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Die Brücken Der Freiheit: Roman

Die Brücken Der Freiheit: Roman

Titel: Die Brücken Der Freiheit: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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küßte sie auf den Mund. Es war ein eher zurückhaltender Kuß, schließlich befand man sich mitten auf der Straße, doch Lizzie genoß ihn und hoffte auf eine baldige Zugabe. Jay half seiner Mutter aus der Kutsche, dann ging er auf das Haus zu und klopfte an die Tür. »Es gehört einem Branntwein-Importeur, der für ein Jahr nach Frankreich gezogen ist«, sagte er.
    Kurz darauf öffnete ein älterer Mann die Tür, der Hausmeister. »Wer hat die Fenster eingeschlagen?« fragte ihn Jay sofort.
    »Die Hutmacher«, sagte der Mann, als sie eintraten. Lizzie hatte in der Zeitung gelesen, daß die Hutmacher streikten, ebenso wie die Schneider und die Messerschleifer.
    »Ich weiß nicht, was diese Idioten damit erreichen wollen, daß sie die Fensterscheiben ehrbarer Leute einschlagen«, sagte Jay.
    »Warum streiken sie?« fragte Lizzie.
    »Um bessere Löhne, Miss«, antwortete der Hausmeister. »Und wer kann es ihnen verdenken? Der Preis für einen Laib Brot ist von vier Penny auf acht und einen Farthing gestiegen. Wie soll man da seine Familie ernähren?«
    »Jedenfalls nicht, indem man an alle Londoner Haustüren ›45‹ schmiert«, gab Jay mißmutig zurück. »Und jetzt zeigen Sie uns das Haus, Mann!«
    Lizzie hätte gerne gewußt, was die Zahl 45 bedeutete, aber fürs erste gewann ihr Interesse am Haus die Oberhand.
    Aufgeregt lief sie durchs ganze Gebäude, zog die Vorhänge auf und öffnete die Fenster. Das Mobiliar war neu und teuer, der Salon ein großer, heller Raum mit jeweils drei großen Fenstern nach vorn und hinten. Ein muffiger Geruch, wie er unbewohnten Häusern eigen ist, hing im Raum. Doch sobald erst einmal gründlich saubergemacht war, die Wände ein wenig Farbe und die Tische frische Decken bekommen hatten, versprach das Haus ein sehr bequemes und angenehmes Domizil zu werden.
    Jay und Lizzie liefen voraus, die beiden Mütter und der alte Hausmeister ließen sich mehr Zeit. Im Dachgeschoß waren sie allein. Kaum hatten sie eine der kleinen Schlafkammern für das Personal betreten, umarmte Lizzie Jay und küßte ihn gierig. Es blieb ihnen nicht viel mehr als eine Minute. Sie nahm seine Hände und legte sie auf ihre Brüste. Jay streichelte sie sanft. »Fester!« flüsterte Lizzie zwischen zwei Küssen. Sie wollte die Berührung auch nach der Umarmung noch spüren. Ihre Brustwarzen wurden hart, und er spürte sie durch den Kleiderstoff hindurch unter seinen Fingerspitzen. »Kneif zu!« sagte Lizzie, und als er es tat, raubte ihr das erregendes Gefühl aus Lust und Schmerz fast den Atem.
    Sie hörten Schritte auf der Treppe und rissen sich schwer atmend voneinander los.
    Lizzie wandte sich ab und blickte aus einem der kleinen Kammerfenster hinaus in einen langen, schmalen Garten hinter dem Haus. Der Hausmeister zeigte den beiden Müttern alle Schlafkammern.
    »Was hat die Zahl ›45‹ zu bedeuten?« fragte sie Jay.
    »Das hängt alles mit dem Renegaten John Wilkes zusammen«, erklärte er. »Er war Herausgeber einer Zeitschrift mit dem Titel North Briton . In Nummer 45 hieß er den König praktisch einen Lügner, worauf ihn die Regierung der Aufwieglerei bezichtigte. Er floh nach Paris, doch inzwischen ist er wieder hier und stiftet neuerlich Unruhe unter den einfachen Leuten, die von Politik keine Ahnung haben.«
    »Stimmt es, daß die Armen sich kein Brot mehr leisten können?«
    »In ganz Europa ist das Getreide zur Zeit knapp. Da läßt es sich gar nicht vermeiden, daß die Preise steigen. Und die Arbeitslosigkeit ist eine Folge der Blockade englischer Waren durch die Amerikaner.«
    Lizzie drehte sich um und sah ihn an. »Für die Hutmacher und Schneider dürfte das ein schwacher Trost sein.«
    Jay runzelte die Stirn. Daß sie sich auf die Seite der Unzufriedenen schlug, schien ihm nicht zu behagen. »Ich weiß nicht, ob du dir darüber im klaren bist, wie gefährlich dieses  Freiheitsgerede ist«, sagte er.
    »Das kann ich nicht beurteilen.«
    »Ein Beispiel: Die Bostoner Rumbrenner möchten ihren Zuckersirup dort kaufen, wo er am billigsten ist. Das Gesetz schreibt ihnen jedoch vor, ihn bei britischen Pflanzern einzukaufen, also zum Beispiel bei unserer Plantage. Wenn man ihnen die Freiheit gewährt, sich bei den billigeren französischen Pflanzern zu versorgen, könnten wir beide uns ein Haus wie dieses nicht mehr leisten.«
    »Ich verstehe«, sagte Lizzie und dachte bei sich: Gerecht wird es dadurch auch nicht. Aber sie hielt es für besser, auf einen Kommentar zu verzichten.
    »Das letzte

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