Die Brücken Der Freiheit: Roman
was Kobe immer sagt - daß alle entsprungenen Sklaven wieder geschnappt werden?«
Pepper lachte. »I wo! Die meisten schon, da hat er recht, aber die stellen sich ja auch furchtbar dämlich an - und das ist der Grund dafür, daß sie so schnell wieder eingefangen werden.«
»Und wenn man sich nicht dämlich anstellt?«
Pepper zuckte mit den Achseln. »Leicht ist's nicht. Wenn du fortläufst, setzt dein Herr eine Anzeige mit deiner Beschreibung in die Zeitung. Da steht dann auch drin, was du anhast.«
Kleidung war so teuer, daß entsprungene Sklaven kaum die Chance hatten, die Garderobe zu wechseln. »Aber man kann sich doch verstecken, oder?« fragte Mack.
»Du mußt ja von irgend etwas leben. Brauchst also einen Job, wenn du die Kolonien nicht verläßt. Und der Mann, der dich einstellen will, hat wahrscheinlich die Zeitung gelesen.«
»Ausgekochte Bande, diese Plantagenbesitzer.«
»Kein Wunder. Alle Plantagenarbeit wird von Sklaven, Sträflingen und Vertragssklaven geleistet. Ohne ein ausgeklügeltes System zum Wiedereinfangen der Ausgebüchsten würden sie schon längst am Hungertuch nagen.«
Mack überlegte. »Du sagtest ›wenn du die Kolonien nicht verläßt‹. Was hast du damit gemeint?«
»Westlich von hier sind die Berge und jenseits der Berge die reine Wildnis. Da gibt es keine Zeitungen und Plantagen, keine Sheriffs, keine Richter und auch keine Henker.«
»Wie groß ist dieses Land?«
»Ich weiß es nicht. Manche meinen, die Wildnis erstreckt sich über Hunderte von Meilen bis zum nächsten Ozean. Aber ich kennen niemanden, der es nachgeprüft hat.«
Mack hatte sich schon mit vielen Leuten über die große Wildnis unterhalten, doch Pepper war der erste, dessen Auskunft ihm verläßlich erschien. Andere gerieten beim Erzählen leicht ins Schwadronieren und verschleierten die harten Tatsachen. Mack regten die Gespräche immer sehr an. »Also kann man jenseits der Berge spurlos verschwinden, oder?«
»Ja, das stimmt. Aber man kann dort auch von den Indianern skalpiert werden. Oder von einem Berglöwen gefressen. Am ehesten wird man dort aber wohl den Hungertod erleiden.«
»Woher weißt du das?«
»Ich kenne einige Pioniere, die wieder zurückgekehrt sind. Sie schuften sich jahrelang den Rücken krumm, verwandeln ein gutes Stück Land in eine nutzlose, verschlammte Einöde und hauen wieder ab.«
»Einige haben aber auch Erfolg, oder?«
»Ja, es muß wohl auch solche geben, sonst gäbe es so ein Land wie Amerika gar nicht.«
»Im Westen also«, sagte Mack nachdenklich. »Wie weit ist es denn bis zu den Bergen?«
»Na so ungefähr hundert Meilen, heißt es.«
»So nah?«
»Das ist weiter, als du denkst.«
Einer von Colonel Thumsons Sklaven, der mit einem Pferdekarren nach Fredericksburg unterwegs war, nahm sie mit eine Aufmerksamkeit, die auf den Straßen Virginias unter Sklaven und Sträflingen durchaus üblich war.
In der Stadt herrschte großes Gedränge: Es war Sonntag, und die Plantagenarbeiter aus der Umgebung waren nach Fredericksburg gekommen. Man ging in die Kirche, betrank sich oder tat sowohl das eine wie das andere. Es gab Sträflinge, die mit Verachtung auf die Sklaven herabsahen, doch zu ihnen gehörte Mack McAsh nicht. Für ihn gab es keinerlei Grund, sich für etwas Besseres zu halten. Er hatte daher viele Freunde und Bekannte und wurde an jeder Straßenecke begrüßt.
Sie gingen in die Kneipe von Whitey Jones. Der Spitzname »Whitey« rührte daher, daß Jones ein Mischling war, halb schwarz und halb weiß. Obwohl es gegen das Gesetz verstieß, verkaufte er alkoholische Getränke auch an Schwarze. Er beherrschte das von den meisten Negersklaven gesprochene Pidgin-Englisch ebenso wie den Virginia-Dialekt der bereits im Lande Geborenen. Die Schankstube seiner Kneipe, ein verräucherter Raum mit niedriger Decke, war voller Gäste. Es waren Schwarze und arme Weiße, die hier einkehrten, tranken und sich beim Kartenspiel vergnügten. Mack hatte kein Geld, doch Pepper Jones, der von Lizzie bezahlt worden war, spendierte ihm einen Krug Ale.
Mack wußte das Bier zu schätzen, es war ein seltener Genuß.
»He, Whitey!« rief Pepper, während sie beieinander saßen. »Ist dir jemals einer über den Weg gelaufen, der weiß, wie's hinter den Bergen aussieht?«
»Aber sicher!« erwiderte der Wirt. »Hier war mal ein Fallensteller, der sich da auskennt. Hinter den Bergen, sagte er, liegen die besten Jagdgründe der Welt! Es scheint da eine ganze Bande von Trappern zu
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