er besaß, seine Hände steckten in warmen Wollfäustlingen, sein Atem stieg in weißen Wölkchen in die Luft. Neujahr war beinahe unbemerkt an den Mersers vorbeigezogen. Der Fluss war komplett zugefroren, und dicke Wolken bescherten Nacht für Nacht neuen Schnee. Die Faust des Winters war hart und eisig, aber es war das Jahr 928, das Jahr der Mondflut, und das machte jeden einzelnen Tag zu etwas Besonderem.
    Alaron fühlte sich eher, als wäre es Frühling. Beim ersten Sonnenstrahl machte er im mit glitzerndem Frost überzogenen Garten seine Waffenübungen. Er trug sein Amulett, sorgsam versteckt unterm Hemd, und eine ganz neue Energie erfüllte seine Bewegungen. Am deutlichsten zu spüren war diese Energie, wenn das Landstreichermädchen aus Rimoni ihn besuchte, aber das ging niemanden etwas an, weshalb die Köchin und die Stallburschen so taten, als bemerkten sie nichts.
    Alaron hatte ein neues Ziel. Es macht ihm nichts mehr aus, dass er keine Affinität zu Holz hatte und mit Luft gerade mal so umgehen konnte. Er würde trotzdem ein Windschiff bauen. In Anbetracht der Umstände war es nicht gerade die klügste Entscheidung, aber er hatte sich nun mal dieses Ziel gesetzt. Jeden Morgen machte er seine Übungen, um warm zu werden, dann holte er die Werkzeuge seines Vaters hervor und machte sich an die Arbeit, während Vann unterwegs war, um Vieh zu kaufen. Sein Vater war fest entschlossen, nach Pontus zu reisen und zusammen mit tausend anderen Händlern in der Hoffnung auf gute Geschäfte die Leviathanbrücke zu überschreiten. Trotz des Kriegszugs würde der Handel nie ganz zum Erliegen kommen. Es gab viel Geld zu verdienen.
    Seine Mutter war jetzt in einer kleinen Wohnung am Ostende der Stadt untergebracht, zusammen mit ihren Büchern und einer neuen Köchin. Das alte Landhaus der Anborns stand zum Verkauf, nur Gredken würde dortbleiben, in den Diensten der neuen Eigentümer. Alaron hatte seine Mutter bereits in ihrem neuen Heim besucht. Es war schlimm gewesen. Es schien, als sei sie geistig nicht mehr in der Lage zu begreifen, warum sie das Familienhaus hatte verlassen müssen. Aber sie erinnerte sich daran, wie Alaron Besko die Nase eingeschlagen hatte, und lachte jedes Mal herzhaft, wenn er zu Besuch kam, bis Alaron schließlich das Gefühl hatte, dass er damals vielleicht doch das Richtige getan hatte.
    Er schlug gerade einen Nagel ein, als er eine altbekannte Stimme hörte, die er gehofft hatte, nie wieder ertragen zu müssen.
    »Merser«, sagte sie gedehnt. »Was treibst du denn da?«
    Alaron legt den Hammer weg, bevor er noch auf die Idee kam, ihn als Waffe zu benutzen – am besten noch durch sein illegales Amulett gnostisch verstärkt –, dann wandte er sich dem Besucher zu. »Koll.«
    Gron Koll hatte sich in den letzten Monaten kaum verändert. Sein Gesicht sah immer noch aus wie eine Pickelfarm, das Haar war immer noch genauso fettig. Nur die Kleidung war noch protziger. Er strich sich über den modischen Zobelmantel und schlenderte mit leicht gerümpfter Nase über den verschneiten Innenhof. »Ein ganz schöner Rückschritt, was? Vor ein paar Wochen noch vom Kriegszug geträumt und sich jetzt nicht mehr aus dem Haus trauen und stattdessen Nägel in Balken hauen! Ist aber wahrscheinlich besser so. Ich kenne viele, die zu gern ausprobieren würden, wie sich ein Zurückgewiesener im Kampf hält. Ziemlich schlecht, würde ich sagen.« Er spuckte aus. »Und, was machst du so den ganzen Tag, Merser?«
    »Was eben so zu tun ist«, erwiderte Alaron und kämpfte gegen die in ihm aufsteigende Wut an.
    »Kein einziges Mal in Versuchung gekommen, Merser? Du weißt schon.« Er wackelte mit dem Zeigefinger. »Muss schlimm sein, nach sieben Jahren Ausbildung für den Rest des Lebens ausgeschlossen zu sein …« Er ging im Kreis um Alaron herum und schaute neugierig in alle Ecken. »Dein ganzes Leben ist reine Verschwendung, Merser. Lass dich einfach in dein eigenes Schwert fallen, damit du anständigen Leuten nicht länger die Luft wegschnaufst.«
    Alaron ballte die Fäuste, rührte sich aber nicht.
    »Ich dachte mir, ich schau mal kurz vorbei, bevor ich zur Musterung gehe. Das ist es, was

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