Die Brücken Der Freiheit: Roman
und je, wenn er seinen Samen in ihr vergoß, doch sie selbst empfand nur noch ein schales, unbefriedigendes Gefühl ohne Höhepunkt. Wenn Jay dann neben ihr schnarchte, tröstete sie sich mit den Fingern, begleitet von seltsamen Phantasievorstellungen von ringenden Männern und Huren mit entblößten Brüsten.
Beherrscht wurde ihr Leben jedoch von Gedanken an ihr Kind. Angesichts ihrer Schwangerschaft waren alle Enttäuschungen zweitrangig und leichter zu ertragen. Ich werde das Kind vorbehaltlos lieben, dachte sie. Es wird meine Lebensaufgabe und es wird in Virginia aufwachsen.
Sie setzte gerade ihren Hut ab, als jemand an die Kabinentür klopfte. Ein drahtiger Mann im blauen Mantel und mit einem Dreispitz auf dem Kopf trat ein und verneigte sich. »Silas Bone, Erster Maat, zu Ihren Diensten, Mrs. Jamisson, Mr. Jamisson«, sagte er.
»Ich wünsche Ihnen einen guten Tag, Bone«, erwiderte Jay steif und um die Würde bemüht, die dem Sohn des Schiffseigners anstand.
»Der Kapitän läßt Ihnen seine Empfehlungen übermitteln«, sagte Bone. Sie hatten Kapitän Parridge, einen strengen, distanzierten Mann aus Rochester in Kent, bereits kennengelernt. »Wir laufen mit der Flut aus«, fuhr Bone fort und sah Lizzie gönnerhaft an. »Die ersten ein, zwei Tage bleiben wir aber noch im Mündungsgebiet der Themse. Madam brauchen sich daher fürs erste noch keine Sorgen wegen der rauhen See zu machen.«
»Sind meine Pferde an Bord?« fragte Jay.
»Jawohl, Sir.«
»Dann zeigen Sie mir mal, wie sie untergebracht sind.«
»Sehr wohl. Mrs. J. wollen vielleicht hier bleiben und noch dies und das auspacken.«
»Ich komme mit. Ich möchte mich ohnehin ein wenig umsehen.«
»Ich würde Madam empfehlen, sich während der Reise soviel wie möglich in der Kabine aufzuhalten. Die Seeleute sind ein rauhes Volk und das Wetter ist noch rauher.«
Lizzie fuhr auf. »Ich habe nicht die geringste Absicht, die nächsten sieben Wochen nur in dieser kleinen Kabine zu hocken!« sagte sie mit Nachdruck. »Und nun, Mr. Bone, gehen Sie bitte voran.«
»Ayeaye, Mrs. J.«
Sie verließen die Kabine und gingen über das Deck bis zu einer offenen Luke. Flink wie ein Affe hangelte sich der Maat die steile Leiter hinunter. Jay und Lizzie folgten ihm ins zweite Unterdeck. Das Licht, das durch eine offene Luke drang, wurde durch eine an einem Haken hängende Laterne noch verstärkt.
Jays Lieblingspferde, die beiden Grauen und Blizzard, sein Geburtstagsgeschenk, standen in schmalen Boxen. Alle drei hatten sie breite Gurte unter dem Bauch, die an einem Deckenbalken befestigt waren. Auf diese Weise wurde verhindert, daß sie bei schwerem Seegang das Gleichgewicht verloren und umfielen. Eine Raufe vor ihren Köpfen war mit Heu gefüllt, und zum Schutz der Hufe hatte man die Bodenplanken in den Boxen mit Sand bestreut. Es waren wertvolle Tiere, für die es in Amerika wohl kaum gleichwertigen Ersatz gab. Sie waren nervös. Jay tätschelte sie eine Weile und sprach dabei beruhigend auf sie ein.
Lizzie wurde ungeduldig und schlenderte auf eine schwere offenstehende Tür zu. Bone folgte ihr. »Ich würde an Ihrer Stelle hier nicht umherwandern, Mrs. J.«, sagte er. »Sie könnten Dinge sehen, die Sie vielleicht beunruhigen würden.«
Lizzie ging auf seinen Einwand nicht ein. So leicht bin ich nicht zu erschüttern, dachte sie.
»Dort vorne ist das Sträflingsquartier«, sagte Bone. »Das ist kein Platz für eine Lady.«
Er hatte die magischen Worte gesprochen, die mit absoluter Sicherheit zur Folge hatten, daß Lizzie nicht locker lassen würde. »Mr. Bone, dieses Schiff gehört meinem Schwiegervater, und ich werde überallhin gehen, wo es mir gefällt. Ist das klar?«
»Ayeaye, Mrs. J.«
»Und Sie können mich ruhig Mrs. Jamisson nennen.«
»Ayeaye, Mrs. Jamisson.«
Lizzie brannte darauf, das Sträflingsquartier zu sehen, denn es war nicht unmöglich, daß McAsh an Bord war; schließlich handelte es sich um den ersten Sträflingstransport nach seinem Prozeß. Sie duckte sich unter einem Deckenbalken, schob die Tür noch ein Stückchen weiter auf und betrat den Hauptstauraum des Schiffes.
Es war warm, und in der Luft hing der aufdringliche Gestank auf engstem Raum zusammengepferchter Menschen. Sie starrte in das Halbdunkel und konnte zuerst niemanden erkennen, obgleich ihr ein vielfältiges Stimmengemurmel entgegenschlug. Nachdem sich ihre Augen an das Zwielicht gewöhnt hatten, erkannte sie an den Wänden Bretterverschläge, die wie Halterungen
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