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Die Brücken Der Freiheit: Roman

Die Brücken Der Freiheit: Roman

Titel: Die Brücken Der Freiheit: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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gezögert, sein schwerverdientes Geld am  Abend für eine Theaterkarte auszugeben, doch Dermot hatte ihn beschworen, mitzukommen; er werde es bestimmt nicht bereuen. Und Dermot hatte recht behalten: Das wunderbare Bühnenspektakel wäre auch den doppelten Preis wert gewesen. Dennoch bedrückte es Mack, daß es wahrscheinlich sehr lange dauern würde, bis er genug Geld verdient hatte, um Esther nachkommen zu lassen.
    Auf dem Heimweg gen Osten, Richtung Spitalfields, kamen sie durch Covent Garden, wo in den Hauseingängen Huren standen und ihnen zuwinkten. Mack lebte schon fast einen Monat in London und gewöhnte sich allmählich daran, daß an allen Ecken und Enden sexuelle Vergnügungen angeboten wurden. Die unterschiedlichsten Frauen boten sich an - junge und alte, häßliche und hübsche. Manche waren aufgetakelt wie feine Damen, andere liefen in Lumpen herum. Mack fühlte sich von keiner von ihnen angezogen, doch in den Nächten dachte er oft sehnsuchtsvoll an seine lebenslustige Kusine Annie.
    Am Strand lag Der Bär, eine geräumige Schenke mit weiß gekalkten Wänden, einem Kaffeezimmer und mehreren Schanktischen, die um einen Innenhof herum gruppiert waren. Die Hitze im Theater hatte sie durstig gemacht. Sie gingen hinein, um etwas zu trinken. Die Luft war warm und rauchgeschwängert. Sie kauften sich jeder ein Glas Ale.
    »Sehen wir doch mal hinten raus«, schlug Dermot vor.
    Der Bär war ein Vergnügungslokal. Mack war nicht zum erstenmal hier und wußte, daß im Hinterhof Bärenhatzen und Hundekämpfe, Schwertkämpfe zwischen Frauen und Gladiatoren und allerlei andere Unterhaltungen stattfanden. Wenn keine organisierten Veranstaltungen auf dem Programm standen, kam es auch schon einmal vor, daß der Wirt eine Katze in den Ententeich warf und vier Hunde auf sie hetzte - ein Spiel, das die Säufer in kolossales Gelächter ausbrechen ließ.
    An diesem Abend war ein von zahlreichen Öllampen erhellter Boxring aufgestellt worden. Ein Zwerg in einem seidenen Anzug und mit Schnallenschuhen an den Füßen wandte sich großsprecherisch an die versammelten Trinker: »He, Männer, ein Pfund für jeden, der den Bullen von Bermondsey k.o. schlägt! Kommt, Freunde, wer von euch traut sich?« Er schlug drei Purzelbäume.
    »Du würdest mit dem garantiert fertig«, sagte Dermot zu Mack.
    Der Bulle von Bermondsey war ein mit Narben übersäter Mann, der außer Hosen und schweren Stiefeln nichts am Leibe trug. Sein Kopf war kahlgeschoren und trug, wie auch das Gesicht, die Spuren vieler Kämpfe. Er war groß und schwer, wirkte aber auch ziemlich tumb und langsam.
    »Kann schon sein«, sagte Mack.
    Dermot war begeistert. Er packte den Zwerg am Arm und sagte: »He, Kurzschwanz, hier ist ein Kunde für dich!«
    »Ein Kämpfer!« brüllte der Zwerg, und die Zuschauer grölten und applaudierten.
    Ein Pfund war eine Menge Geld. Viele Menschen verdienten in einer ganzen Woche nicht mehr. Mack konnte der  Versuchung nicht widerstehen. »Einverstanden«, sagte er.
    Wieder jubelte das Publikum.
    »Paß auf seine Füße auf«, sagte Dermot. »Die Stiefel sind  über den Zehen bestimmt mit Stahl verstärkt.«
    Mack nickte und legte seinen Umhang ab.
    »Du mußt damit rechnen, daß er auf dich losgeht, sobald du den Ring betreten hast«, fügte Dermot hinzu. »Es gibt keinen Gong oder so was. Es geht gleich los.«
    Mack kannte diesen Trick von den Schlägereien unter Tage: Am schnellsten gewann man, wenn man den Gegner überrumpelte, bevor er kampfbereit war. Man sagte zum Beispiel »Komm mit in den Stollen, da ist mehr Platz!« - und schlug seinen Widersacher nieder, sobald er über den Drainagegraben stieg.
    Der Ring bestand aus alten hölzernen Faßdauben, die man annähernd kreisförmig in die matschige Erde geschlagen und in Hüfthöhe mit einem Seil verbunden hatte. Mack dachte an Dermots Warnung, als er auf den Kampfplatz zuging. Kaum hatte er das Bein gehoben, um über das Seil zu steigen, stürmte der Bulle von Bermondsey auch schon auf ihn los.
    Mack war darauf vorbereitet und trat einen Schritt zurück. Der wuchtige Fausthieb des Bullen streifte seine Stirn. Das Publikum hielt den Atem an.
    Mack reagierte wie eine Maschine, ohne nachzudenken. Er stieg rasch an den Ring heran und trat seinen Gegner unter dem Absperrseil hindurch gegen das Schienbein. Der Bulle geriet ins Stolpern. Die Zuschauer jubelten, und Mack hörte, wie Dermot schrie: »Gib's ihm, Mack! Zeig's ihm!«
    Noch ehe der Bulle sein Gleichgewicht wiederfinden

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