Die Brücken Der Freiheit: Roman

Titel: Die Brücken Der Freiheit: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett

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hatten Sie denn da zu suchen?«
    Jay blickte überrascht auf, sagte jedoch nichts.
    »Beantworten Sie meine Frage«, insistierte der Geschworene.
    Jay sah den Richter an. Der war sichtlich verärgert über den Geschworenen und sagte mit unverkennbarem Widerwillen: »Sie müssen die Fragen des Gerichts beantworten, Hauptmann.«
    »Wir waren in Bereitschaft«, sagte Jay.
    »Wieso?« fragte der Geschworene.
    »Für den Fall, daß zur Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung im Osten der Stadt unsere Unterstützung erforderlich werden sollte.«
    »Ist der Tower Ihr übliches Quartier?« fragte der Geschworene.
    »Nein.«
    »Wo sind Sie normalerweise stationiert?«
    »Zur Zeit im Hyde Park.«
    »Auf der anderen Seite der Stadt?«
    »Jawohl.«
    »Wie viele Nächte waren Sie im Tower einquartiert?«
    »Nur diese eine.«
    »Und warum gerade diese?«
    »Ich nehme an, daß meine vorgesetzten Offiziere Ausschreitungen befürchteten.«
    »Sidney Lennox wird sie wohl vorgewarnt haben«, bemerkte der Geschworene und erntete damit Gelächter.
    Pym setzte die Befragung fort. Wahrheitsgemäß sagte Jay aus, daß beim Eintreffen seiner Abteilung die Straßenschlacht bereits in vollem Gang war. Er berichtete, wie Mack ihn angegriffen hatte und dann von einem anderen Soldaten niedergeschlagen worden war. Auch diese Aussage war korrekt.
    »Was halten Sie von den demonstrierenden Kohlelöschern?« fragte Mack.
    »Sie verstoßen gegen das Gesetz und sollen entsprechend bestraft werden.«
    »Sind Sie der Meinung, daß die Bevölkerung Ihnen in diesem Punkt mehr oder weniger zustimmt?«
    »Ja.«
    »Glauben Sie, daß Ausschreitungen dieser Art die Bevölkerung gegen die Kohlelöscher aufbringen werden?«
    »Ja, davon bin ich überzeugt.«
    »Also kann man davon ausgehen, daß die Behörden nach einem Aufruhr drastische Maßnahmen zur Beendigung des Streiks ergreifen werden?«
    »Ich hoffe es.«
    »Famos, ganz famos«, flüsterte Caspar Gordonson neben Mack. »Er ist Ihnen in die Falle gegangen!«
    »Und wenn der Streik vorüber ist, können die Kohleschiffe der Familie Jamisson wieder entladen werden, nicht wahr? Sie können dann wieder Ihre Kohle verkaufen?«
    Jetzt erst erkannte Jay, worauf Mack hinauswollte, aber es war zu spät. »Ja.«
    »Das Ende des Streiks bringt Ihnen eine Menge Geld ein?«
    »Ja.«
    »Sie verdienen also an den Ausschreitungen der Kohlelöscher?« »Die finanziellen Verluste meiner Familie könnten beendet werden.«
    »Haben Sie deshalb mit Sidney Lennox gemeinsam den Aufruhr provoziert?« Mack wandte sich ab.
    »Nein, das habe ich nicht!« erwiderte Jay, doch er sah nur noch Macks Hinterkopf.
    »Sie sollten Anwalt sein, Mack«, sagte Gordonson. »Wo haben Sie nur gelernt, so zu argumentieren?«
    »In Mrs. Wheighels Salon«, antwortete Mack.
    Gordonson konnte damit gar nichts anfangen.
    Pym hatte keine weiteren Zeugen. Der kritische Geschworene meldete sich zu Wort: »Hören wir nicht auch noch diesen Lennox?«
    »Die Krone hat keine weiteren Zeugen«, wiederholte Pym.
    »Ich hielte dies aber für sehr wichtig. Er ist offenbar eine Schlüsselfigur.«
    »Geschworene können keine Zeugen vorladen«, sagte der Richter.
    Der erste eigene Zeuge, den Mack aufrief, war ein irischer Kohlelöscher, der wegen seiner roten Haare »Red Michael« genannt wurde. Red berichtete, daß Mack seine Leute fast schon dazu überredet hatte, friedlich nach Hause zu gehen, als die Gegenseite zum Angriff übergegangen war.
    Als er fertig war, fragte ihn der Richter: »Was sind Sie von Beruf junger Mann?«
    »Ich arbeite als Kohlelöscher«, sagte Red.
    »Das Gericht wird dies bei der Beurteilung Ihrer Glaubwürdigkeit berücksichtigen.«
    Mack spürte, daß ihm die Felle davonschwammen. Der Richter ließ keine Gelegenheit ungenutzt, ihn bei den Geschworenen in schlechtes Licht zu setzen. Er rief seinen nächsten Zeugen auf, doch auch der war Kohlelöscher und erlitt dasselbe Schicksal. Dem dritten und letzten erging es nicht anders. Er hatte die drei ausgewählt, weil sie die Auseinandersetzung an Ort und Stelle miterlebt hatten und genau wußten, wie es gewesen war.
    Seine Zeugen waren ausgeschaltet. Jetzt konnte er sich nur noch auf sich selbst, seinen Charakter und seine Beredsamkeit verlassen.
    »Das Kohlelöschen ist harte, brutal harte Arbeit«, sagte er. »Nur starke junge Männer sind dafür geeignet. Aber die Arbeit wird gut bezahlt. Ich verdiente in meiner ersten Woche sechs Pfund. Ja, ich verdiente soviel, aber ich bekam