Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Brücken Der Freiheit: Roman

Die Brücken Der Freiheit: Roman

Titel: Die Brücken Der Freiheit: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
Vom Netzwerk:
vorzufinden. Das Leben der Kumpel war hart, das ihrer Frauen aber noch härter.
    Als Mack aufwachte, wußte er, daß ein entscheidender Tag angebrochen war, konnte aber im ersten Moment nicht mehr sagen warum. Dann fiel es ihm wieder ein: Heute verlasse ich das Tal, dachte er.
    Wenn er auf den ersten Blick als entflohener Kumpel erkennbar war, würde er freilich nicht weit kommen. Er mußte sich zunächst einmal gründlich waschen. Mack heizte kräftig ein und füllte mehrfach draußen am Bach das Wasserfaß. Während das Wasser über dem Feuer warm wurde, holte er die Zinnwanne herein, die draußen vor der Hintertür an einem großen Nagel hing. In dem kleinen Raum wurde es allmählich dunstig. Mack schüttete das heiße Wasser in die Wanne, zog sich aus, setzte sich hinein und begann sich einzuseifen und mit einer harten Bürste abzuschrubben.
    Mit der Zeit erwachten seine Lebensgeister wieder und seine Stimmung besserte sich. Nie wieder würde er sich Kohlestaub von der Haut schrubben, nie wieder in einen Stollen kriechen müssen. Das Sklavendasein lag hinter ihm, vor ihm dagegen lagen Edinburgh, London, die ganze Welt. Er würde Menschen begegnen, die noch nie etwas von dem Dörfchen Heugh und seinem Kohlebergwerk gehört hatten. Sein Schicksal war ein leerer Bogen Papier, den er nun nach seinem Belieben beschreiben konnte.
    Er saß noch in der Wanne, als plötzlich Annie hereinkam.
    An der Tür hielt sie kurz inne. Sie wirkte unsicher und  beunruhigt.
    Mack lächelte und hielt ihr die Bürste hin. »Würdest du mir den Rücken waschen?«
    Sie kam zu ihm, nahm die Bürste, verharrte dann aber neben  der Wanne und sah ihn mit bekümmertem Blick an.
    »Na, los!« sagte Mack.
    Annie begann seinen Rücken zu schrubben. »Ein Kumpel soll seinen Rücken nicht waschen, heißt es. Angeblich schwächt ihn das.«
    »Ich bin kein Kumpel mehr.«
    Sie hielt inne. »Geh nicht weg, Mack!« bat sie. »Laß mich nicht allein.«
    Er hatte so etwas schon befürchtet; der Kuß auf die Lippen war eine Vorwarnung gewesen. Er fühlte sich schuldig. Er mochte seine Kusine und hatte an warmen Sonntagnachmittagen im letzten Sommer den Spaß, die Tollerei und das Turteln mit ihr draußen auf der Heide sehr genossen. Aber er wollte nicht sein ganzes Leben mit Annie verbringen, vor allem nicht, wenn es bedeutete, in Heugh bleiben zu müssen. Aber wie konnte er ihr das erklären, ohne ihr weh zu tun? Er sah, daß sie Tränen in den Augen hatte, und spürte, wie sehr sie sich danach sehnte, daß er seine Entscheidung zurücknahm und sagte: ›Ich bleibe.‹ Aber sein Entschluß war unumstößlich. Er hatte keinen sehnlicheren Wunsch als den, so bald wie möglich aus Heugh fortzukommen.
    »Ich muß gehen«, sagte er. »Du wirst mir fehlen, Annie, aber ich muß fort.«
    »Du hältst dich wohl für was Besseres, he?« sagte sie vorwurfsvoll. »Schon deine Mutter hatte solche Flausen im  Kopf und war nie zufrieden mit ihrem Stand. Du bist genauso wie sie. Ich bin dir nicht gut genug, stimmt's? Wahrscheinlich willst du nur nach London, um dort eine feine Dame zu heiraten…«
    Seine Mutter, soviel war richtig, hatte immer über ihren eigenen Stand hinausgedacht, aber daß es ihn nach London zog, weil er dort eine feine Dame heiraten wollte, wäre ihm nie in den Sinn gekommen. Hielt er sich für was Besseres, und war ihm Annie nicht gut genug? Steckte in diesen Vorwürfen vielleicht doch ein Körnchen peinliche Wahrheit?
    »Wir sind alle zu gut für die Sklaverei«, sagte er.
    Annie ging neben der Wanne in die Hocke und legte ihm die Hand auf sein aus dem Wasser ragendes Knie. »Liebst du mich, Mack?«
    Er merkte, daß ihn die Berührung erregte und schämte sich dessen. Am liebsten hätte er Annie jetzt in die Arme genommen und getröstet, aber er wappnete sein Herz. »Ich mag dich, Annie, aber von Liebe habe ich nie zu dir gesprochen.«
    Ihre Hand glitt ins Wasser und zwischen seine Beine. Annie  lächelte, als sie spürte, wie erregt er war.
    »Wo ist Esther?« fragte er.
    »Sie spielt mit Jens Baby. Sie kommt nicht so bald heim.«
    Sicher hat Annie sie darum gebeten, dachte Mack. Esther wäre normalerweise auf dem schnellsten Wege nach Hause gekommen, um mit mir über meine Pläne zu reden.
    »Bleib hier und laß uns heiraten«, bat Annie und streichelte ihn. Ihre Liebkosungen waren wunderbar. Im vergangenen Sommer hatte er ihr gezeigt, wie es ging, und sich dann von ihr zeigen lassen, wie sie sich selbst Lust bereitete. Die Erinnerung daran

Weitere Kostenlose Bücher