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Die Brücke

Die Brücke

Titel: Die Brücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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nicht?« Er
könne doch ebensogut wie jeder andere Geld für sich selbst
verdienen, unter der Labour-Regierung Steuern bezahlen und einen ganz
ausgekochten Buchhalter einstellen, falls die Tories an die Macht
kämen. Stewart hatte jedoch seine eigenen, ernsteren Probleme.
Seit Jahren war er nicht mehr ganz gesund, und schließlich war
bei ihm Diabetes festgestellt worden. Er trank Flaschen mit Pils,
wenn sie zusammenkamen, und blickte sehnsüchtig auf die
Starkbier-Gläser anderer Leute.
    Er war sich immer noch nicht sicher, ob er sich mit den beiden
zusammentun sollte. Er schrieb Andrea, die ihm zuriet. Sie werde bald
zurückkommen, habe ihre Studien beendet, meistere das Russische
zu ihrer Zufriedenheit. Er dachte: Ich werde glauben, daß sie
zurückgekommen ist, wenn ich sie sehe.
    Er hatte mit dem Golfspielen begonnen – Stewart hatte ihn
dazu überredet. Zum Ausgleich trat er nach Jahren des Schwankens
Amnesty International bei und schickte dem African National Congress
einen Scheck über eine hohe Summe, nachdem seine Firma einen
Vertrag für Südafrika erfüllt hatte. Er verkaufte den
Porsche und kaufte sich einen neuen Saab Turbo. Eines schönen
Samstags im Juni fuhr er nach Gullane hinaus, um sich mit dem
Rechtsanwalt zu einem Spiel in Muirfield zu treffen. Er hörte
sich ein Band an, das nur aus Because the Night und Shot by
Both Sides bestand, ein ums andere Mal wiederholt, als er sah,
wie der zerdrückte blaue Bristol 409 des Rechtsanwalts auf einen
Abschleppwagen gezogen wurde. Er fuhr noch ein Stückchen weiter
in Richtung Gullane, wenn auch langsamer, und sagte sich, das Auto
mit dem eingedrückten Kühler und der zerschmetterten
Windschutzscheibe sei nicht das von Mr. Cramond. Dann wendete er auf
einer Nebenstraße und kehrte an die Stelle zurück, wo zwei
sehr jung aussehende Polizisten die Fahrbahn, den beschädigten
Grasstreifen und eine zerschmetterte Steinmauer vermaßen.
    Mr. Cramond war am Steuer gestorben, an einem Herzanfall. Er fand,
das sei keine besonders schreckliche Art, aus dem Leben zu scheiden,
vorausgesetzt, daß man dabei niemand anders umbrachte.
    Ich darf niemals zu Andrea sagen, dachte er, daß wir so
nicht weitermachen können. Er fühlte sich ein bißchen
schuldig, daß er sich für Mr. Cramonds Beerdigung einen
schwarzen Anzug kaufte, während er für die seiner eigenen
Mutter nichts weiter als eine Armbinde gehabt hatte.
    Mit einem Kribbeln im Magen fuhr er zu dem Krematorium hinaus. Er
hatte einen Kater, nachdem er in der vergangenen Nacht allein den
größten Teil einer Flasche Whisky konsumiert hatte.
Bestimmt bekam er einen Schnupfen. Er fuhr durch ein graues,
eindrucksvolles Tor und war sich aus irgendeinem Grund sicher,
daß sie nicht da sein werde. Er fühlte sich
körperlich krank und hätte am liebsten kehrtgemacht, um
irgendwohin zu fahren. Sich bemühend, seine Atmung und seinen
Herzschlag und seine schwitzenden Handflächen zu kontrollieren,
lenkte er den Saab auf das große, untadelige Grundstück
und zu einer Gruppe von geparkten Wagen vor den niedrigen
Gebäuden des Krematoriums.
    Bei der Beerdigung seiner Mutter hatte er nicht so empfunden, und
so nahe hatte ihm der Rechtsanwalt doch gar nicht gestanden.
Vielleicht hielt man ihn für immer noch betrunken; er hatte
geduscht und sich die Zähne geputzt, aber wahrscheinlich drang
ihm der Whisky-Geruch aus den Poren. Ungeachtet seines neuen Anzugs
fühlte er sich ziemlich schmutzig. Hätte er einen Kranz
kaufen sollen? Er hatte nicht daran gedacht.
    Er sah sich die Wagen an. Natürlich würde sie nicht da
sein. Auf eine verdrehte Art war das nur logisch: Hier erwartet,
würde sie nicht fähig sein, sich zu zeigen – an seiner
Mutter Grab für immer aufgegeben, war sie plötzlich
erschienen. Das alles ist Teil von dem prächtigen Muster des
Lebens, dachte er und zog seine schwarze Krawatte gerade, bevor er
sich den geöffneten Türen näherte. Vergiß nicht,
Sohn, dachte er, dies ist Fledermaus-Land.
Spießbürger-Land.
    Natürlich war sie da. Sie sah älter, aber schöner
aus. Unter ihren Augen waren Fältchen, die er nie zuvor bemerkt
hatte. Man hätte meinen können, sie sei dazu erzogen
worden, auf immer in irgendeinen Wüstensturm zu spähen. Sie
nahm seine Hand, küßte ihn, hielt ihn eine Sekunde lang
fest und ließ ihn dann los. Er wollte sagen, sie sehe
schön aus, sie sehe schön in Schwarz aus, aber während
er sich einen Tölpel schimpfte, murmelte sein Mund ein paar
ebenso geistlose, aber

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