Die Brückenbauer: Roman (German Edition)
gekommen wäre, hätte er jetzt trotz des ausdrücklichen Verbots noch einmal um Ingeborgs Hand angehalten.
Eine andere Bitte fiel ihm nicht ein. Er lauschte eine Weile dem Glucksen des Wassers an den Planken, das schönste und angenehmste Geräusch, das er kannte, und dachte nach.
Dann bat er um einen Kredit von zweitausendfünfhundert Mark zu zehn Prozent Zinsen auf fünf Jahre. Für den Baron war das eine Bagatellsumme. Das Boot, in dem sie sich befanden, war einige Hunderttausend Mark wert.
Die Bitte erzürnte den Baron, er verlor regelrecht die Beherrschung.
»Jetzt bitten Sie mich, obwohl ich es mir ausdrücklich verbeten hatte, genau um das, worum Sie mich nicht bitten
sollten!«, brüllte der Baron. Dann fasste er sich rasch wieder. Er lehnte sich zurück und hob erneut sein Glas.
Jetzt galt es, einen kühlen Kopf zu bewahren.
»Ich habe nur um einen kleineren Kredit gebeten, der mir im Augenblick sehr gelegen käme.«
Hatte er sich besonnen genug und wohlartikuliert ausgedrückt? Ja, das hatte er.
Der Baron verlor erneut die Beherrschung und ließ sich zu einer unbedachten Äußerung hinreißen: »Sie begehren also kurz und gut fünfzehntausend norwegische Kronen! Das kann ich sehr gut verstehen im Hinblick darauf, dass Ihr Saldo bei Bergens Privatbank nur achthundert Kronen beträgt, also gerade einmal hundert Mark! So viel haben Sie also in Ihren ersten Jahren als Diplomingenieur erreicht, trotz der glänzenden Angebote. Angebote, die ich, das muss ich zu meiner Schande gestehen, selbst angeregt habe. Das ist, gelinde gesagt, ziemlich dreist!«
»Das ist eine Frage der Ehre.«
»Das kann ich respektieren. Aber ein Ehrenmann zu sein kann einen teuer zu stehen kommen. Manchmal zu teuer. Sie haben etwas bei mir gut, bitten Sie mich um etwas anderes als Ingeborg!«
Lauritz erhob sich und setzte seinen Weg fort.
Wenn er weiter so trödelte und ständig Pausen einlegte, würde er vermutlich erst gegen Mitternacht zu Hause eintreffen. Die Sommernächte wurden bereits dunkler, aber dafür war das Wetter klar, und der Mond schien. Der neue Stern im Perseus verblich mit jedem Jahr mehr und würde vielleicht bald nicht mehr zu sehen sein.
So hatte er also die zweite Gelegenheit vergeben, sich bei Horneman & Haugen einzukaufen. Aber worum hätte er
sonst bitten sollen? Um die Ehre, noch einmal neben dem Mann am Ruder sitzen zu dürfen, um diesem zu erklären, wann gewendet oder aufgefiert werden musste? Nein, darum musste eher der Baron ihn bitten.
»Dann möchte ich Sie etwas anderes fragen«, hatte er entschuldigend, möglicherweise vorgetäuscht unterwürfig, vorgebracht. »Wie können Sie wissen, Herr Baron, dass ich achthundert Kronen auf meinem Konto bei Bergens Privatbank habe?«
Die Frage traf den Baron wie eine Ohrfeige. Es war ihm deutlich anzusehen, dass ihm bewusst wurde, dass er sich verplappert hatte.
»Noch einmal, mein junger Herr Meistersegler«, begann er langsam und nicht mehr ganz so verkniffen. »Niemand hört uns zu, wir unterhalten uns unter vier Augen, nicht wahr? Ich tätige große Geschäfte mit Bergens Privatbank. Wie Sie wissen, stehe ich dem Kaiser recht nahe und … tja, ich habe ihn sehr ermuntert, eine große, über zwanzig Meter hohe Frithjof-Statue bei Vangsnes am Sognefjord errichten zu lassen. Das ist eine große Sache, sowohl politisch als auch finanziell. Ich verlasse mich also auf Ihre Diskretion. Daher verfüge ich über gute Kontakte zu Bergens Privatbank. Der Kaiser hat mir nämlich die Durchführung dieses wunderbaren Projekts anvertraut. Meine Absichten waren ganz simpel. Sie sollten den Besitz Ihrer Mutter beleihen, ich hätte diese Schuld erworben. Damit wäre das Problem Ihrer Hinterherrennerei hinter Ingeborg gelöst. Wir hätten uns hier und jetzt einigen können. Das ist die einfache, wenn auch nicht sonderlich charmante Wahrheit.«
Lauritz zweifelte nicht an der Aufrichtigkeit des Barons.
Dann hatte seine Frisur bei der Verhandlung mit dem widerwärtigen kleinen Chefprokuristen Mathiesen von Bergens Privatbank also keine Rolle gespielt, da dieser sowohl vom Kaiser als auch vom Baron gekauft gewesen war.
Dem hatte Lauritz nichts hinzuzufügen, die übrigen Fragen hatten sich erübrigt, er hatte sich nur noch darum bemühen können, das Thema zu wechseln.
»Warum in aller Welt wollen Sie eine Frithjof-Statue bei Vangsnes errichten?«, fragte er, um dem Baron und sich weitere Peinlichkeiten zu ersparen.
»Herrschaftszeiten, das müssten Sie als
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