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Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Titel: Die Brückenbauer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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hatte. Er wurde als der führende Experte für Brückenbauten der Eisenbahngesellschaft bezeichnet. Lauritz traten Tränen in die Augen, als er das las.
    Auf einem weiteren Foto war er vor einigen aneinandergeketteten Negern zu sehen, Kannibalen, die die Eisenbahnbaustelle überfallen hatten. Den ganzen Angriff hatte Oscar mehr oder weniger allein abgewehrt.
    Trotzdem wurde deutlich, dass Oscars hauptsächliche Arbeit im Brückenbau für die Eisenbahn bestand. Er lebte. Offenbar lebte er ein hartes, aber gesundes Leben in Afrika.
    Oscar hatte sich seiner Pflicht entzogen, das war nicht zu leugnen. Aber diese Flucht hatte nichts mit Habgier zu tun, denn auch in Afrika wurde man nicht reich vom Eisenbahnbau. Wer die Zivilisation nach Afrika brachte, war nicht zu tadeln, sondern vollbrachte eine gute Tat.
    Aber wieso hatte er nie von sich hören lassen? Nicht einmal Mutter hatte er mitgeteilt, wo er sich aufhielt und dass er keine Not litt. Dass sich Sverre über sein Tun und Lassen in London ausschwieg, war gut zu verstehen. Aber Oscar?
    Sollte er Oscar schreiben? Die Adresse lag auf der Hand: die Eisenbahngesellschaft in Daressalam. Natürlich würde er schreiben. Nur was?
    Den letzten Kilometer zum Ingenieurshaus dachte er eingehend darüber nach, wie er seinen Brief an Oscar formulieren sollte, ohne ihm allzu viele Vorwürfe zu machen.
    Es war kalt im Haus, da einige Tage lang nicht geheizt worden war. In der Speisekammer hing eine geräucherte Hammelkeule, die man sofort sah, wenn man die Tür öffnete. Während er im Erd-und Obergeschoss einheizte, begann er über die Unterschiede zwischen den Brüdern nachzugrübeln.
    Hatte die Wahl ihrer Freizeitbeschäftigungen in Dresden etwas Schicksalhaftes gehabt? Oscar hatte sich jene Fähigkeiten angeeignet, die ihm in Afrika wahrscheinlich am meisten nützten, er hatte sich den Scharfschützen angeschlossen. Ihm selbst hatte das Velodrom zu Beinmuskeln und einer beachtlichen Lungenkapazität verholfen, die auf der Hardangervidda sehr wichtig waren.
    Nein, Sverre passte nicht in dieses Schema. Oder hegten alle Päderasten eine besondere Vorliebe für die Oper? Solches Gerede hatte er immer als Verleumdung der Opernkunst abgetan.
    Er hängte die Daunendecke vor den offenen Kamin im Obergeschoss, um sie anzuwärmen. Es war ein fast feierliches Gefühl, sie zum Bett zu tragen, sich nackt auszuziehen und hineinzuschlüpfen.
    Jetzt!
    Jetzt endlich war es so weit, jetzt gab es nur noch Ingeborg. Sollte er sich sofort den verbotenen, göttlichen und himmelstürmenden Gedanken hingeben? Nein, er wollte es lieber in die Länge ziehen, sich erst noch einmal die fantastische, um nicht zu sagen dreiste Intrige in Erinnerung rufen, die sie in Kiel gesponnen hatte.
    Er hatte in der Mitseglermesse gesessen und Zeitung gelesen, betrübt über die vielen Hindernisse, die sich auftürmten, sobald er nur ein paar Worte mit ihr wechseln
wollte. Der Baron bewachte sie wie ein Drache seinen Goldschatz.
    Da erschien ein Dienstmädchen und überreichte ihm auf einem silbernen Tablett einen kleinen Umschlag.
    »Ein Billett für Herrn Diplomingenieur Lauritzen«, sagte sie mit einem Knicks und verschwand ebenso rasch wieder mit gelangweilter Miene. Das Ganze wirkte völlig selbstverständlich, niemand verzog eine Miene oder schaute von seiner Zeitung auf.
    Er hielt einen kleinen Umschlag aus Leinenpapier mit Ingeborgs Monogramm in diskretem Prägedruck auf der Rückseite in der Hand. Sein Puls beschleunigte sich, als er mit gespielter Gleichgültigkeit den Umschlag öffnete.
    Kurz und bündig hatte Ingeborg ihren Plan skizziert und schloss mit der ironischen Bemerkung: »Die List der Frau übertrifft den Verstand des Barons.«
    Der Plan war in der Tat listig. Aber es war die Liebe und sonst nichts, die den Verstand des Barons überwand.
    Lauritz war unerträglich nervös, als er auf seinem Bett in seinem winzigen Hotelzimmer lag und wartete. Die Zeit kroch voran. Immer wieder stand er auf und überprüfte alles von Neuem, was wahrhaftig nicht viel war. Eine Karaffe Sherry, zwei Gläser, eine Vase mit roten Rosen.
    Pünktlich, eine Viertelstunde nach Beginn des kaiserlichen Abschlussbanketts, klopfte es wie angekündigt dreimal kurz und einmal lang.
    Ihm wurde schwindelig, als er aus dem Bett aufstand, er glaubte fast, ohnmächtig zu werden, und schwankte leicht, als er auf die Tür zutrat, um zu öffnen.
    Ingeborg war nicht allein. Neben ihr standen ihre Freundin Christa und Christas Kammerzofe

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