Die Brücken Der Freiheit: Roman
gehässig. »Sie sind ein Unruhestifter, und alle sind gewarnt.«
Mack war sofort klar, daß er vor einem ernsten Problem stand, und ihm wurde kalt ums Herz. Er hatte gewußt, daß Lennox und die anderen Unternehmer früher oder später gegen ihn vorgehen würden, aber er hatte nicht damit gerechnet, daß sie bei den Schiffseignern Unterstützung fanden.
Es war ein bißchen verwirrend. Das alte System war nicht sonderlich günstig für die Eigner. Allerdings arbeiteten sie schon seit Jahren mit den Unternehmern zusammen, und so stellten sie sich vielleicht aus reiner Gewohnheit auf deren Seite, obwohl es nicht gerecht war.
Es hatte keinen Sinn, jetzt den Zornigen zu spielen. »Ich bedauere Ihre Entscheidung«, sagte Mack in ruhigem Ton zu Tallow. »Sie ist schlecht für die Männer und schlecht für die Eigner. Ich hoffe, Sie werden es sich noch einmal überlegen, und wünsche Ihnen einen guten Tag.«
Tallow verzichtete auf eine Antwort, und Mack ließ sich ans Ufer zurückrudern. Niedergeschlagen stützte er seinen Kopf in die Hände und starrte ins schmutzigbraune Wasser der Themse. Wie konnte ich mir nur einbilden, eine so reiche und rücksichtslose Bande wie diese Unternehmer besiegen zu können? dachte er. Sie haben Verbindungen, man hilft ihnen…
Und wer bin ich dagegen? Mack McAsh aus Heugh…
Ich hätte es voraussehen müssen.
Er sprang ans Ufer und begab sich in St. Luke's Coffee House, sein inoffizielles Hauptquartier. Mittlerweile gab es schon mindestens fünf Trupps, die nach dem neuen System arbeiteten. Am nächsten Samstagabend, wenn die verbliebenen alten Trupps von den raubgierigen Wirten ihre dezimierten Löhne ausgezahlt bekamen, würden auch die meisten anderen überwechseln. Doch die Weigerung der Schiffseigner, die freien Trupps anzuheuern, machte nun alle Hoffnungen zunichte.
Das Kaffeehaus stand neben der Lukaskirche, und man konnte dort nicht nur Kaffee, sondern auch Bier und Schnaps und sogar etwas zu essen bekommen. Doch während in den einfachen Schenken die Gäste meist standen, gab es in den Kaffeehäusern Sitzplätze für jedermann.
Cora saß an einem Tisch und aß ein Butterbrot. Es war ihr Frühstück, obwohl es schon Nachmittag war; sie blieb oft die halbe Nacht lang auf. Mack bestellte einen Teller gehacktes Hammelfleisch und einen Krug Bier und setzte sich zu ihr.
»Was ist los mit dir?« fragte sie ohne Umschweife.
Er erzählte es ihr, und während er sprach, beobachtete er ihr unschuldiges Gesicht. Cora trug dasselbe orangefarbene Kleid wie damals, als sie sich kennengelernt hatten, und duftete wieder nach dem aromatischen Parfüm. Sie sieht aus wie die Jungfrau Maria und umgibt sich mit einem wahren Haremsduft, dachte Mack. Kein Wunder, daß Betrunkene mit vielen Goldstücken in der Börse nur zu gern bereit sind, ihr in dunkle Gassen zu folgen.
Von den letzten sechs Nächten hatte er drei mit ihr verbracht. Sie wollte ihm einen neuen Mantel besorgen, und er wollte, daß sie das Leben, das sie führte, änderte. Sie war seine erste richtige Geliebte.
Er war gerade mit seiner Geschichte fertig, als Dermot und Charlie auftauchten. Mack hatte sich noch der schwachen Hoffnung hingegeben, daß es ihnen vielleicht besser ergangen wäre als ihm, doch ihre Mienen belehrten ihn eines anderen. Charlies schwarzes Gesicht bot ein Bild schierer Verzweiflung. Dermot sagte in seinem schweren irischen Tonfall: »Die Schiffseigner haben sich gegen uns verschworen. Kein einziger Kapitän draußen auf dem Fluß wird uns noch Arbeit geben.«
»Verfluchtes Pack!« sagte Mack. Die Verschwörung funktionierte - und er, Mack, saß in der Tinte.
Aufrichtige Empörung überkam ihn. Ich will doch nichts anderes als hart arbeiten und genug Geld verdienen, um meine Schwester freizukaufen! dachte er. Aber unentwegt werfen mir Leute, die in Geld schwimmen, Knüppel zwischen die Beine.
»Wir sind am Ende, Mack«, sagte Dermot.
Daß sein Freund bereit war, die Flinte ins Korn zu werfen, ärgerte Mack mehr als die Verschwörung. »Am Ende?« wiederholte er voller Verachtung. »Bist du ein Mann, Dermot oder eine Memme?«
»Was können wir denn noch tun?« fragte Dermot. »Wenn die Eigner unsere Trupps nicht anheuern, werden die Männer zum alten System zurückkehren. Sie müssen ja von irgendwas leben.«
Ohne lange nachzudenken, sagte Mack: »Wir könnten einen Streik organisieren.«
Die anderen Männer schwiegen.
Cora sagte: »Einen Streik?«
Mack hatte den Gedanken ausgesprochen, kaum daß
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