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Die Brücke der Gezeiten 1: Ein Sturm zieht auf (German Edition)

Die Brücke der Gezeiten 1: Ein Sturm zieht auf (German Edition)

Titel: Die Brücke der Gezeiten 1: Ein Sturm zieht auf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Hair
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betrachtete sie kurz, dann schlug er ein. »Aber ich werde mit Eurem Klienten sprechen müssen, bevor ich zusage. Ich brauche seine Versicherung, dass es meiner Tochter an nichts fehlen wird. Ich brauche glaubwürdige Garantien für seine Zahlungsfähigkeit und dafür, dass er verlässlich ist. Ich muss seinen Namen wissen.«
    »Selbstverständlich.« Graav blickte zur klapprigen Verandatür hinüber, die in diesem Moment aufschwang. Eine groß gewachsene Gestalt trat aus dem Hawli. In einem Rubin auf seiner Stirn spiegelte sich das Sonnenlicht. Ispal hielt den Atem an. Das kann doch nicht …
    Der Neuankömmling war dürr wie ein Getreidesetzling, aber groß. Fast vier Ellen. Diese Ferang, sie sind alle Riesen . Er war sehr blass, sein Bart von einem schmutzigen Aschgrau und das dünne Haar zerzaust, aber sein Gewand war vom Feinsten: tiefblauer, mit Gold durchwobener Seidenbrokat. Das Auffälligste jedoch war der Rubin auf seiner Stirn. So groß wie ein Daumennagel, an Ort und Stelle gehalten von einem filigranen Goldreif – einem Schmuckstück von unschätzbarem Wert, das pulsierte wie ein schlagendes Herz. Ein Amulett also, was bedeutete, dass der Mann ein Magus war.
    Ispal verneigte sich tief, sehr tief. Er bekam es mit der Angst zu tun.
    Die Stimme des alten Mannes war heiser und brüchig, und doch ließ ihr Klang keinen Zweifel an seiner absoluten Autorität. Er war vom Alter gezeichnet, wirkte aber, als ob man ihn besser nicht unterschätzte. Die dunkel umrandeten Augen sahen aus, als blickten sie einen aus längst vergangenen Zeiten an, wie die Augen eines Gottes vielleicht, der auch noch den letzten seiner Anbeter überlebt hatte. »Ispal Ankesharan«, flüsterte er. »Ich bin der Mann, der Eure Tochter zu heiraten wünscht. Mein Name ist Antonin Meiros.«
    Ispals Zunge verweigerte ihm den Gehorsam. Er konnte sich nicht bewegen vor Angst, nicht einmal sprechen, wie vor all den Jahren in Hebusal. Sein Herz schlug so heftig, dass er glaubte, sein Brustkorb würde bersten. Er glaubte, er würde jeden Moment vor Furcht sterben. Ich, ich sollte auf die Knie fallen. Oder meinen Dolch ziehen und ihn ihm ins Herz stoßen …
    Der alte Mann streckte die Hand aus und berührte seinen Ärmel. »Fürchtet mich nicht«, sagte er sanft. »Ich will Euch nichts Böses. Mein Angebot ist aufrichtig. Bitte, setzt Euch zu mir.«
    Ispal setzte sich wieder. Als Meiros sich zu ihm gesellte, zogen Lowen und Vikash sich diskret ein Stück zurück. Meiros sprach fließend Lakhisch, was keine Überraschung war, wenn man bedachte, wie lange er schon hier lebte. Bestimmt hatte er alles mit angehört. Er ist ein Magus, natürlich hat er uns gehört .
    »Aber wie … weshalb …«
    Meiros verstand. »Mein Sohn wurde getötet, das Licht meines Lebens, und ich bin ein alter Mann. Ein sehr, sehr alter Mann. Wir Magi bekommen nur selten Kinder, vielleicht als Strafe, weil wir Gottes Macht hier auf Urte an uns gerissen haben … Aber ich habe so viel weiterzugeben, bevor ich sterbe. Dinge, die ein Vater nur dem eigenen Kind anvertrauen kann, in dessen Adern dasselbe Blut fließt. Deshalb brauche ich eine Frau, eine fruchtbare Frau. Es ist nicht wichtig, ob sie eine Lakh ist, aus Rondelmar oder Rimoni oder das Kind eines Plünderers, solange sie nur fruchtbar ist.«
    Ispals Kopf drehte sich. Das kann alles unmöglich wirklich sein . Er kniff sich in den Arm, aber er wachte nicht auf. »Meine Frau und ihre Vorfahren haben stets Mehrlinge zur Welt gebracht, edler Herr«, sagte er mit belegter Stimme.
    Meiros nickte ernst. »Ich brauche Aufzeichnungen. Beweise, Belege, falls es sie gibt.«
    Vikash hob wie ein Schüler im Klassenzimmer den Finger. »Dazu kann ich vielleicht etwas beitragen. Es gibt solche Aufzeichnungen in den Archiven des Prinzen, ich kann sie Euch zeigen. Doch ich beschwöre auch so, dass Ispal die Wahrheit spricht.«
    Wieder nickte Meiros. »Ich spüre die Aufrichtigkeit in seinen Worten«, sagte er, und sein Amulett funkelte. Ispals Mund wurde trocken. Der alte Mann beugte sich vertraulich zu ihm herüber. »Beschreibt sie mir, Ispal Ankesharan, aber nicht wie ein Vater seine Tochter beschreibt. Schönheit und Anmut interessieren mich nicht. Ich muss ihren Charakter kennen. Beschreibt sie mir, als sei sie ein Händler, mit dem Ihr überlegt, ein Geschäft abzuschließen.«
    Ispal blinzelte. Frauen machen keine Geschäfte. Doch er wagte es nicht, das gegenüber dem Ferang auszusprechen, dessen Gebräuche nicht die seinen

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