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Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Titel: Die Brückenbauer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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erhalten, um in der Hauptstadt der Barundi für das Volk dieses Namens eine Missionsschule einzurichten, in der auf Deutsch und Swahili unterrichtet wurde.
    Dadurch bekam Mkal die Möglichkeit, sich anders zu orientieren, falls er doch nicht Fischer, Jäger oder Krieger werden wollte. Deutschsprachig und getauft (zumindest pro forma), würde er ohne Weiteres eine der beiden höheren Knabenschulen in Dar besuchen können. Während der Schulzeit könnte er in dem Haus wohnen.
    Weiter brauchte er in Afrika nichts zu planen. Blieben nur noch seine Verfügungen für Europa, genauer gesagt für Norwegen. Sein Barvermögen bei der Filiale der Deutschen Bank in Dar schien unfassbar groß, bis er es in Pfund umrechnete, was er sich durch den Umgang mit Mohamadali angewöhnt hatte, der mit seinen Brüdern die Direktion auf britischem Territorium unterhielt.
    Ihm standen, nach dem Verkauf seiner Aktien an Mohamadali, knapp 130 000 Pfund zur Verfügung. Die eine Hälfte dieses Geldes sollte auf sein eigenes Konto bei Bergens Privatbank, die andere Hälfte auf das Konto von Lauritzen & Haugen überwiesen werden.
    Er las seine Anweisungen noch einmal durch, unterschrieb, klebte den Umschlag aus dickem Leinenpapier zu und adressierte diesen an Bankdirektor Würzelstein.
    Vollbracht, dachte er, wurde unruhig und griff zu seiner Taschenuhr. Bald würde Aisha Nakondi kommen und seine logisch fundierte Entschlossenheit umnebeln. Das durfte dieses Mal nicht geschehen.
    Er klingelte mit der Messingglocke, und Hassan Heinrich eilte sofort herbei. Er hielt eine weitere beschlagene Silberkaraffe mit Wasser in der Hand, dieses Mal mit dem passenden Glas.
    »Der Brief eilt, er muss Direktor Würzelstein erreichen, bevor die Bank schließt«, befahl Oscar und streckte die Hand nach dem Wasserglas aus. Er war erneut unerträglich durstig geworden und bemerkte kaum, wie Hassan Heinrich davoneilte.
    Es dämmerte. Die Dienstmädchen hatten im Zelt Licht angezündet und Essen und Wein aufgetragen. Bald würde sie da sein.
    Oscar starrte in die Dunkelheit und überdachte noch einmal seine Verfügungen. Mahagoni würde nicht mehr so mühelos zu bekommen sein. Auch mit der Elefantenjagd ging es bergab, mittlerweile durfte man nur noch vier Elefanten pro Jahr schießen. Somit war es mehr als ein Freizeitvergnügen für Touristen denn als Geschäft zu betrachten. Diese Einnahmen fielen also weg.
    Er besaß knapp 10 000 Pfund in bar sowie je zehn Prozent der Eisenbahn und des Handelshauses Lauritzen & Jiwanjee. Dazu das Haus. Das war für Afrika mehr als ausreichend. Er war geflohen, konnte aber trotzdem bleiben. Oder war er geblieben und hatte seine Flucht nur
vorbereitet? Oder hatte er gerade eben seine Flucht abgeschlossen? Jener verzweifelte Frühsommertag, als er auf den Zug nach Hamburg aufgesprungen und von dort nach Genua weitergereist war, erschien ihm jetzt so fern, als hätte er sich in grauer Vorzeit zugetragen. Wie die panische Überreaktion eines entfernten Verwandten, der ihm sehr ähnlich war, aber jünger und kindischer, ganz von Sturm und Drang erfüllt. Seine Liebe zu der Betrügerin kam ihm vor, als hätte er allein in einem Rettungsboot auf einem stürmischen Meer gesessen. Dieses Bild gab am besten seine damalige Gemütsverfassung wieder. Seine Liebe zu Aisha Nakondi war, wie zwischen Schirmakazien über die Savanne in die flirrende Hitze zu blicken, die die Hälfte von allem, was man sah, in Trugbilder verwandelte, in denen die Wirklichkeit in einer Mischung aus Zweifel und Wunschdenken zerfloss. Eben glaubte man noch, den Menschen in Afrika Gutes zu tun, dann plötzlich tötete man rücksichtslos das Tier, das einen Mann reich machen konnte, den Elefanten. Auf nichts war in Afrika Verlass. Bilder zogen durch seinen Kopf. Er hatte die Savanne in großer Hitze vor sich liegen sehen und Hunderte toter und sterbender Elefanten, deren Stoßzähne von Haut und Fleisch gereinigt wurden, und beobachtet, wie die kongolesischen Elefantenjäger geschickt ihre Hand in die Zähne steckten und mit wenigen drehenden Bewegungen die rosa Pulpa herauszogen und fortwarfen. Zwischen all diesen Bildern tauchte immer wieder Aisha Nakondi auf.
    Jetzt trat sie aus dem Haus, ihr weißes Lächeln leuchtete im Abenddunkel. An der Hand hielt sie Mkal. Sie trug ein weißes europäisches Kleid, das ihr ein Stück über die Knie reichte. Sie hatte es am Hals nicht zugeknöpft und trug
auch keine europäische Unterwäsche, sodass ihr schöner Körper sich unter

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