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Die Brücken Der Freiheit: Roman

Die Brücken Der Freiheit: Roman

Titel: Die Brücken Der Freiheit: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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gehabt. Das war nicht mehr die ausgezehrte, verdreckte Frau, die er damals auf der Rosebud zurückgelassen hatte, sondern die alte Cora - mit reiner Haut, schimmerndem Haar und wohlgerundeter Figur. Und sie war genauso gut gekleidet wie eh und je: Sie trug einen dunkelbraunen Mantel, einen  Wollrock und teure Stiefel. Mack war plötzlich froh über das frische Hemd und die neue Weste, die Lizzie ihm gegeben hatte.
    Cora unterhielt sich angeregt mit einer alten Frau, die sich auf einen Stock stützte. Als er auf sie zukam, brach sie das Gespräch jäh ab. »Mack!« rief sie freudig aus. »Welch ein Wunder!«
    Er breitete die Arme aus, um sie an sich zu drücken, doch Cora streckte ihm die Hand entgegen, was er dahingehend auslegte, daß sie hier vor der Kirche kein Aufsehen wünschte. Mit beiden Händen ergriff er ihre Hand und sagte: »Du siehst prächtig aus!« Und sie duftete. Es war nicht das aromatische, an frisches Holz erinnernde Parfüm, das sie in London so gern aufgelegt hatte, sondern etwas Leichteres, Blütenhaftes, das mehr zu einer feinen Dame paßte.
    »Wie ist es dir ergangen?« fragte sie und entzog ihm ihre Hand. »Wer hat dich gekauft?«
    »Ich bin auf der Plantage der Jamissons gelandet - und Lennox ist dort Verwalter.«
    »Hat er dich ins Gesicht geschlagen?«
    Mack tastete über die wunde Stelle. »Ja, hat er. Aber ich habe ihm die Peitsche weggenommen und sie zerbrochen.«
    Cora lächelte. »Armer Mack! Immer in Schwierigkeiten.«
    »So ist es. Hast du etwas von Peg gehört?«
    »Bates und Makepiece, die beiden Seelentreiber, haben sie mitgenommen.«
    Das war eine Enttäuschung. »Verdammt! Es wird nicht leicht sein, sie zu finden.«
    »Ich frage immer wieder nach ihr, aber bisher war alles umsonst.«
    »Und wer hat dich gekauft? So wie du aussiehst, muß es ein anständiger Kerl gewesen sein.«
    In diesem Augenblick kam ein rundlicher, teuer gekleideter Mann in den Fünfzigern auf sie zu, und Cora sagte: »Das ist er.  Alexander Rowley, der Tabakhändler.«
    »Er behandelt dich offenbar sehr gut«, murmelte Mack.
    Rowley gab der alten Frau die Hand und wechselte ein paar  Worte mit ihr. Dann wandte er sich Mack zu.
    »Darf ich vorstellen?« sagte Cora. »Das ist Malachi McAsh, ein alter Freund von mir aus London. - Mack, das ist Mr.  Rowley, mein Mann.«
    Sprachlos starrte Mack sie an.
    Besitzergreifend legte Rowley Cora den Arm um die Schultern, während er mit der freien Hand Mack begrüßte. »Wie geht es Ihnen, McAsh?« sagte er, ehe er Cora, ohne ein weiteres Wort zu verlieren, mit sich fortzog.
    Warum auch nicht? dachte Mack, als er nach Mockjack Hall zurücktrottete. Cora konnte nicht wissen, ob sie mich je wiedersehen würde… Rowley hatte sie gekauft, und Cora hatte schon gewußt, wie sie ihn um den Finger wickelte. Daß ein Kaufmann eine Strafgefangene heiratete, mußte in einer Kleinstadt wie Falmouth für einigen Wirbel gesorgt haben doch die sexuelle Anziehungskraft war am Ende stärker gewesen als die gesellschaftliche Etikette. Mack konnte sich leicht vorstellen, wie Rowley verführt worden war. Leute wie die alte Dame mit dem Krückstock mochten sich dagegen sträuben, Cora als ehrbare Kaufmannsgattin zu akzeptieren, doch was Cora betraf, so hatte sie schon ganz andere Widerstände überwunden, und offenbar war ihr diesmal der große Coup geglückt. Schön für sie, dachte Mack. Wahrscheinlich kommt schon bald das erste Baby.
    Obwohl er Cora verstehen konnte, war er enttäuscht. In einem Anfall heilloser Panik hatte sie ihm das Versprechen abgerungen, sie zu suchen - doch kaum bot sich ihr die Chance auf ein angenehmes Leben, war Mack auch schon vergessen.
    Seltsam, dachte Mack. Ich habe zwei Geliebte gehabt, Annie und Cora. Und beide haben sie einen anderen geheiratet. Cora schlief Nacht für Nacht mit einem fetten Tabakhändler, der doppelt so alt war wie sie, und Annie war schwanger von Jimmy Lee. Ob ich jemals ein normales Familienleben führen werde? fragte er sich. Ein Familienleben mit Frau und Kindern?
    Er gab sich einen Ruck. Du hättest es längst haben können, wenn du Wert darauf gelegt hättest. Aber du warst eben bisher noch nicht zufrieden mit dem Leben und den Lebensumständen, die dir geboten wurden.
    Du wolltest mehr, sagte er zu sich selbst.
    Du wolltest frei sein.

Kapitel 5
    AUF DEM WEG NACH WILLIAMSBURG war Jay voller Hoffnung. Die politischen Präferenzen seiner Nachbarn ausnahmslos liberale Whigs - hatte er mit Mißfallen zur Kenntnis genommen, doch

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