Die Brücken Der Freiheit: Roman
einem Sträfling.
»Bezahlt haben wir für die neuen Männer bestimmt nicht, oder?« fragte Lizzie.
»Nein. Warum soll ich für etwas bezahlen, das ohnehin der Familie gehört?«
»Dein Vater kommt vielleicht dahinter.«
»Daran zweifele ich nicht. Kapitän Parridge hat von mir eine Quittung über den Erhalt von fünfzehn Sträflingen verlangt, und ich habe sie ihm natürlich nicht verweigert. Er wird sie Vater geben.«
»Und dann?«
Jay grinste. »Vater wird mir wahrscheinlich eine Rechnung schicken. Ich werde sie auch begleichen - sobald ich kann.« Er freute sich über seinen geschäftlichen Winkelzug, der ihm auf sieben Jahre hinaus kostenfrei fünfzehn kräftige Arbeiter beschert hatte.
»Und wird dein Vater sich damit abfinden?«
Jay grinste. »Er wird toben! Aber was kann er bei dieser Entfernung schon unternehmen?«
»Du wirst schon wissen, was du tust«, sagte Lizzie zweifelnd.
Er mochte es nicht, daß sie seine Entscheidungen in Frage stellte. »Solche Dinge überläßt man am besten Männern.«
Das ärgerte wiederum sie, wie immer, und so ging sie sofort zum Gegenangriff über. »Ich bedauere es sehr, diesen Lennox hier zu sehen. Ich verstehe nicht, was du für einen Narren an dem Mann gefressen hast.«
Jays Gefühle gegenüber Lennox waren gemischt. Durchaus möglich, daß er sich hier in Virginia als ebenso hilfreich erweisen würde wie daheim - nur fühlte auch Jay sich in seiner Gegenwart nicht wohl. Lennox war indessen, seit Jay ihn aus dem Laderaum der Rosebud befreit hatte, stillschweigend davon ausgegangen, daß er auf Mockjack Hall ein Auskommen finden würde, und Jay hatte es nie fertiggebracht, mit ihm darüber zu sprechen. »Ich halte es für ganz gut, einen Weißen hier zu haben, der meine Befehle ausführt«, sagte er hochnäsig.
»Aber was wird er tun?«
»Sowerby braucht eine rechte Hand.«
»Lennox hat doch vom Tabakanbau keine Ahnung - außer daß er das Zeug raucht.«
»Das kann er ja noch lernen. Davon abgesehen geht es hauptsächlich darum, daß er die Neger zum Arbeiten antreibt.«
»Das kann er bestimmt«, sagte Lizzie in ätzendem Ton.
Jay hatte keine Lust, mit ihr über Lennox zu diskutieren. »Ich gehe wahrscheinlich in die Politik«, sagte er. »Ich würde mich gerne ins Abgeordnetenhaus wählen lassen und frage mich, wie schnell sich das bewerkstelligen läßt.«
»Setz dich am besten mit unseren Nachbarn in Verbindung, die können's dir sicher sagen.«
Er nickte. »In einem Monat oder so - sobald das Haus fertig ist - geben wir ein großes Fest, zu dem wir alles einladen, was in und um Fredericksburg Rang und Namen hat. Da kann ich mir ein Bild von den Pflanzern in dieser Gegend machen.«
»Ein Fest?« Lizzies Skepsis war unüberhörbar. »Können wir uns das denn leisten?«
Schon wieder stellte sie eine seiner Entscheidungen in Frage. »Die Finanzen überläßt du mir!« fuhr er sie an. »Selbstverständlich können wir Vorräte und dergleichen auf Kredit einkaufen. Meine Familie ist in dieser Gegend seit mindestens zehn Jahren ein eingeführter Handelspartner. Mein Name gilt hier was!«
Lizzie hörte noch immer nicht mit ihrer Fragerei auf. »Wäre es nicht besser, wir konzentrierten uns wenigstens die ersten ein, zwei Jahre auf die Pflanzung? Dann steht deine politische Karriere auf einer soliden wirtschaftlichen Grundlage.«
»Sei doch nicht blöde«, erwiderte Jay. »Ich bin doch nicht hierhergekommen, um Bauer zu werden.«
Der Ballsaal war nicht groß, verfügte aber über einen guten Fußboden und ein kleines Podest für die Musiker. Zwanzig oder dreißig Paare, alle in glänzenden Satin gekleidet, tanzten. Die Männer trugen Perücken, die Frauen spitzenverbrämte Hüte. Zwei Fiedler, ein Trommler und ein Waldhornbläser spielten ein Menuett. Dutzende von Kerzen erleuchteten die frisch gestrichenen Wände und den Blumenschmuck. Die Gäste spielten Karten, rauchten, tranken und flirteten.
Jay und Lizzie begaben sich vom Ballsaal in die Küche. Sie lächelten und nickten ihren Gästen freundlich zu. Jay trug einen neuen apfelgrünen Seidenanzug, den er sich kurz vor der Abreise in London gekauft hatte. Lizzie war ganz in Violett gekleidet, ihre Lieblingsfarbe. Jay hatte darauf spekuliert, daß ihre Garderobe die der Gäste ausstechen würde, mußte aber zu seiner Verwunderung feststellen, daß die Virginier sich genauso modisch zu kleiden wußten wie die Londoner.
Er hatte reichlich Wein getrunken und war bester Stimmung. Das Dinner war
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