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Die Brücken Der Freiheit: Roman

Die Brücken Der Freiheit: Roman

Titel: Die Brücken Der Freiheit: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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werden sollte - doch was wäre, wenn der Richter beschloß, Jays Appell nicht zu berücksichtigen, oder ganz einfach einen Fehler machte?
    Lizzie saß hinten im Gerichtssaal. Mack gelang es, Blickkontakt mit ihr aufzunehmen. Sie war blaß und wirkte zutiefst erschüttert. Er hatte kein Wort mit ihr wechseln können. Sie versuchte, ihm aufmunternd zuzulächeln, aber es wurde nur eine angstverzerrte Grimasse daraus.
    Der Richter musterte die zwölf Gefangenen, die in einer Reihe vor ihm standen. Dann begann er zu sprechen.
    »Das Gesetz sagt, daß ihr dorthin zurückkehren sollt, woher ihr kamt, und von dort zum Richtplatz gebracht werden, wo ihr am Halse aufgehängt werden sollt, bis ihr tot, tot, tot seid, und der Herr sei eurer armen Seele gnädig.«
    Eine furchtbare Pause folgte. Cora ergriff Macks Arm, und er spürte, wie sich ihre Finger in sein Fleisch gruben, und wußte, daß sie von der gleichen Todesangst heimgesucht wurde wie er selbst. Die anderen Gefangenen hatten kaum Hoffnung auf Begnadigung. Bei der Verkündigung ihrer Todesurteile fingen einige von ihnen an, unflätig zu schimpfen, andere weinten, und einer betete laut.
    »Peg Knapp wird begnadigt und zur Deportation empfohlen«, verkündete der Richter. »Cora Higgins wird begnadigt und zur Deportation empfohlen. Malachi McAsh wird begnadigt und zur Deportation empfohlen. Der Rest wird gehängt.«
    Mack legte die Arme um Cora und Peg, und sie verharrten eine Weile in dieser Stellung. Sie würden weiterleben.
    Caspar Gordonson kam zu ihnen und schloß sich der Umarmung an. Dann nahm er Mack am Arm und sagte mit ernster Stimme: »Ich muß Ihnen eine traurige Mitteilung machen.«
    Die Angst kehrte zurück. Würde die Begnadigung aus irgendeinem Grund zurückgenommen werden?
    »In einem Bergwerk der Jamissons ist ein Stollen eingebrochen«, fuhr Gordonson fort. Macks Herzschlag stockte. Eine furchtbare Vorahnung bemächtigte sich seiner. »Dabei sind zwanzig Menschen ums Leben gekommen.«
    »Esther…?«
    »Es tut mir leid, Mack. Ja, Ihre Schwester war unter den Toten.«
    »Esther ist tot?« Es war kaum faßbar. Leben und Tod wurden an diesem Tag verteilt wie Spielkarten. Esther tot? Ist das überhaupt möglich, dachte Mack - ich ohne meinen Zwilling? Sie war immer bei ihm gewesen, seit seiner Geburt.
    »Ich hätte sie gleich mitnehmen sollen«, sagte er, und seine Augen füllten sich mit Tränen. »Warum habe ich sie bloß dortgelassen?«
    Peg starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an. Cora hielt  seine Hand.
    »Ein Leben gerettet, ein anderes verloren«, sagte sie.
    Mack barg sein Gesicht in den Händen und weinte.

Kapitel 1 3
    DER TAG DER ABREISE RÜCKTE RASCH NÄHER. Ohne Vorwarnung wurde eines Morgens allen zur Deportation verurteilten Häftlingen befohlen, ihre Sachen zu packen. Dann trieb man sie im Gefängnishof zusammen.
    Mack besaß nur wenige persönliche Habseligkeiten. Abgesehen von seiner Kleidung waren es lediglich sein Robinson Crusoe , der zerbrochene Halsring, den er aus Heugh mitgenommen hatte, und der Pelzumhang, Lizzies Geschenk.
    Im Hof wurden sie mit schweren Fußeisen paarweise aneinandergeschmiedet. Mack empfand die Fesseln als schwere Demütigung. Das kalte Eisen an seinen Knöcheln brachte seine Stimmung auf einen Tiefpunkt. Er hatte um seine Freiheit gekämpft und die Schlacht verloren. Einmal mehr war er angekettet wie ein Stück Vieh. Hoffentlich sinkt dieses Schiff und zieht mich mit in die Tiefe, dachte er.
    Es war nicht gestattet, einen Mann mit einer Frau zusammenzuketten. Macks unmittelbarer Nachbar war ein schmutziger alter Säufer namens Mad Barney. Cora machte dem Schmied schöne Augen und durfte daher mit Peg ein Paar bilden.
    »Caspar wird wahrscheinlich gar nicht wissen, daß wir heute schon fahren«, sagte Mack besorgt. »Kann sein, daß sie die Abreise geheimhalten.«
    Er musterte die lange Reihe der Sträflinge im Hof und schätzte ihre Zahl auf über hundert. Ungefähr ein Viertel von ihnen waren Frauen. Außerdem gehörten ein paar Kinder ab neun Jahren dazu. Und unter den Männern befand sich auch Sidney Lennox.
    Sein tiefer Fall hatte für große Befriedigung gesorgt. Daß er Peg angeschwärzt und ge gen sie ausgesagt hatte, kostete ihn den letzten Rest an Glaubwürdigkeit. Die Diebe, die ihre Beute vormals in der Sonne verscherbelt hatten, suchten sich nun andere Umschlagplätze. Und obwohl der Streik niedergeschlagen worden war und die meisten Kohlelöscher wieder arbeiteten, fand sich nicht ein

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