Die Brücken Der Freiheit: Roman
üblichen Verurteilung zum Tod am Galgen. Die Regierung zahlte dem Reeder, der den Transport übernahm, fünf Pfund pro Kopf. Neun von zehn Deportierten überquerten den Atlantik auf einem Jamisson-Schiff. Doch die Bezahlung seitens der Regierung war nicht die einzige Geldquelle. Drüben angekommen, waren die Sträflinge zu sieben Jahren unbezahlter Arbeit verpflichtet, was zur Folge hatte, daß man sie als »Sieben-Jahre-Sklaven« verkaufen konnte. Für Männer wurden Preise zwischen zehn und fünfzehn Pfund, für Frauen acht bis neun Pfund erzielt. Kinder waren billiger.
Mit einhundertdreißig bis einhundertvierzig auf engstem Raum zusammengepferchten Sträflingen erwirtschaftete Robert auf einer einzigen Fahrt zweitausend Pfund Profit, was ungefähr dem Preis eines neuen Schiffes entsprach. Es war ein äußerst lukratives Gewerbe.
»Aye«, sagte sein Vater und leerte seinen Becher. »Aber selbst damit wäre es vorbei, wenn die Kolonisten ihren Willen durchsetzten.«
Die Kolonisten beschwerten sich unentwegt über diese Bestimmung. Obwohl sie nach wie vor Sträflinge kauften - der Bedarf an billigen Arbeitskräften war anderweitig gar nicht zu befriedigen - , warfen sie dem Mutterland vor, es lade seinen Abschaum bei ihnen ab, und machten die Sträflinge für die wachsende Kriminalität verantwortlich.
»Auf die Kohlegruben kann man sich wenigstens noch verlassen«, fuhr Sir George fort. »Sie sind ein sicherer Rückhalt in diesen unsicheren Zeiten. Und deshalb müssen wir diesen McAsh auch zum Schweigen bringen.«
Da alle Anwesenden eine eigene Meinung über McAsh hatten, löste Sir Georges Bemerkung sofort angeregte Diskussionen aus. Der Hausherr indes schien von dem Thema genug zu haben. Er wandte sich Robert zu und sagte in
scherzhaftem Ton: »Na, was hältst du von der kleinen Hallim, he? Ein ungeschliffenes Juwel, wenn du mich fragst…«
»Elizabeth ist sehr lebhaft«, gab Robert zweideutig zurück.
»Das stimmt«, erwiderte sein Vater lachend. »Ich erinnere mich noch, wie wir vor acht oder zehn Jahren den letzten Wolf in diesem Teil von Schottland schossen. Damals bestand sie darauf, die Jungen selbst aufzuziehen. Da lief doch dieses Mädchen mit zwei jungen Wölfen an der Leine durch die Gegend! Nein, so etwas hat man sein Lebtag nicht gesehen! Die Wildhüter waren außer sich. Sie fürchteten, die jungen Bestien würden ausbrechen und den Wald unsicher machen. Glücklicherweise sind sie dann aber gestorben.«
»Sie wäre eine anstrengende Ehefrau«, sagte Robert.
»Nichts geht über eine feurige Stute!« entgegnete Sir George. »Abgesehen davon: Ein Ehemann hat stets das Sagen, in allen Lebenslagen. Es gäbe viel schlimmere…« Er senkte die Stimme. »Lady Hallim verwaltet das Gut treuhänderisch bis zur Hochzeit ihrer Tochter. Da das Eigentum einer Frau in den Besitz ihres
Mannes übergeht, gehört das Gut vom Hochzeitstag an dir!«
»Ich weiß«, sagte Robert.
Jay wußte es noch nicht, aber es überraschte ihn wenig: Nur wenige Männer würden gerne einer Frau ein nennenswertes Gut vermachen.
Sir George fuhr fort: »Unter High Glen müssen Millionen Tonnen Kohle lagern - alle Flöze laufen in diese Richtung. Das Mädchen hockt auf einem Vermögen.« Er kicherte.
Robert blieb stur: »Ich weiß nicht, wie sehr sie mich mag.«
»Was sollte ihr an dir mißfallen? Du bist jung, du wirst einmal sehr reich sein, und wenn ich sterbe, bist du ein Baronet. Was könnte sich ein junges Mädchen Schöneres wünschen?«
»Romantik?« erwiderte Robert fragend. Er sprach das Wort mit Ekel aus, als wäre es eine unbekannte, von einem fremden Händler angebotene Münze.
»Romantik kann sich Miss Hallim gar nicht leisten.«
»Ich weiß nicht«, sagte Robert. »Lady Hallim hat Schulden, seitdem ich denken kann. Warum soll das nicht ewig so weitergehen?«
»Ich verrate euch jetzt ein Geheimnis«, sagte Sir George zu seinen Söhnen und sah sich verstohlen nach möglichen Lauschern um. »Du weißt, daß sie das gesamte Gut verpfändet hat?«
»Das weiß doch jeder!«
»Aber ich weiß zufällig, daß ihr Gläubiger nicht bereit ist, die Laufzeit zu verlängern.«
»Es sollte ihr nicht schwerfallen, einen anderen Geldgeber zu finden und den ersten auszuzahlen.«
»Eigentlich nicht«, bestätigte Sir George, »aber das weiß sie nicht. Und ihr finanzieller Berater wird es ihr nicht sagen dafür habe ich gesorgt.«
Ob er diesen Berater bestochen oder bedroht hat, fragte sich Jay.
Sir George
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