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Die Brücke

Die Brücke

Titel: Die Brücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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mir, vermutlich werde irgendein körperlicher
Prozeß in meinen Augen dafür sorgen, daß das nicht
passiere. Ein Jammer, mit einer Phantasie wie der meinen hätte
ich einen großartigen Hypochonder abgegeben.
    Jemand erzählte mir von einer Verschlammung – dieser
dunkle kleine Mann mit dem Stock. Sagte, das ganze Ding sinke. Man
habe soviel Wasser aus artesischen Brunnen entnommen und auch soviel
Öl und Gas, daß ganze Stücke des Dings einfach ins
Wasser versänken. Er regte sich richtig darüber auf.
Natürlich gibt es eine Lösung; man pumpt Seewasser herein.
Das ist teurer, als wenn man bloß absaugt, was man will, aber
nichts erhält man für nichts (obwohl es natürlich
Verdienstspannen gibt, die dem verdammt nahe kommen).
    Wir sind Fels, Teil der Maschine (was für einer Maschine? Dieser Maschine, sieh her, nimm sie auf, schüttele sie,
sieh, wie sich die hübschen Muster bilden, sieh es schneien oder
regnen oder stürmen oder die Sonne scheinen), und wir leben das
Leben von Felsgestein, zuerst vulkanisch als Kinder, metamorph in
unserer vollen Kraft, sedimentär im Alter (zurück zu der
Subduktionszone?). Die buchstäbliche Wahrheit ist jedoch noch
phantastischer, nämlich daß wir alle Sterne sind,
daß wir, alle unsere Systeme und dieses einzelne System, der
angesammelte Schlamm längstvergangener Explosionen sind,
sterbende Sterne von dieser ersten Geburt an, in der Stille
explodierend, so daß ihre Schrapnell-Gase sich drehen,
ausschwärmen, sich sammeln, sich formen.
    Wir sind also Schlamm, wir sind ausgefällt, wir sind
Überreste, Abschaum, aber das macht nichts. Du bist das, was
vorhergegangen ist, nur eine weitere Ansammlung, ein Punkt auf einer
(langgezogenen) Linie, nichts als die Wellenfront.
    Rucke und rüttle. Eine Maschine innerhalb einer Maschine
innerhalb einer Maschine innerhalb einer Maschine innerhalb
einer… – du willst mich hier anhalten?
    Rucke, rüttle. Träume von etwas längst Vergangenem,
etwas irgendwo im Gehirn Verborgenen, das schließlich an die
Oberfläche hochsteigt (noch ein Schrapnell, weitere
Splitter).
    Rucke rüttle rucke rüttle. Halb wach halb wach.
    Cities und Königreiche und Brücken und Türme, ich
bin sicher, daß ich zu ihnen allen unterwegs bin.
Schließlich kann man nicht lange fahren ohne irgendwohin zu kommen.
    Wo, zum Teufel, war diese dunkle Brücke? Ich halte immer noch
Ausschau.
    In der Stille des dahineilenden Zuges sehe ich die Brücke
vorüberziehen. Bei schneller Fahrt kann die
Sekundär-Architektur zuweilen beinahe verschwinden.
    Alles, was sichtbar bleibt, ist die Brücke selbst, das
ursprüngliche Bauwerk, ein im eigenen Licht oder im Sonnenschein
aufleuchtendes rotes Zickzack. Dahinter schimmert der blaue Firth
unter einem neuen Tag.
    Die schrägen Träger ziehen vorüber wie auf ewig
hackende Klingen, versperren die Aussicht, teilen sie in Abschnitte,
in Portionen. Im neuen Licht und im Dunst des Tages ist mir, als
sähe ich eine zweite Brücke flußaufwärts, ein
graues Echo, einen Schattengeist der einen Brücke, aus dem Nebel
über dem Fluß herausragend, gleichzeitig gerader und
weniger gerade. Geist. Geisterbrücke, ein Ort, den ich einmal
gekannt habe, aber nicht mehr kenne. Ein Ort, um…
    Auf der anderen Seite, flußabwärts, kann ich durch die
parzellierenden dunklen Linien des Bauwerks die Sperrballons sehen.
Sie hängen schwärzlich im Sonnenlicht wie dicke
Unterseeboote, tot und von irgendeinem Verwesungsgas
aufgetrieben.
    Dann kommen die Flugzeuge, auf einer Höhe mit mir, fliegen
neben mir her. Sie haben die gleiche Richtung wie der Zug,
überholen ihn langsam. Sie sind von dunklen Wolken umgeben,
dunklen Rauchwölkchen, die am Himmel rings um sie explodieren.
Die Signale, die sie ausstoßen, vermischen sich mit den
schwarzen Flecken der reaktivierten Flugzeugabwehr der Brücke,
so daß die bereits sinnlose Botschaft, die sie hinter sich
herziehen, noch mehr gestört wird.
    Unverwundbar, gleichmütig fliegen die silbernen Maschinen
durch den wütenden Hagel explodierender Geschosse. Ihre
Formation ist so perfekt, ihre Himmelsschrift so ordentlich und
präzise wie immer. Die Sonne schimmert auf ihren schlankrunden
Körpern. Alle drei sehen vom Propeller bis zum Schwanz
völlig unbeschädigt aus; nicht einmal ein Ruß- oder
Ölfleck verunziert ihre Linien mit den versenkten Nieten.
    Dann, als sie beinahe schon so weit weg sind, daß ich sie
durch die Bauteile nicht mehr sehen kann, als ich zu dem Schluß
gekommen bin, daß sie

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