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Die Brücken Der Freiheit: Roman

Die Brücken Der Freiheit: Roman

Titel: Die Brücken Der Freiheit: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Parlamente der Kolonien werden unentwegt aus dem einen oder anderen Grund aufgelöst. Sie versammeln sich dann eben formlos woanders - in einer Wirtschaft vielleicht oder in einem Privathaus - und setzen ihre Arbeit fort.«
    »Aber unter diesen Umständen fehlt ihnen doch die gesetzliche Grundlage!« protestierte Jay.
    »Sie haben nach wie vor die Zustimmung der Regierten«, gab Thumson zu bedenken. »Und das reicht ihnen offenbar aus.«
    Jay hatte dergleichen auch schon gehört - von Leuten, die zu viele philosophische Bücher lasen. Der Gedanke, daß Regierungsautorität aus der Zustimmung der Menschen erwuchs, war gefährlicher Unsinn, implizierte er doch, daß Könige keinen Machtanspruch hatten. John Wilkes daheim in London behauptete Ähnliches. Jay begann sich über Thumson zu ärgern.
    »Wer so redet, würde in London eingesperrt«, sagte er.
    »Ganz recht«, sagte Thumson sybillinisch.
    Lizzie meldete sich zu Wort. »Haben Sie schon von unserer Obstspeise gekostet, Mrs. Thumson?«
    Die Frau des Colonels reagierte mit übertriebener Begeisterung: »O ja, sie ist ausgezeichnet, wirklich delikat!«
    Jay wußte genau, daß die Obstspeise Lizzie vollkommen gleichgültig war. Sie hatte lediglich versucht, das Gespräch von der Politik auf ein anderes Thema zu lenken. Aber Jay war noch nicht fertig. »Ich muß schon sagen, daß mich einige Ihrer Ansichten doch etwas erstaunen, Colonel.«
    »Oh, da ist ja Dr. Finch!« sagte Thumson. »Ich muß ein paar Worte mit ihm wechseln.« Er ließ Jay stehen und schloß sich mit seiner Frau einer anderen Gruppe an.
    »Sie sind erst kurze Zeit im Lande, Jamisson«, sagte Bill Delahaye. »Wenn Sie eine Weile hier leben, werden Sie die Dinge vielleicht etwas anders sehen.« Sein Ton war nicht unfreundlich, obwohl er deutlich gemacht hatte, daß Jay sich seiner Ansicht nach noch nicht gut genug auskannte, um eine eigene Meinung zu äußern.
    Jay war beleidigt. »Ich versichere Ihnen, Sir, daß ich in unverbrüchlicher Treue zu meinem Souverän stehe - einerlei, wo zu leben ich mich entschlossen habe.«
    Delahayes Miene verdüsterte sich. »Ich verstehe«, sagte er und entfernte sich ebenfalls. Seine Frau begleitete ihn.
    »Ich muß jetzt doch einmal diese Obstspeise probieren«, sagte Roderick Armstead, ging zum Tisch und ließ Jay und Lizzie mit seinem betrunkenen Bruder allein.
    »Politik und Religion!« lallte John Armstead. »Reden Sie auf einem Fest nie über Politik und Religion!« Und damit kippte er nach hinten, schloß die Augen und fiel der Länge nach auf den Boden.
    Gegen Mittag kam Jay zum Frühstück herunter. Ihm brummte der Schädel.
    Lizzie hatte er noch nicht gesehen. Sie besaßen zwei nebeneinander liegende Schlafzimmer, ein Luxus, den sie sich in London nicht hatten leisten können. Sie saß unten und aß gegrillten Schinken. Die Haussklaven räumten unterdessen auf und machten sauber.
    Ein Brief an ihn war eingetroffen. Jay setzte sich und öffnete den Umschlag, doch ehe er das Schreiben lesen konnte, warf Lizzie ihm einen bösen Blick zu und sagte: »Warum nur, um alles in der Welt, hast du gestern abend diesen Streit vom Zaun gebrochen?«
    »Was für einen Streit?«
    »Den mit Thumson und Delahaye natürlich!«
    »Das war kein Streit, das war eine Diskussion.«
    »Du hast unsere nächsten Nachbarn beleidigt.«
    »Dann sind sie aber leicht zu beleidigen.«
    »Du hast Colonel Thumson praktisch einen Verräter  genannt!«
    »Wie's den Anschein hat, ist er offenbar auch einer.«
    »Er ist ein bedeutender Landbesitzer, Abgeordneter in der  Generalversammlung und Offizier a.D.! Wie, um Himmels  willen, kann er ein Verräter sein?«
    »Du hast ja gehört, was er von sich gab.«
    »Das ist anscheinend ganz normal hier.«
    »In meinem Hause ist es nicht normal und wird es auch nie  sein.«
    Sarah, die Köchin, kam herein und unterbrach die Auseinandersetzung. Jay bestellte Tee und Toast.
    Lizzie behielt, wie immer, das letzte Wort: »Da gibst du ein Heidengeld aus, um unsere Nachbarn kennenzulernen, und schaffst es glänzend, dich bei allen unbeliebt zu machen.« Sie wandte sich wieder ihrem Schinken zu.
    Jay betrachte den Brief. Er stammte von einem Rechtsanwalt in Williamsburg.

    Duke of Gloucester Stree t Williamsbur g
    29. August 1768
    Sehr geehrter Herr Jamisson, Ihr Vater, Sir George Jamisson, hat mich beauftragt, Ihnen zu schreiben.
    Ich heiße Sie in Virginia willkommen und hoffe, daß wir schon bald das Vergnügen haben werden, Sie hier in der Hauptstadt

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