Die Brücken Der Freiheit: Roman
befand sich die Rothaarige, die schon am Grosvenor Square an seiner Seite gestanden hatte. »Hier bin ich!« schrie sie. »Bitte hilf mir!« Mack erkannte sie. In diesem Moment traf Lizzie ein harter Ellenbogen ins Auge, so daß sie sekundenlang nichts sehen konnte. Als ihre Sehkraft zurückkehrte, waren Mack und seine Begleiterin verschwunden.
Es blieb ihr nichts anderes übrig, als mit eigenen Kräften weiterzukämpfen. Es gelang ihr, sich Zentimeter um Zentimeter aus der heißesten Kampfzone in der Umgebung des Schafotts abzusetzen. Schritt um Schritt wuchs ihre Bewegungsfreiheit. Nach fünf Minuten brauchte sie sich nicht mehr zwischen dicht an dicht stehenden Menschen hindurchzuzwängen, sondern fand kleinere Zwischenräume, die ihr die Flucht erleichterten. Schließlich erreichte sie eine Hauswand, arbeitete sich bis zur nächsten Ecke vor und schlüpfte in eine kaum meterbreite Gasse zwischen zwei Gebäuden.
Sie lehnte sich an die Hausmauer und rang nach Luft. Die Gasse war schmutzig und stank nach menschlichen Exkrementen. Lizzies Rippen schmerzten von dem Faustschlag. Vorsichtig tastete sich sie ihr Gesicht ab und stellte fest, daß ihr Auge angeschwollen war.
Hoffentlich ist Jay nichts passiert, dachte sie. Sie spähte um die Ecke, um nach ihm Ausschau zu halten, konnte ihn jedoch nirgends sehen. Statt dessen fielen ihr zwei Männer auf, die sie unverwandt anstarrten.
Der eine war mittleren Alters, fett und unrasiert, der andere ein Jugendlicher von vielleicht achtzehn Jahren. Irgend etwas in ihrem Blick machte Lizzie angst. Sie wollte fortlaufen, kam aber nicht mehr dazu. Die beiden stürzten auf sie zu, schoben sie tief in die dunkle Gasse hinein, packten sie dann an den Armen und warfen sie zu Boden. Sie rissen ihr den Hut und die Männerperücke vom Kopf und streiften ihr die Schuhe mit den Silberschnallen von den Füßen. Dann durchsuchten sie mit erstaunlicher Geschwindigkeit ihre Taschen und nahmen ihr die Geldkatze, die Taschenuhr und ein Schneuztuch weg.
Der ältere Mann steckte das Diebesgut in einen Sack, musterte Lizzie kritisch und sagte: »Der Mantel ist auch nicht schlecht. Fast neu.«
Wieder waren sie über ihr und zerrten ihr den Mantel und die dazu passende Weste vom Leibe. Lizzie wehrte sich, doch das einzige, was sie damit erreichte, war, daß ihr Hemd zerriß. Die Diebe stopften die erbeuteten Kleider in ihren Sack. Lizzie merkte, daß ihre Brüste entblößt waren. Hastig bedeckte sie sie mit den Hemdfetzen, aber es war bereits zu spät. »He, das is' ja 'ne Sie!« schrie der Jüngere.
Lizzie war wieder auf die Füße gekommen, doch der Bursche hielt sie fest.
Der Dicke glotzte sie an. »Bei Gott - und was für eine!« stammelte er und leckte sich die Lippen. »Die muß ich vögeln!«
Entsetzt versuchte Lizzie, sich aus dem Griff des Jüngeren zu befreien, konnte ihn aber nicht abschütteln.
Der junge Bursche drehte sich um und sah zur Straße. »Was? Hier?« fragte er ungläubig.
»Hier sieht uns keiner, du junger Dämlack!« sagte der Dicke und rieb sich zwischen den Beinen. »Sehen wir uns die Dame mal genauer an. Zieh ihr die Hose aus!«
Der Bursche warf Lizzie wieder zu Boden und begann, ihr die Hose herunterzustreifen. Der Dicke stand daneben und glotzte.
Lizzie schrie vor Angst, so laut sie konnte, hatte jedoch große Zweifel, ob man sie bei dem Lärm, der draußen auf der Straße herrschte, überhaupt hören konnte.
Dann war auf einmal McAsh da.
Lizzie erkannte sein Gesicht und sah eine erhobene Faust, Der Schlag traf den Dicken seitlich am Kopf. Der Mann geriet ins Taumeln. Nach dem zweiten Faustschlag verdrehte er die Augen, nach dem dritten sackte er zusammen und gab keinen Mucks mehr von sich.
Der junge Kerl hatte von Lizzie abgelassen, rappelte sich auf und wollte das Weite suchen, doch Lizzie umklammerte seinen Fußknöchel und brachte ihn dadurch zum Stolpern. Er schlug der Länge nach hin. Mack riß ihn hoch, klatschte ihn an die Hauswand und versetzte ihm mit geballter Kraft von unten her einen Kinnhaken. Bewußtlos brach der Bursche über seinem Komplizen zusammen.
Lizzie stand auf. »Gott sei Dank!« sagte sie, und Tränen der Erleichterung standen ihr in den Augen. Sie fiel Mack um den Hals und schluchzte: »Du hast mich gerettet. Ich danke dir, Mack, ich bin dir unendlich dankbar…«
Er drückte sie an sich. »Auch du hast mich einmal gerettet, weißt du noch? Damals, als du mich aus dem Fluß gezogen hast…«
Sie schmiegte sich an ihn und
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