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Die Brücken Der Freiheit: Roman

Die Brücken Der Freiheit: Roman

Titel: Die Brücken Der Freiheit: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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mich unten im Stollen geküßt.«
    »Nein!« Lady Hallim richtete sich auf und schleuderte den Bimsstein quer durchs Zimmer. »Nein, Elizabeth, das dulde ich nicht!« Der plötzliche Wutanfall ihrer Mutter erschreckte Lizzie. »Ich habe nicht zwanzig Jahre in Armut gelebt und dich großgezogen, damit du jetzt einen hübschen Habenichts heiratest!«
    »Er ist kein Habenichts.«
    »Und ob er einer ist! Du hast diese gräßliche Szene mit seinem Vater doch mit angesehen. Er erbt ein Pferd, sonst nichts! Nein, Lizzie, das kannst du mir nicht antun!«
    Mutter war wie besessen vor Wut. Lizzie hatte sie noch nie so erlebt und verstand nicht, warum sie sich so echauffierte. »Mutter, bitte, beruhige dich!« bat sie, stand auf und kletterte aus der Wanne. »Kannst du mir bitte ein Hand tuch geben?« Doch zu ihrer Verblüffung barg Lady Hallim das Gesicht in den Händen und fing an zu weinen. Lizzie nahm sie in die Arme. »Mutter, liebe Mutter, was hast du denn nur?«
    »Bedecke dich, du böses Kind!« lautete die von heftigem Schluchzen unterbrochene Antwort.
    Lizzie wickelte sich eine Decke um den Körper. »Komm, Mutter, setz dich!« sagte sie und führte Lady Hallim zu einem Stuhl.
    Nach einer Weile begann ihre Mutter zu sprechen. »Dein Vater, mein Kind, war Jay ähnlich, sehr ähnlich«, sagte sie, und ein verbitterter Zug lag um ihren Mund. »Groß, gutaussehend, charmant, in dunklen Winkeln stets aufs Küssen versessen - und dabei schwach, so schwach! Wider mein besseres Wissen ließ ich mich von meinen niederen Instinkten leiten und heiratete ihn heiratete ihn, obwohl ich wußte, daß er ein Luftikus war. Nach drei Jahren hatte er mein Vermögen durchgebracht, und ein Jahr später stürzte er betrunken vom Pferd und schlug sich seinen schönen Schädel ein.«
    »Oh, Mama!« Der Haß in der Stimme ihrer Mutter machte ihr angst. Normalerweise sprach sie von Vater in neutralem Ton, und bisher hatte sie Lizzie eine andere Version erzählt: Seine Geschäfte seien nicht so gelaufen, wie er es sich gewünscht habe, er sei in jungen Jahren bei einem tragischen Unfall ums Leben gekommen, und die Finanzen des Guts seien von unfähigen Anwälten endgültig zerrüttet worden. Lizzie selbst hatte kaum eine Erinnerung an ihren Vater, war sie doch bei seinem Tod erst drei Jahre alt gewesen.
    »Er hat es mir immer übel genommen, daß ich ihm keinen Sohn geschenkt habe«, fuhr Lady Hallim fort. »Einen Sohn nach seinem Ebenbild - treulos und schwach, aber ein Herzensbrecher, der jungen Mädchen den Kopf verdreht… Aber das wußte ich zu vermeiden.«
    Ein Schreck folgte dem anderen. Ist das wahr? dachte Lizzie. Kann man es als Frau verhindern, schwanger zu werden? Und war es möglich, daß ihre eigene Mutter so etwas getan hatte, gegen den Willen ihres Ehemanns?
    Lady Hallim ergriff ihre Hand. »Versprich mir, daß du ihn nicht heiraten wirst, Lizzie! Versprich es mir!«
    Lizzie zog ihre Hand zurück. Sie kam sich undankbar vor, aber sie mußte die Wahrheit sagen.
    »Ich kann dir das nicht versprechen. Ich liebe ihn.«
    Als Jay das Zimmer seiner Mutter verließ, verflüchtigten sich seine Gewissensbisse bereits wieder. Er war auf einmal sehr hungrig.
    Unten, im Speisesaal, saßen sein Vater und Robert am Tisch, aßen dicke Scheiben gerösteten Schinkens mit heißem, süßem Apfelkompott und unterhielten sich mit Harry Ratchett. Ratchett, Obersteiger und Verwalter der Gruben, war gekommen, um über die Grubengasexplosion zu berichten.
    »Wie ich höre, warst du letzte Nacht in der Grube von Heugh«, sagte Sir George und sah Jay streng an.
    Jay verging der Appetit. »Ja, war ich«, sagte er. »Es hat geknallt. Eine Explosion.« Er nahm den Bierkrug und füllte sich ein Glas.
    »Über die Explosion weiß ich bereits bestens Bescheid«, sagte Vater. »Aber wer war dein Begleiter?«
    Jay trank einen Schluck Bier. »Lizzie Hallim«, gestand er.
    Robert lief rot an. »Du Mistkerl! Du weißt doch genau, daß Vater es nicht erlaubt hat.«
    Jay konnte sich eine bissige Antwort nicht verkneifen. »Na schön, Vater«, sagte er, an Sir George gewandt, »wie sieht denn deine Strafe für mich aus? Willst du mich vielleicht enterben? Aber das hast du ja leider schon getan…«
    Sir George drohte ihm mit dem Finger. »Hüte dich, meine Befehle zu mißachten!«
    »Kümmere dich lieber um McAsh, und laß mich in Ruhe«, sagte Jay, in dem Versuch, Vaters Zorn auf jemand anders zu lenken. »Er hat überall herumerzählt, daß er noch heute den Dienst

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