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Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Titel: Die Brückenbauer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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unterstrich noch einmal die Bedeutung guter Vorbilder für den germanischen Einsatz bei der Verbreitung der Zivilisation in Deutsch-Ostafrika.
    Die Blaskapelle spielte ein weiteres Mal »Die Wacht am Rhein«, und alle erhoben sich und standen stramm. Damit war das Fest zu Ende.
    Der nächste Morgen war hart. Oscar konnte seinen Rausch nicht ausschlafen, da er wie im Busch vor Sonnenaufgang wach wurde. Feuchtfröhliche Abende und auch Nächte hatte er in Dresden etliche mitgemacht, und etwas Weißbier machte ihm eigentlich nichts aus. Aber vielleicht passte Bier einfach besser zum kühlen Klima des Nordens als in den Süden? Da fiel ihm wieder ein, dass sie zum Schluss noch einige Schnäpse getrunken hatten. Und das war in Afrika vermutlich genauso fatal wie in Deutschland.
Er stand auf und ging zu seinem nummerierten privaten Spind, um Kleider und Toilettenartikel, Rasiermesser, Bürste und Seife zu holen. Jeder Angestellte hatte einen eigenen Spind, der in den Keller getragen wurde, sobald man wieder ins Lager fuhr. Beim nächsten Besuch im Gasthaus fand man ihn wieder in dem Zimmer vor, das einem zugeteilt wurde.
    Er fuhr mit der Hand über das glänzend braune Holz des Schranks. Mahagoni, zweifellos aus deutscher Herstellung. Er kannte diese Art von Schlössern und Messingbeschlägen.
    Er suchte eine Weile und fand auf der Unterseite des Schranks den Firmennamen. Eine Fabrik in Frankfurt am Main. Das entbehrte nicht einer gewissen Komik. Laut Dr. Ernst kam Mahagoni vorwiegend aus Nordamerika. Amerikanische Arbeiter hatten die Bäume für diesen Schrank gefällt und zu Brettern zersägt. Anschließend waren diese über den Atlantik nach Rotterdam oder Hamburg verschifft worden. Eine Firma in Frankfurt hatte die Bretter gekauft und daraus Schränke hergestellt, die sie wiederum nach Deutsch-Ostafrika verkauft hatte!
    Am Bahnhof stand nun eine ganze Ladung Mahagoni, die zwei Tage lang ohne Zusatzkosten transportiert worden war. Er zuckte mit den Achseln und begann, sein Rasiermesser an einem Lederriemen zu schärfen.
    Nach einem ausgiebigen Frühstück im kleinen Speisesaal des Gasthauses, das aus Roggengrütze, Eiern mit Speck und Kaffee bestand, unternahm er in einfacher Khakikleidung und normalen Schuhen statt Stiefeln, aber mit dem breitkrempigen Hut auf dem Kopf einen Spaziergang. Es bestand keine Veranlassung, sich vor dem Mittagessen formell zu kleiden.
    Wie immer, wenn er in Dar war, lenkte er seine Schritte
zum Hafen. Das Meer und Schiffe übten immer eine besondere Anziehung auf ihn aus. Es herrschte Hochwasser, die dickbauchigen Schiffe, die Dhaus , lagen am Kai und wurden be-und entladen. Verschifft wurden Sisalballen, Kopra und vereinzelte Elefantenstoßzähne. Möbel, Baumwollstoffe und Kisten mit Glasperlen wurden entladen. In Deutschland war eine ganze Glasperlenindustrie entstanden, da sie das begehrteste Zahlungsmittel in Ostafrika darstellten. Schweißglänzende Rücken in der Sonne, hart arbeitende Männer, an dem Gerücht von den faulen Afrikanern war wirklich nichts dran.
    Die Afrikaner besaßen keine Ausbildung und waren europäisches Werkzeug nicht gewohnt. Deswegen konnten sie trotzdem arbeiten. Sie handhabten ihre Seile und Pangas , die Buschmesser, die sie für alles Mögliche verwendeten, mit großem Geschick.
    Mühsam beim Eisenbahnbau war vor allen Dingen, dass die Arbeiter ungefähr so schnell an Malaria starben, wie ihre Ausbildung dauerte.
    Von Neuem machte er sich die enorme Bedeutung der Entdeckungen Dr. Ernsts klar, nicht nur für den Eisenbahnbau, sondern für jede organisierte Tätigkeit in dem bislang unzugänglichen Herzen Afrikas. Damit ließ sich die Zahl geologischer Forschungsexpeditionen vervielfachen. Schließlich musste das afrikanische Gold irgendwo herkommen.
    Die ersten Fischerboote, Auslegerboote, die mithilfe von Paddeln oder eines Lateinsegels vorwärtsbewegt wurden, waren auf dem Weg in den Hafen. Er liebte den Geruch von frischem Fisch, vielleicht weil er ihn an seine Kindheit und sein eigentliches Zuhause erinnerte. Kein Fisch in Afrika duftete so wunderbar wie Dorsch, aber oft
waren die Fische viel schöner. Bei manchen lief einem das Wasser im Mund zusammen, etwa bei der blauen Variante der Meerforelle. Sie schmeckte wie eine Mischung aus Seewolf und Seeteufel. Die Garnelen hatten allerdings trockenes Fleisch und schmeckten holzig, obwohl sie viel größer waren als ihre norwegischen Verwandten.
    Er schwitzte stark, was nichts mit der Hitze zu tun hatte, die

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