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Die Brücken Der Freiheit: Roman

Die Brücken Der Freiheit: Roman

Titel: Die Brücken Der Freiheit: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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nicht…
    Die Zeit verstrich, und niemand kam. Als es schon über eine Stunde finster war, rang sich Lizzie zu der Erkenntnis durch, daß etwas schiefgegangen sein mußte.
    Verärgert ließ sie McAsh zu sich kommen und sagte: »Bringen Sie Lennox zu mir!«
    Wieder verging fast eine geschlagene Stunde. Dann kehrte McAsh mit Lennox zurück. Der Verwalter hatte offensichtlich, wie jeden Abend, schon zu saufen begonnen. Lizzie war  inzwischen furchtbar wütend. »Wo sind die Feldarbeiter?« fragte sie in forderndem Ton. »Sie müßten längst hier sein!«
    »Ach ja?« sagte Lennox langsam und überlegt. »Das war heute leider nicht möglich.«
    Seine Unverfrorenheit war verräterisch. Er hat irgendeinen narrensicheren Trick gefunden, meine Pläne zu hintertreiben, dachte sie. »Was, zum Teufel, soll das heißen - ›nicht möglich‹?«
    »Sie haben heute in Stafford Park Faßholz geschnitten.« Stafford Park lag zehn Meilen weiter flußaufwärts. »Die Arbeit wird einige Tage in Anspruch nehmen. Wir haben deshalb an Ort und Stelle ein Lager eingerichtet. Die Arbeiter werden dort bleiben, bis wir fertig sind. Kobe ist bei ihnen.«
    »Es bestand nicht die geringste Notwendigkeit, heute in Stafford Park Bäume zu fällen.«
    »Es ist die günstigste Zeit.«
    Die reine Sabotage, dachte Lizzie und hätte schreien können vor Wut. Doch solange Jay nicht im Hause war, konnte sie nichts ausrichten.
    Lennox betrachtete die Speisen, die auf einfachen Tapeziertischen bereitstanden. »Wirklich schade drum«, sagte er mit kaum verhohlener Freude, langte zu und riß mit schmutziger Hand ein deftiges Stück Fleisch von einem Braten.
    Ohne nachzudenken, packte Lizzie eine lange Tranchiergabel und stach sie Lennox in den Handrücken. »Loslassen!«
    Er schrie auf vor Schmerz und ließ das Fleisch fallen.
    Lizzie zog die Gabelzinken aus seiner Hand.
    Wieder brüllte Lennox auf. »Bist du wahnsinnig geworden, du blöde Kuh?« kreischte er.
    »Raus jetzt!« schrie Lizzie. »Und kommen Sie mir nicht mehr unter die Augen, bevor mein Mann wieder da ist.«
    Mit wutverzerrter Miene starrte er sie an, und einen Augenblick lang sah es so aus, als wolle er auf sie losgehen. Dann aber klemmte er seine blutende Hand unter die Armbeuge und machte sich davon.
    Lizzie spürte, wie sich ihre Augen mit Tränen füllten. Da sie vor dem Personal nicht weinen wollte, drehte sie sich um und lief ins Haus. Kaum hatte sie die Tür des kleinen Salons hinter sich geschlossen, begann sie vor Wut und Verzweiflung zu schluchzen. Sie fühlte sich elend und mutterseelenallein.
    Nach einer Minute hörte sie, daß die Tür geöffnet wurde. »Es tut mir sehr leid«, sagte Mack.
    Sein Mitgefühl öffnete alle Schleusen. Sekunden später spürte sie, wie er seine Arme um sie legte. Es war ungemein trostreich. Sie legte den Kopf auf seine Schulter und weinte und weinte. Mack strich ihr über das Haar und küßte ihr die Tränen vom Gesicht. Allmählich beruhigte sie sich, und ihr Kummer wich. Ich wünschte, er würde mich die ganze Nacht in seinen Armen halten, dachte sie.
    Dann kam ihr schlagartig zu Bewußtsein, was sie tat.
    Entsetzt befreite sie sich aus seiner Umarmung. Ich bin eine verheiratete, im siebten Monat schwangere Frau und lasse mich von einem Dienstboten küssen! »Was denke ich da?« fragte sie  ungläubig.
    »Sie denken gar nichts«, sagte er.
    »Doch, jetzt schon«, sagte sie. »Und nun gehen Sie!«
    Mit trauriger Miene drehte er sich um und verließ das  Zimmer.

Kapitel 4
    AM TAG NACH DEM GEPLATZTEN FEST bekam Mack Nachricht von Cora.
    Es war Sonntag. Mack hatte seine neuen Kleider angezogen und war nach Fredricksburg gegangen. Er mußte auf andere Gedanken kommen, denn er bekam Lizzie Jamisson, ihr federndes schwarzes Haar, die weiche Haut ihrer Wangen und ihre salzigen Tränen einfach nicht mehr aus dem Kopf. Pepper Jones, der im Sklavenquartier übernachtet hatte, begleitete ihn und trug sein Banjo mit sich.
    Pepper war ein dünner, energischer Mann von ungefähr fünfzig Jahren. Sein fließendes Englisch wies darauf hin, daß er schon seit vielen Jahren in Amerika lebte. »Wieso bist du frei?« fragte ihn Mack.
    »Bin schon frei geboren«, erwiderte er. »Meine Mutter war eine Weiße, obwohl man mir's nicht ansieht. Mein Daddy war davongelaufen und wurde schon vor meiner Geburt wieder eingefangen. Ich habe ihn nie kennengelernt.«
    Mack nutzte jede sich bietende Gelegenheit, potentielle Fluchtmöglichkeiten auszuloten. »Stimmt das eigentlich,

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