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Die Brücken Der Freiheit: Roman

Die Brücken Der Freiheit: Roman

Titel: Die Brücken Der Freiheit: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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kann!« rief er Lennox zu und trabte davon.
    Er suchte Chip Marlborough, fand ihn und fragte: »Was ist los?«
    »Das Gericht hat es abgelehnt, Wilkes gegen Kaution auf freien Fuß zu setzen, und ihn ins Gefängnis des Oberhofgerichts eingewiesen.«
    Der Oberst musterte seine Offiziere und wandte sich an Jay: »Sagen Sie Ihren Leuten, daß ja niemand schießt - es sei denn, Sir John erteilt ausdrücklich den Befehl dazu.«
    Jay verkniff sich einen besorgten Protest. Wie sollen meine Leute den Mob in Schach halten, wenn ihnen die Hände gebunden sind, dachte er. Dennoch ritt er von einem zum anderen und gab die Order weiter.
    Eine Kutsche erschien in der Toreinfahrt. Das wütende Gebrüll der Demonstranten konnte einem das Blut in den Adern gefrieren lassen. Jay spürte die Angst wie einen Stich. Die Soldaten verschafften der Kutsche freie Bahn, indem sie mit ihren Musketen die Menge auseinandertrieben. Die Wilkiten rannten über die Westminster Bridge. Jay fiel ein, daß die Kutsche auf dem Weg zum Gefängnis, das in Surrey lag, ebenfalls den Fluß überqueren mußte. Er gab seinem Pferd die Sporen und hielt auf die Brücke zu, doch Oberst Cranbroughwinkte ihn zurück. »Überqueren Sie nicht die Brücke!« befahl er. »Unser Befehl lautet, hier für Ruhe und Ordnung zu sorgen, vor dem Gericht!«
    Jay brachte sein Pferd zum Stehen. Surrey war ein eigener Bezirk, und die dortige Obrigkeit hatte nicht um militärische Unterstützung gebeten. Es war lächerlich. Hilflos sah Jay der Kutsche nach. Noch ehe sie das andere Themseufer erreicht hatte, hielten Demonstranten sie an und spannten die Pferde aus.
    In Begleitung von zwei Helfern, die ihn führten und ständig über die Geschehnisse auf dem laufenden hielten, war Sir John Fielding auf die Brücke gegangen. Jetzt befand er sich mitten in dem Getümmel. Jay sah, wie ein Dutzend kräftiger Kerle zwischen die Riemen des Pferdegeschirrs traten und die Kutsche umdrehten, so daß sie kurz darauf wieder gen Westminster rollte. Lautes Triumphgeschrei seitens der Demonstranten begleitete die Aktion. Jay schlug das Herz bis zum Hals. Was würde geschehen, wenn der Mob den Palastgarten erreichte? Mit warnend erhobener Hand gebot Oberst Cranbough seinen Untergebenen Zurückhaltung.
    Jay wandte sich an Chip. »Meinst du, wir könnten es schaffen, die Kutsche aus den Händen des Mobs zu befreien?«
    »Die Behörden wollen kein Blutvergießen«, sagte Chip.
    Einer von Sir Johns Assistenten rannte durch die Menge und beriet sich mit Oberst Cranbrough.
    Wieder am Ufer, zogen die Demonstranten die Kutsche auf die Straße, die nach Osten führte. An seine Leute gewandt, rief Cranbrough: »Folgt in sicherem Abstand! Keine Attacke!«
    Die Wachabteilung setzte sich in Marsch und folgte den Wilkiten mit der Kutsche. Jay biß die Zähne zusammen. Was für eine Demütigung, dachte er. Ein paar Runden Musketenfeuer genügen, und die Bande zerstreut sich. Das dauert nicht länger als eine Minute… Zwar wird Wilkes sicher versuchen, aus einem Angriff auf sich und seine Leute politisches Kapital zu schlagen. Aber was macht das schon…
    Über den Strand wurde die Kutsche in die Stadtmitte gezogen. Die Demonstranten tanzten und riefen immer wieder »Wilkes und die Freiheit!« und »Nummer fünfundvierzig!« Erst vor einer Kirche in Spitalfields hielten sie an. Wilkes stieg aus und verschwand im Gasthaus Zu den drei Tonnen, im Eilschritt gefolgt von Sir John Fielding.
    Auch einige seiner Anhänger betraten die Schenke, doch es war nicht für jeden Platz. Sie liefen unruhig auf der Straße hin und her. Nach einer Weile zeigte sich Wilkes in einem Fenster im ersten Stock. Sofort brach ohrenbetäubender Jubel aus. Wilkes begann eine Rede zu halten. Jay war zu weit entfernt, um alles zu verstehen, bekam jedoch den allgemeinen Tenor der Ansprache mit: Der Redner bat die Menge, Ruhe und Ordnung zu bewahren.
    Er war noch nicht am Ende, als Fieldings Assistent das Gasthaus verließ und neuerlich mit Oberst Cranbrough sprach. Der gab die Neuigkeiten flüsternd an seine Hauptleute weiter. Man hatte eine Vereinbarung getroffen: Wilkes würde durch einen Hinterausgang entkommen und sich noch am gleichen Abend freiwillig im Gefängnis des Oberhofgerichts einfinden.
    Wilkes beendete seine Rede, verneigte sich und verschwand. Als klar war, daß er sich nicht mehr blicken lassen würde, begann sich die Menge zu langweilen und zerstreute sich allmählich. Sir John verließ die Drei Tonnen und schüttelte

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