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Die Brücken Der Freiheit: Roman

Die Brücken Der Freiheit: Roman

Titel: Die Brücken Der Freiheit: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Größenordnung aus Ziegelsteinen errichtet worden. Mockjack Hall dagegen war in Holzrahmenbauweise entstanden. Vor vielen Jahren waren die Wände einmal weiß und die Fensterläden grün gestrichen worden. Inzwischen blätterte der Anstrich ab, und die Farben waren zu einem eintönigen Grau verblichen. Zu beiden Seiten und hinter dem Herrenhaus standen verschiedene Nebengebäude, in denen die Küche, die Wäscherei und die Ställe untergebracht waren. Im Haupthaus befanden sich große Empfangsräume - ein Salon, ein Eßzimmer und sogar ein Ballsaal und im Oberstock geräumige Schlafzimmer, doch war das gesamte Interieur renovierungsbedürftig. Die Zimmer waren mit einstmals modernen Importmöbeln, verblaßten seidenen Wandbehängen und ausgetretenen Teppichen ausgestattet. Und über allem hing wie schaler Abwassergeruch der Hauch vergangener Größe.
    Jay fühlte sich trotz alledem gut, als er von der Veranda aus sein Gut überblickte. Sein Land umfaßte eintausend Morgen bebauter Ackerfläche, bewaldete Hügel, muntere Bäche und große Teiche, dazu vierzig Sklaven und drei Hausangestellte. Und es gehörte ihm - nicht seinem Vater, nicht seiner Familie, sondern ihm allein. Endlich war er Gutsbesitzer aus eigenem Recht.
    Und das war ja erst der Anfang. Jay hoffte auf eine glanzvolle gesellschaftliche Karriere in Virginia. Bis jetzt wußte er noch nicht genau, wie die Kolonialverwaltung funktionierte. Immerhin hatte er schon gehört, daß die örtlichen Räte Vestrymen hießen und daß in Williamsburg eine Abgeordnetenversammlung tagte, die annähernd dem britischen Parlament entsprach. Bei meiner gesellschaftlichen Stellung, dachte er, sollte ich eigentlich die lokale Ebene überspringen und gleich für das Abgeordnetenhaus kandidieren können…Jeder sollte wissen, daß Jay Jamisson ein bedeutender Mann war.
    Lizzie kam über den Rasen auf ihn zu. Sie ritt Blizzard, der die Reise ohne Schaden überstanden hatte. Sie reitet ihn nicht schlecht, dachte Jay, fast wie ein Mann… Erst jetzt erkannte er zu seiner Empörung, daß sie im Herrensitz auf dem Pferd saß. Wie vulgär das bei einer Frau aussieht, dachte er, dieses Auf und Ab mit gespreizten Beinen!
    Als sie bei ihm ankam und das Pferd zügelte, sagte er: »Du sollst doch nicht so reiten!«
    Sie legte die Hand auf ihren gewölbten Leib. »Ich bin nur ganz langsam geritten, nur im Schritt und im Trab.«
    »Ich dachte nicht an das Baby. Du reitest schon wieder im Herrensitz. Ich hoffe nur, daß dich niemand gesehen hat.«
    Lizzie machte ein erstauntes Gesicht, doch ihre Antwort war trotzig wie immer: »Ich habe nicht die Absicht, hier draußen im Damensattel zu reiten.«
    »Hier draußen?« wiederholte Jay. »Was spielt das für eine Rolle?«
    »Hier sieht mich doch keiner.«
    »Doch. Ich zum Beispiel. Und die Dienerschaft sieht dich auch. Außerdem könnten wir auch Besuch bekommen. Du läufst ›hier draußen‹ ja auch nicht nackt durch die Gegend, oder?«
    »Ich reite im Damensattel zur Kirche und wenn wir in Gesellschaft sind, aber nicht allein.«
    Wenn sie in dieser Stimmung war, hatte es keinen Sinn, sich mit ihr herumzustreiten. »Wie dem auch sei«, sagte er mürrisch, »in Kürze wirst du des Kindes wegen das Reiten ohnehin aufgeben müssen.«
    »Aber jetzt noch nicht«, gab Lizzie strahlend zurück. Sie war im fünften Monat und wollte erst vom sechsten an nicht mehr reiten. Sie wechselte das Thema. »Ich habe mich ein bißchen umgesehen. Das Land ist in besserem Zustand als das Haus. Sowerby ist ein Säufer, aber er hat den Betrieb aufrechterhalten. Wahrscheinlich müssen wir ihm sogar dankbar sein dafür, denn er hat schon seit fast einem Jahr keinen Lohn mehr bekommen.«
    »Er wird wohl noch ein bißchen warten müssen. Bargeld fehlt an allen Ecken und Enden.«
    »Dein Vater sagte etwas von fünfzig Farmarbeitern. In Wirklichkeit sind es gerade mal fünfundzwanzig. Ein Glück, daß wir die fünfzehn Sträflinge von der Rosebud bekommen haben.« Sie runzelte die Stirn. »Ist McAsh dabei?«
    »Ja.«
    »Mir war so, als hätte ich ihn draußen auf den Feldern gesehen.«
    »Sowerby hat auf meine Anweisung hin die jüngsten und stärksten ausgesucht.« Jay hatte überhaupt nicht gewußt, daß McAsh an Bord war; andernfalls hätte er Sowerby auf diesen Störenfried aufmerksam gemacht und ihn gar nicht erst  genommen. Aber nun, da McAsh schon einmal da war, widerstrebte es ihm, ihn wieder fortzuschicken. Es sollte nicht so aussehen, als fürchte er sich vor

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