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Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Titel: Die Brückenbauer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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und auf ebenen Wegabschnitten schnallte er die Skier wieder an. Schließlich wurde er immer kühner und erprobte sich auch an steileren Hängen. Bis er sich in seine Skier und Stöcke verhedderte und in einer Wolke aus aufgewirbeltem Schnee liegen blieb. Der Rucksack lag glücklicherweise oben. Er stellte fest, dass er sich nichts gebrochen hatte und dass die Whiskyflaschen
heil geblieben waren. Aber die Sonnenbrille mit den blauen Gläsern war ihm vom Kopf gerutscht, und er brauchte ziemlich lange, bis er sie gefunden hatte.
    Als er den Bauplatz unten bei der Baracke erreichte, waren die Flächen für die Brückenpfeiler bereits so gut wie schneefrei, und der Räumtrupp war inzwischen ein gutes Stück von der Baracke entfernt. Wahrscheinlich schaufelten sie einen Weg zu dem Steinbruch frei, von dem Johan Svenske gesprochen hatte.
    Er fuhr auf die Männer zu, hielt inne, rief und winkte mit den Skistöcken. Der Mann mit dem großen grauen Schlapphut, zweifellos der Vormann, stieß seine Schaufel in den Schnee und ging auf die Baracke zu. Lauritz fuhr voraus.
    Beim Eintreten stampfte sich Johan Svenske den zuckerartigen Schnee von den Stiefeln. Lauritz saß bereits mit den beiden Whiskyflaschen und den Plänen am Tisch.
    »Wollt ihr den ganzen Weg zum Steinbruch räumen?«, fragte Lauritz. »Sagten Sie nicht, das seien fünfhundert Meter?«
    »Durchaus«, antwortete der Vormann und warf seinen Hut neben die Zeichnungen auf den Tisch. »Aber wir können schließlich nicht hier rumsitzen und Däumchen drehen, bis der Frühling seine Arbeit tut, denn dann wird nichts aus dem Akkord.«
    »Auf den Frühling ist hier oben ohnehin kein Verlass, oder?«
    »Nein, wirklich nicht. In zwei Tagen haben wir den Steinbruch erreicht. Dann fällt wahrscheinlich über Nacht wieder ein Meter Schnee, und wir müssen von vorn anfangen. Danke für den Whisky. Am Montag brauchen wir Dynamit.«
    »Wie viel?«, fragte Lauritz unsicher.
    »Zehn Kilo braucht es schon, um den Steinbruch zu öffnen und den Grund für die Pfeiler zu ebnen. Den Rest erledigen wir mit der Hand, mit Hammer und Stemmeisen.«
    »Dann bringe ich am Montag Dynamit mit«, erwiderte Lauritz, als sei das vollkommen selbstverständlich. In Wirklichkeit hatte er keine Ahnung, wie die Gepflogenheiten aussahen, wo man das Dynamit bezog, wie es geliefert wurde und wer es quittierte. Er konnte es nur vermuten. Der Vormann schien zu erwarten, dass er lieferte. Wurde das Dynamit im Ingenieurshaus aufbewahrt? War das nicht sehr riskant? Vielleicht lagerte es ja in einem ehemaligen Vorratsschuppen, der etwas entfernt von den anderen Gebäuden in Nygård stand? Oder ganz woanders. Wie auch immer. Johan Svenske hatte nicht weiter auf die Information reagiert, dass er das Dynamit persönlich liefern wollte. Zehn Kilo Dynamit im Rucksack! Offenbar wurde es so gehandhabt.
    Lauritz zog seine neuen Zeichnungen hervor, auf denen deutlicher zu sehen war, wie die größten Blöcke des Brückenbogens und das Gerüst aussehen sollten. Johan Svenske studierte die Zeichnungen mit gerunzelter Stirn. Etwas schien ihm nicht zu passen. Lauritz tat sein Bestes, sich seine Unsicherheit nicht anmerken zu lassen. Er konnte sich nicht verrechnet haben, obwohl er sehr müde gewesen war, als er am Vorabend ins Büro getaumelt war. Irgendetwas schien dem Vormann jedoch zu missfallen.
    »Ich muss Ihnen sagen, Herr Ingenieur, dass das gar nicht schlecht aussieht, überhaupt nicht«, begann der große Mann und kratzte sich seinen buschigen Bart. »Sie wissen
wirklich, wie man eine Brücke baut, Herr Ingenieur. Aber das weiß ich auch, und was Sie zeichnen, Herr Ingenieur, sehe ich vor Ort vor mir. Das hier wird meine sechzehnte Steinbrücke.«
    »Ich verstehe«, erwiderte Lauritz abwartend, obwohl er überhaupt nichts verstand.
    »Dann sind wir uns also einig?«, meinte Johan Svenske nach langem Schweigen.
    »Einig worüber?«, fragte Lauritz, weil er nicht länger so tun konnte, als begreife er, was er nicht begriff.
    Johan Svenske starrte auf den Tisch und lächelte. Er hatte verstanden.
    »Sie sind ja neu hier, Herr Ingenieur«, sagte er freundlich mit leiserer Stimme. »Die Verbesserung des westlichen Brückenpfeilers, die Sie gezeichnet haben, ist wirklich sehr gut, das war mir sofort klar, als ich sie gesehen habe. Darin sind wir uns also von Anfang an einig, und das ist nicht das Schlechteste. Aber wir sind uns auch darin einig, dass Sie sich um den Theodoliten kümmern und dass ich baue. Umgekehrt würde

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