Die Brücke der Gezeiten 1: Ein Sturm zieht auf (German Edition)
über dem Boden auf einem Kissen aus Luftgnosis den brennenden Korridor entlang, als ein weiterer Feuerstrahl die Dielen an der Stelle einäscherte, an der sie eben noch gestanden hatte. Unten hörte sie Paolo Castellini, wie er die Wachen zu sich rief.
»Paolo! Die Kinder!«, brüllte Elena durch den beißenden Rauch nach unten. Wie ein Falke raste sie drei Stockwerke hinauf, stürzte sich in die Vorhalle und blieb dort mitten in der Luft stehen. Samir war jetzt direkt unter ihr, ihm gegenüber Paolo Castellini und ein Wachsoldat, der vom Eingang herbeigerannt kam. Sie feuerte einen blauen Gnosisblitz auf den Magus ab und sah, wie er knisternd Samirs Schilde durchschlug.
Samir schrie auf, statt Paolo traf sein Feuerstrahl den ausgestopften Kopf eines Hirschs an der Wand.
Elena wirbelte herum und projizierte drei Spiegelbilder ihrer selbst, die Samir weiter mit blauen Gnosisblitzen beschossen.
Samir entschied sich für das falsche. Flammen und Rauch sprühten, und eins der Trugbilder verschwand. Der Feuermagus lachte nur hämisch und feuerte weiter.
Aus einem Korridor kam Lorenzo di Kestria angelaufen, nur mit einer Kniehose bekleidet, einen Faustschild in der linken Hand und ein Breitschwert in der rechten.
Er starrte Elena erschrocken an, die vor ihm in der Luft schwebte, doch sie ignorierte ihn und führte mit der Hand einen Streich wie mit einer unsichtbaren Sense, der die Seile durchtrennte, an denen der große Kronleuchter befestigt war. Wie eine Lawine raste das Ungeheuer aus Glas und Messing auf Samir zu. Samirs Augen weiteten sich, als der Kronleuchter über ihm mitten in der Luft zerbarst. Glas- und Metallsplitter schossen in alle Richtungen, aber nicht ein einziger durchschlug den Gnosisschild des Magus’.
Unfassbar, wie stark er ist!
»Lori, die Kinder!«, brüllte Elena noch einmal und schoss zum Wohnflügel.
Cera kam gerade in einem weißen Nachthemd aus ihrem Zimmer, ein ebenso bleicher Timori hielt sich an ihr fest. Ungläubig begafften sie das brennende Treppenhaus und den dicken Rauch, der sich überall ausbreitete.
»Wo ist Mama?«, fragte Cera mit panischem Blick.
Elena jagte auf sie zu, während Samir Paolo zur Seite schleuderte wie einen Spielzeugsoldaten und dann wieder nach oben schaute.
»Was ist denn los?«, fragte Timori verängstigt, trat an das hölzerne Geländer und spähte nach unten, wo das Echo vom Aufprall des Kronleuchters immer noch von den Wänden hallte.
»Timi!«, schrien alle gleichzeitig, aber Lorenzo reagierte am schnellsten. Mit hochgerissenem Faustschild stürzte er sich auf den verwirrten Kleinen, nur einen Wimpernschlag bevor ein Feuerstrahl sich über das Geländer ergoss.
Lorenzo heulte auf vor Schmerz, als die Flammen alles versengten, das nicht von dem Schild geschützt wurde: seine Schulter, das linke Bein und sein Gesicht. Aber Timori war verschont geblieben.
Cera packte ihn und zog ihn weg von dem zitternd am Boden liegenden Ritter.
Elena eilte zu ihnen, unten schwirrten Armbrustpfeile, dann ertönte das Geschrei der Wachen. Es waren Schmerzensschreie, unterbrochen nur von Samirs Gelächter.
Cera zog Timori ganz fest an sich, dann ließ sie all ihre Angst, all ihre Hoffnung in ein einziges Wort fließen: »Ella!«
Elena schob Cera zurück ins Kinderzimmer. »Rein, sofort!« Als sie zurück zum Geländer schaute, gefror ihr das Blut in den Adern: Samir lief senkrecht die Wand hinauf, als sei das ein Spaziergang. Sein Gesicht war eine Maske aus glühender Lava, der Bart eine lodernde Flamme. Sie zog Lorenzo auf die Beine. »Komm schon, Lori, wir brauchen dich!«, brüllte sie ihn an, während der Ritter noch um Atem rang.
Cera hatte das größte Zimmer, an der gegenüberliegenden Wand stand ein Bett, an den Ecken befanden sich zwei große Fenster. Elena sprengte die Scheiben in beiden Fenstern, dann riss sie einen Spiegel von der Wand und stellte ihn auf einen Stuhl. »Klettert durch das Fenster. Stellt euch aufs Sims!«, befahl sie, und als Cera, den zitternden Timori auf dem Arm, sich nicht rührte, brüllte sie: »Los! Tut, was ich sage!« Sie schubste das Mädchen in Richtung des Fensters. »Lorenzo, heb sie aufs Sims!«
Elena wirbelte herum und klatschte in die Hände. Gnosisbänder wickelten sich um die Türflügel, schlugen sie zu und verriegelten sie.
»Was bei Hel geht hier vor, Ella?«, schrie der Ritter.
»Es ist Samir, er hat es auf die Kinder abgesehen!« Nie im Leben hätte ich geglaubt … Sei verflucht, Gurvon. Sie riss einen
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