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Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Titel: Die Brückenbauer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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bewältigt als ihre adligen Untertanen, so viel war klar.
    Dafür gab es eine Erklärung. Als er sich am Nachmittag mit einigen der Mitsegler der Jacht der Kaiserin unterhielt, zeigte sich, dass sie allesamt Offiziere der deutschen Marine und Mitglieder des Marine-Regatta-Vereins waren, bei dem keine Zivilisten, ob sie adlig waren oder nicht, zugelassen wurden.
    Die Kaiserfamilie hatte schlicht und ergreifend die besten oder zumindest leidenschaftlichsten Segler Deutschlands engagiert. Ihre Kaiserlichen Hoheiten fuhren als Passagiere mit.
    Tag zwei verlief ähnlich, mit dem Unterschied, dass jetzt der Engländer gewann und Prinz Eitel Friedrich Zweiter
wurde. Die Ellida hatte am Vortag den neunten Platz belegt und jetzt den achten.
    War es taktisch unklug gewesen, den Baron beiseitezunehmen, als sie an jenem zweiten Tag, an dem sie eine Platzierung vorwärtsgestolpert waren, wie es der Baron ausdrückte, an Land gingen?
    Vermutlich nicht. Ihr abschließendes Gespräch am letzten Tag wäre vermutlich anders verlaufen, wenn er einfach nur stumm im Boot gesessen, die Schot zu steif gesetzt und danach Tempo verloren hätte.
    Ehrlichkeit währte nicht immer am längsten, dessen war er sich bewusst. Ehrlichkeit bescherte einem ebenso arge Feinde wie Unverschämtheit, und manch einer konnte das eine nicht vom anderen unterscheiden. Dass der Baron eigentlich alle Menschen außer dem Kaiser als seine Untergebenen betrachtete, war seit Langem bekannt. Und dann kam ausgerechnet dieser aufdringliche Norweger, der darauf beharrte, seiner Tochter den Hof zu machen, ohne eine Öre in der Tasche, mit Kritik und Verbesserungsvorschlägen!
    Aber kein Außenstehender bekam ihren Wortwechsel mit. Sie standen etwas abseits am Ende des Stegs und unterhielten sich ohne große Gesten.
    Der Baron war blass geworden und sprach leise und verbissen.
    »Sie tauschen morgen den Platz mit meinem Nebenmann und unterbreiten mir Manövervorschläge, natürlich diskret. Wenn wir dann schneller segeln, haben Sie etwas gut bei mir. Wenn wir langsamer werden, waren Sie zum letzten Mal in Kiel.«
    Das war eine klare Ansage und nicht sonderlich beunruhigend.
Der Baron war ein lausiger Segler. In der härteren Klasse für kleinere und schnellere Boote hätte er keine Chance gehabt. Schlechter konnte es also nicht laufen, wenn sie nicht aus irgendeinem Grund extremes Pech hatten.
    Am nächsten Tag belegten sie den fünften Platz vor der Iduna der Kaiserin. Am letzten Tag, nach dem Ruhetag, belegten sie den vierten Platz und schlugen damit nicht nur die Kaiserin, sondern auch Prinz Adalbert. Der Baron war euphorisch und erntete Lobesworte von allen Seiten. Er hatte sozusagen im nichtkaiserlichen Zweig der Klasse gewonnen, wenn man einmal von dem Engländer absah, der ärgerlicherweise Zweiter geworden war.
    Nachdem der Baron eine Weile auf der großen Kreuzerpier Glückwünsche entgegengenommen hatte, gab er Anweisung, den Norweger von den Nacharbeiten zu entbinden: Segel zum Trocknen aufhängen, das Mahagonideck mit Süßwasser schrubben, abfendern und all jene Verrichtungen, die nötig waren, um die Ellida nach seemännischer Praxis herzurichten. Dann lud der Baron Lauritz in den Salon ein. Er holte zwei Cognacschwenker aus dem Schrank und goss ihnen deutschen Branntwein der besten Sorte ein.
    Schweigend stießen sie miteinander an.
    Die folgende Unterhaltung war ihm noch Wort für Wort im Gedächtnis.
    Er war wie in Trance über das Fjell gelaufen und hatte sich noch einmal alle Situationen vor Augen geführt. Seine Füße fanden im Geröll von allein ihren Weg.
    Er setzte sich auf einen Stein, als könne er sich dann besser erinnern. Und er erinnerte sich an den Duft von
Brandy, Lack, Holz, Teer und feuchten Segeln unten im Salon. Und an das Gesicht des Barons, erst glücklich, dann zornig.
    »Die Ehre wird mir zuteil, aber Sie und ich wissen, dass sie Ihnen gebührt«, sagte der Baron und hob sein Glas.
    So hatte es begonnen, was in Lauritz’ Ohren vielversprechend geklungen hatte.
    »Sie haben das Segeln wirklich im Blut«, fuhr der Baron fort. »Ich bin ein Amateur, ich segle zum Vergnügen und weil ich die Kieler Woche schätze. Sie sind ein echter Wikinger. Sie haben mir eine große Freude bereitet. Ich würde mich gerne erkenntlich zeigen. Bitten Sie mich um einen Gefallen, außer um jenen, den ich Ihnen bereits abgeschlagen habe.«
    Das war der entscheidende Augenblick. Wenn ihm nicht dieser verdammte Lackaffe von Bergens Privatbank in die Quere

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