Die Brücken Der Freiheit: Roman
die Hypothek auf die Plantage. Die Kreditsumme empfand er als Enttäuschung: Nur vierhundert Pfund Sterling! »Ich hatte Glück, daß ich überhaupt so viel bekam«, zwitscherte Murchman. »Bin mir nicht einmal sicher, ob ich die Plantage bei den derzeitigen Tabakpreisen für diese Summe verkaufen könnte.«
»Wer ist der Kreditgeber?« fragte Jay.
»Ein Syndikat, Hauptmann Jamisson. So laufen die Dinge eben heutzutage. Gibt es irgendwelche Verbindlichkeiten, die ich sofort begleichen soll?«
Jay hatte ein ganzes Bündel Rechnungen mitgebracht sämtliche Schulden, die seit seiner Ankunft in Virginia vor beinahe drei Monaten aufgelaufen waren. Er reichte sie Murchman, der sie rasch durchsah und dann sagte: »An die hundert Pfund. Bevor Sie die Stadt verlassen, werde ich Ihnen Quittungen dafür geben. Und lassen Sie es mich wissen, wenn Sie irgend etwas zu kaufen wünschen, solange Sie noch hier sind.«
»Wahrscheinlich werde ich das«, sagte Jay. »Ein Mr. Smythe bietet eine Kutsche und ein schönes Paar Grauer zum Verkauf. Außerdem brauche ich zwei oder drei neue Sklavinnen.«
»Ich werde bekanntmachen, daß Ihre Rechnungen mir zugeleitet werden.«
Der Gedanke, soviel Geld geborgt zu haben und die Abwicklung seiner Geschäfte in den Händen des Anwalts zu lassen, behagte Jay nicht sonderlich. »Geben Sie mir hundert Pfund in Gold«, sagte er. »Heute findet im Raleigh ein Kartenabend statt.«
»Gewiß, Hauptmann Jamisson. Es ist Ihr Geld!«
Als Jay in seiner neuen Equipage wieder auf Mockjack Hall eintraf, war von den vierhundert Pfund nicht mehr viel übrig. Er hatte beim Kartenspiel verloren und vier Sklavenmädchen gekauft. Außerdem war es ihm nicht gelungen, bei Mr. Smythe den Kaufpreis für Kutsche und Pferde herunterzuhandeln.
Immerhin hatte er seine Schulden alle beglichen. Er würde bei den Händlern vor Ort einfach wieder auf Kredit einkaufen. Nach Weihnachten war der Erlös für seine erste Tabakernte fällig; damit ließen sich dann die ausstehenden Rechnungen bezahlen.
Er hatte einige Bedenken, daß Lizzie ihm den Kauf der Kutsche übelnehmen könne, doch zu seiner Erleichterung ging sie fast kommentarlos darüber hinweg. Ihr lag offenkundig etwas anderes auf dem Herzen, und sie brannte darauf, es ihm zu erzählen.
Wie stets, wenn sie erregt war, sah sie überaus attraktiv aus: Ihre dunklen Augen blitzten, und ein rosiger Glanz lag auf ihrer Haut. Allerdings überkam ihn bei ihrem Anblick nicht mehr die gleiche unstillbare Begierde wie früher. Seit Lizzie schwanger war, fühlte er sich gehemmt. Geschlechtsverkehr während der Schwangerschaft schadet dem Baby, redete er sich ein - aber entscheidend war das nicht. Lizzies Mutterschaft stieß ihn irgendwie ab. Die Vorstellung, auch Mütter könnten sexuelle Lust empfinden, war ihm zuwider. Abgesehen davon, sprachen inzwischen rein praktische Erwägungen gegen die körperliche Liebe: Der Kugelbauch, den Lizzie vor sich herschob, wurde einfach zu groß.
Er hatte sie kaum geküßt, als sie auch schon mit der Neuigkeit herausplatzte: »Bill Sowerby ist verschwunden.«
»Wirklich?« Jay war überrascht; der Mann war ohne seinen Lohn gegangen. »Gut, daß wir Lennox haben, der nach dem Rechten sehen kann.«
»Ich glaube, Lennox hat ihn fortgetrieben. Anscheinend hat Sowerby beim Kartenspiel verloren und schuldet ihm eine Menge Geld.«
Das klang plausibel. »Lennox ist ein guter Spieler.«
»Er will hier Verwalter werden.«
Sie standen noch auf der Veranda. Just in diesem Augenblick kam Lennox um die Ecke. Seiner ungehobelten Art entsprechend, sparte er sich eine Begrüßung und fiel sogleich mit der Tür ins Haus: »Eben ist eine Ladung eingelegter Salzfisch in Fässern eingetroffen.«
»Ja, die hatte ich bestellt«, sagte Lizzie. »Sie ist für die Feldarbeiter bestimmt.«
Jay ärgerte sich. »Wieso willst du die Leute mit Fisch füttern?«
»Colonel Thumson meint, sie arbeiten dann besser. Er gibt seinen Sklaven jeden Tag Fisch und einmal in der Woche Fleisch.«
»Colonel Thumson ist reicher als ich. Schicken Sie das Zeug zurück, Lennox!«
»Die Leute werden in diesem Winter hart arbeiten müssen, Jay«, protestierte Lizzie. »Wir müssen Pond Copse roden, damit wir im nächsten Frühjahr dort Tabak pflanzen können.«
»Das ist völlig überflüssig!« warf Lennox ein. »Solange wir ordentlich düngen, tragen die Felder gut genug.«
»Man kann nicht ewig düngen«, widersprach ihm Lizzie. »Colonel Thumson rodet jeden Winter
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