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Die Brücken Der Freiheit: Roman

Die Brücken Der Freiheit: Roman

Titel: Die Brücken Der Freiheit: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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genug von Ihren Unverschämtheiten. Man sollte Sie auspeitschen!«
    »Wird man wahrscheinlich auch tun«, gab er zurück, doch er glaubte nicht daran: Seitdem er auf der Welt war, hatte man im Dorf keinen Bergarbeiter mehr ausgepeitscht. Sein Vater konnte sich allerdings noch an solche Fälle erinnern.
    Ihre Brust hob und senkte sich. Es kostete ihn einige Mühe, nicht auf ihren Busen zu starren. »Sie haben eine Antwort auf  alles«, sagte Lizzie. »Aber das war ja schon immer so.«
    »Aye, nur haben Sie noch nie darauf gehört.«
    Er spürte einen schmerzhaften Ellbogenstoß in seiner Seite. Es war Esther, die ihm auf diese Weise zu verstehen gab, daß er aufpassen mußte. Klüger sein zu wollen als die Gentry, der Landadel, hatte sich noch nie ausgezahlt. »Wir werden über das, was Sie uns gesagt haben, nachdenken, Miss Hallim, und danken Ihnen sehr für Ihren guten Rat«, sagte sie.
    Lizzie nickte herablassend. »Sie sind doch Esther, nicht wahr?«
    »Aye, Miss.«
    Lizzie wandte sich an Mack. »Sie sollten mehr auf Ihre Schwester hören. Esther hat ein besseres Gespür als Sie.«
    »Das ist der erste richtige Satz, den Sie heute zu mir gesagt haben.«
    »He, Mack, halt den Rand!« zischte Esther.
    Lizzie grinste, und plötzlich war ihre Arroganz wie fortgeblasen. Ein Lächeln hellte ihre Miene auf, und sie war wie verwandelt, eine nette, fröhliche junge Frau. »Diesen Ausdruck habe ich schon lange nicht mehr gehört«, sagte sie und lachte und Mack mußte unwillkürlich mitlachen.
    Noch immer kichernd, wandte sie sich zum Gehen.
    Mack sah ihr nach. Im Kirchenportal erschienen in diesem Augenblick die Jamissons, und Lizzie gesellte sich zu ihnen.
    »Mein Gott«, sagte er. »Was für eine Frau!«

Kapitel 4
    DIE AUSEINANDERSETZUNG IN DER KIRCHE empörte Jay. Leute, die sich über ihren Stand erhoben, regten ihn maßlos auf. Daß Malachi McAsh zeitlebens unter Tage Kohle hauen mußte und er, Jay Jamisson, eine höhere Existenz führen durfte, war Gottes Wille und entsprach dem Gesetz des Landes. Jedes Aufbegehren gegen die natürliche Ordnung der Dinge war lästerlich und von Übel. Hinzu kam, daß der Ton, den dieser McAsh am Leibe hatte, ihn zur Weißglut bringen konnte; es klang fast so, als hielte er sich für einen Gleichen unter Gleichen, ganz egal, wie hochgeboren die Leute waren, zu denen er sprach.
    In den Kolonien war das anders. Sklave war dort Sklave. Von Arbeitslöhnen war nicht die Rede, und auf einen solchen Unsinn wie »nach einem Jahr und einem Tag Arbeit« kam dort keiner. So sollte es überall sein, dachte Jay. Ohne Zwang arbeiten die Menschen nicht, und der Zwang darf ruhig gnadenlos sein Hauptsache, er erfüllt seinen Zweck.
    Draußen vor der Kirche gratulierten ihm nur ein paar Pächter zu seinem einundzwanzigsten Geburtstag. Die Bergarbeiter hatten sich am Rand des Friedhofs zusammengerottet und waren in ein heftiges, raunendes Streitgespräch verwickelt. Jay ärgerte sich furchtbar darüber, daß sie ihm mit ihrem Auftritt seinen Ehrentag verdarben.
    Eilig ging er durch das Schneetreiben zu den Pferden, die ein Stallknecht für sie bereithielt. Robert war bereits dort, doch Lizzie fehlte noch. Jay drehte sich um und hielt nach ihr Ausschau. Er freute sich auf den gemeinsamen Heimritt. »Wo ist Miss Elizabeth?« fragte er den Stallknecht.
    »Dort drüben, beim Portal, Mr. Jay.«
    Jetzt entdeckte Jay sie. Sie unterhielt sich angeregt mit dem Pastor.
    Robert wandte sich zu seinem Bruder und tippte ihm mit dem Zeigefinger auf die Brust. Er war sichtlich aggressiv. »Hör mir mal gut zu, Jay«, sagte er. »Laß die Pfoten von Elizabeth Hallim, verstanden?«
    Seine Miene zeigte, daß er es ernst meinte. Wenn er in dieser Laune war, reizte man ihn besser nicht, das konnte gefährlich werden.
    Doch aus seiner Wut und Enttäuschung erwuchs Jay ungewohnter Mut.
    »Wovon redest du eigentlich, zum Teufel?« fragte er.
    »Du wirst sie nicht heiraten, Jay. Sie gehört mir.«
    »Ich will sie doch gar nicht haben.«
    »Dann poussier nicht mit ihr herum.«
    Jay wußte, daß Lizzie ihn anziehend fand, und die harmlose Neckerei mit ihr hatte ihm Spaß gemacht, aber er hatte nie daran gedacht, ihr Herz zu erobern. Als er vierzehn und sie dreizehn gewesen war, hielt er sie für das hübscheste Mädchen der Welt, und es hatte ihm schier das Herz gebrochen, daß sie sich nicht für ihn interessierte (sie wollte allerdings auch von den anderen Jungen nichts wissen). Doch das war lange her. Vater hatte die

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