Die Brücken Der Freiheit: Roman
Mack, so weit wie von Edinburgh bis nach London. Für diese Strecke benötigte man zwei Wochen mit der Postkutsche. Besaß man nur ein Pferd, so dauerte es länger. Und auf den unebenen Wegen und Jägerpfaden Virginias würde eine solche Strecke noch mehr Zeit in Anspruch nehmen.
Doch jenseits dieses Gebirges konnte man ein freier Mann sein!
Mack faltete die Karte sorgfältig zusammen, verstaute sie wieder im Lederkästchen und fuhr mit seiner Arbeit fort. Beizeiten wollte er sich die Karte noch einmal ansehen.
Wenn ich doch nur Peg ausfindig machen könnte, dachte er, während er das Zimmer ausfegte. Bevor ich verschwinde, muß ich herausfinden, wo sie ist und wie es ihr geht. Ist sie glücklich, lasse ich sie in Ruhe, doch wenn sie einen grausamen Besitzer hat, muß ich sie mitnehmen.
Es wurde zu dunkel zum Arbeiten.
Mack verließ den Kinderflügel und ging die Treppe hinunter. Von einem Haken neben der Hintertür nahm er seinen alten Umhang und wickelte ihn um sich: Draußen war es kalt. Als er vor die Tür trat, kam eine Gruppe aufgeregter Sklaven auf ihn zu. Die Leute scharten sich um Kobe, der eine Frau auf den Armen trug. Mack erkannte sofort, daß es Bess war, das junge Mädchen, das einige Wochen zuvor auf dem Feld in Ohnmacht gefallen war. Ihre Augen waren geschlossen, und ihr Kittel war blutverschmiert. Das Mädchen war ein Pechvogel; es hatte immer wieder Unfälle.
Mack hielt die Tür auf und folgte Kobe dann ins Haus. Die Jamissons saßen sicher bei ihrem Nachmittags mahl im Eßzimmer. »Leg sie in den kleinen Salon, das Empfangszimmer.
Ich hole unterdessen Mrs. Jamisson«, sagte er.
»In den kleinen Salon?« fragte Kobe ungläubig.
Es war, außer dem Eßzimmer, der einzige Raum, in dem ein Feuer brannte. »Vertrau mir - Mrs. Jamisson würde es so wollen«, sagte Mack.
Kobe nickte.
Mack klopfte an der Eßzimmertür an und trat ein.
Lizzie und Jay saßen an einem kleinen runden Tisch, in dessen Mitte ein Kandelaber stand und ihre Gesichter erhellte. Lizzie sah rund und schön aus in ihrem tief ausgeschnittenen Kleid, das den Ansatz ihrer Brüste enthüllte und sich darunter wie ein Zelt über ihren umfangreichen Leib breitete. Sie aß Rosinen, während Jay Nüsse knackte. Mildred, ein hochgewachsenes Mädchen mit makelloser tabakbrauner Haut, schenkte Jay gerade Wein ein. Im Kamin loderte ein Feuer. Es war eine ruhige häusliche Szene, und Mack fühlte sich einen Moment lang wie vor den Kopf geschlagen, so schwer traf ihn die neuerliche Erinnerung daran, daß die beiden Mann und Frau waren.
Dann sah er genauer hin. Jay saß schräg am Tisch, von Lizzie abgewandt: Er blickte durchs Fenster auf den Fluß, über den sich allmählich die Nacht hinabsenkte. Lizzie drehte ihm den Rücken zu und sah Mildred beim Einschenken zu. Weder Jay noch Lizzie lächelten. Sie hätten Fremde in einem Gasthaus sein können, die umständehalber am gleichen Tisch saßen, ansonsten aber nichts miteinander anfangen konnten.
Jay erblickte Mack und sagte: »Was, zum Teufel, wollen Sie denn hier?«
Mack wandte sich an Lizzie. »Bess hatte einen Unfall - Kobe hat sie in den kleinen Salon gelegt.«
»Ich komme sofort«, sagte Lizzie und schob ihren Stuhl zurück.
»Paßt bloß auf, daß der gelbe Seidenbezug keine Blutflecke kriegt!« schimpfte Jay.
Mack hielt die Tür auf und folgte Lizzie hinaus.
Kobe zündete gerade die Kerzen an. Lizzie beugte sich über das verletzte Mädchen. Die dunkle Haut war blaß, ihre Lippen blutleer. Bess hatte die Augen geschlossen, und ihr Atem ging flach. »Was ist passiert?« fragte Lizzie.
»Sie hat sich geschnitten«, antwortete Kobe. Er atmete noch immer schwer; das Tragen hatte ihn angestrengt. »Sie hat mit einer Machete auf ein Seil eingehackt. Die Klinge ist abgeglitten und hat ihr den Bauch aufgeschnitten.«
Mack zuckte zusammen. Er sah, wie Lizzie den Riß im Kittel der Verletzten vergrößerte und die darunter liegende Wunde inspizierte. Es sah schlimm aus. Bess blutete stark, und der Schnitt war offenbar ziemlich tief.
»Einer von euch geht in die Küche und bringt mir saubere Tücher und eine Schüssel warmes Wasser.«
Mack bewunderte ihre Entschlossenheit. »Ich gehe«, sagte er.
Über den Hof eilte er in die Küche. Sarah und Mildred spülten gerade das Geschirr. Sarah, verschwitzt wie immer, fragte: »Wie geht's ihr?«
»Ich weiß es nicht. Mrs. Jamisson schickt mich nach sauberen Tüchern und warmem Wasser.«
Sarah reichte ihm eine Schüssel. »Hier, nimm
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