Die Brücken Der Freiheit: Roman
Mack wissen.
Es war ein kritischer Augenblick, und es zeigte sich, daß Pastor York ihm nicht gewachsen war. »Sie gehen jetzt am besten, McAsh«, sagte er.
Mack wußte, daß es töricht war, aber er konnte sich eine Erwiderung nicht verkneifen. »Ich danke Ihnen für Ihre Predigt über die Wahrheit, Pastor«, sagte er. »Ich werde sie niemals vergessen.«
Er wandte sich zum Gehen. Auch Esther stand auf, um ihn zu begleiten. Durch den Mittelgang schritten sie auf den Ausgang zu. Da erhob sich hinter ihnen ein dritter. Es war Jimmy Lee. Ein oder zwei andere standen zögernd auf, dann auch Mrs. Lee. Und plötzlich erhoben sich alle. Stiefel scharrten, Kleider raschelten. Mack hatte den Ausgang noch nicht erreicht, da waren sämtliche Bergarbeiter schon auf den Beinen und trafen Anstalten, mitsamt ihren Angehörigen die Kirche zu verlassen. Als Mack erkannte, daß er nicht mehr allein war, fühlte er sich von der Gemeinschaft getragen und spürte, daß er einen großen Sieg errungen hatte. Tränen stiegen ihm in die Augen.
Draußen auf dem Friedhof sammelten sie sich um ihn. Der Wind hatte sich gelegt, dafür schneite es jetzt. Langsam und behäbig taumelten die großen Flocken durch die Luft und legten sich auf die Grabsteine.
»Den Brief hätte er nicht zerreißen dürfen«, sagte Jimmy empört. »Das war ein Fehler.«
Andere stimmten ihm zu. »Wir schreiben dem Rechtsanwalt noch einmal«, sagte ein Kumpel.
»Es wird diesmal nicht so leicht sein, den Brief aufzugeben«, entgegnete Mack. Er war nicht ganz bei der Sache, fühlte sich erschöpft und keuchte sogar ein wenig, als hätte er gerade die steilen Hänge des Tals erklommen. Andererseits erfüllte ihn große Freude.
»Gesetz ist Gesetz«, sagte ein Kumpel.
»Aye. Aber der Laird ist der Laird«, gab ein anderer zu bedenken.
Nachdem er sich einigermaßen beruhigt hatte, begann Mack sich zu fragen, was er mit seinem Auftritt tatsächlich erreicht hatte. Gewiß, er hatte für Unruhe gesorgt, aber dadurch allein änderte sich nichts. Die Jamissons hatten sich brüsk geweigert, das Gesetz anzuerkennen. Angenommen, sie stellten sich stur was konnten die Bergarbeiter dagegen schon unternehmen? Hatte es je einen Sinn gehabt, für die Gerechtigkeit zu kämpfen? War es nicht besser, dem Laird zu salutieren und insgeheim darauf zu spekulieren, eines Tages Harry Ratchett als Obersteiger nachfolgen zu können?
In diesem Moment schoß wie ein von der Leine gelassener Jagdhund eine kleine Gestalt im schwarzen Pelzmantel durch das Kirchenportal und lief geradewegs auf Mack zu. Es war Lizzie Hallim. Bereitwillig öffneten ihr die Kumpel eine Gasse.
Mack starrte das Mädchen an. Schon in Ruhe und Gelassenheit war dieses Mädchen eine Schönheit - doch jetzt, in höchster Empörung, war sie schlichtweg hinreißend. Ihre schwarzen Augen funkelten.
»Wer bilden Sie sich eigentlich ein, daß Sie sind?« fuhr sie ihn an.
»Ich bin Malachi McAsh…«
»Der Name ist mir bekannt«, erwiderte Lizzie. »Wie können Sie es wagen, in diesem Ton zu dem Laird und seinem Sohn zu sprechen?«
»Wie können die beiden es wagen, uns zu versklaven, obwohl das Gesetz es ihnen ausdrücklich verbietet?«
Unter den Arbeitern erhob sich zustimmendes Gemurmel.
Lizzie sah in die Runde. Schneeflocken hefteten sich auf ihren schwarzen Pelz. Eine Flocke landete auf ihrer Nase und wurde von ihr mit einer ungeduldigen Handbewegung fortgewischt. »Ihr könnt von Glück reden, daß ihr eine bezahlte Arbeit habt«, sagte sie. »Und ihr solltet Sir George dafür dankbar sein, daß er seine Bergwerke weiter ausbaut und euch und euren Familien ein Auskommen gibt.«
»Wenn wir schon so glückliche Menschen sind - wozu braucht man dann Gesetze, um uns hier im Dorf zu halten? Warum verbietet man uns dann, anderswo Arbeit zu suchen?«
»Weil ihr zu dumm seid, euer eigenes Glück zu erkennen!«
Mack merkte, daß er an der Auseinandersetzung Gefallen fand - und nicht nur deshalb, weil sie mit dem Anblick einer schönen Frau aus höheren Kreisen verbunden war. Sie war auch ein gewandterer Widerpart als Sir George oder Robert.
Er senkte die Stimme und fragte in forschendem Ton: »Sind Sie schon einmal in einer Kohlengrube gewesen, Miss Hallim?«
Ma Lee kicherte bei dieser Vorstellung.
»Machen Sie sich doch nicht lächerlich!« erwiderte Lizzie.
»Sollten Sie einmal die Gelegenheit dazu haben, dann garantiere ich Ihnen eines: Sie werden keinen von uns mehr für glücklich halten.«
»Ich habe jetzt
Weitere Kostenlose Bücher