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Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Titel: Die Brückenbauer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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hatte es etwas Gemütliches, wenn der Wind um die Hausecken pfiff und es im Gebälk knarrte. Sie hatten sich während des ewig langen Unwetters seit Weihnachten daran gewöhnt. In den drei stillen Nächten war es ihnen regelrecht schwergefallen, zu schlafen, aber jetzt war also alles wie immer.
    Schneesturm hin oder her: Sie mussten mit ihren Messgeräten in den Tunnel. Die Haustür ließ sich, wie befürchtet, nicht mehr öffnen, ihr beharrlicher Einsatz mit den Schneeschaufeln war somit sinnlos gewesen. Wie immer mussten sie das Haus durch das Fenster im Obergeschoss verlassen.
    Ein wütendes Unwetter war also erneut über sie hereingebrochen, aber nicht so schlimm, dass sie nicht vorwärtsgekommen wären. Bis zur Tunnelbaustelle waren es nur knapp zwei Kilometer, und als sie den Windschatten des Hauses verließen, hatten sie den Wind im Rücken und segelten buchstäblich den Hang hinauf.
    Schlimmer war, dass der Eingang des Schneetunnels eingestürzt war. Man sah nicht einmal mehr, wo er gewesen war, der Schneesturm hatte alle Spuren beseitigt. Bis zum Eingang der Wendeltreppe des Lüftungskamins waren es vielleicht zweihundert Meter. Der Eingang war mit einer Holztür verschlossen, und der Schornstein aus Zementfässern ragte ein gutes Stück über den Schnee auf und war nicht zu verfehlen. Mit den Händen gruben sie nach der Tür, gingen die Wendeltreppe hinunter und zündeten ihre Grubenlampen an.
    Im Tunnel trafen sie die letzten Arbeiter, die von der Schicht kamen, und der Vormann Ole Lænes wollte wissen, wie draußen das Wetter sei. Nach dem Pfeifen im Schornstein
der Baracke zu urteilen, habe es wohl wieder aufgefrischt. Falls sie nach den Messarbeiten nicht nach Hause kämen, waren die Herren Ingenieure herzlich eingeladen, in der Arbeiterbaracke zu übernachten. Sie bedankten sich und sagten, dass sie das später entscheiden wollten, wenn sie wieder aus dem Ventilationsschacht kamen.
    Sie verbrachten einige Stunden mit Kontrollmessungen und schrieben ein paar Anweisungen für den Vormann der nächsten Schicht. Dann packten sie ihre Ausrüstung wieder ein und begaben sich zum Lüftungsschacht. Im Schneetunnel war zunehmend schwer voranzukommen, weil überall Abraum lag. So war es immer am Ende des Winters, bevor man das, was man weggesprengt und weggehackt hatte, abtransportieren konnte.
    Sie ließen ihre Instrumente ordentlich in Sackleinen verpackt im Lüftungsschacht zurück und kletterten ins Freie.
    Als sie die Luke über der Wendeltreppe aufklappten, sahen sie sofort, dass das Unwetter schlimmer geworden war. Sie zogen ihre Kapuzen über, setzten ihre Schneebrillen auf und diskutierten gegen den Wind anbrüllend, ob es der Mühe wert sei, sich zur eigenen Baracke zu begeben, oder ob sie das Ende des Unwetters bei den Arbeitern abwarten sollten. Sie kamen zu dem Schluss, dass sie dort vermutlich sehr lange warten müssten. Außerdem würde Estrid unruhig werden, wenn sie sie allein ließen. Überdies waren es nur zwei Kilometer bis nach Hause. Sie sahen so gut wie nichts, konnten sich aber auf ihren Kompass verlassen. Nein, sie wollten nach Hause!
    Die Diskussion führten sie einander zugewandt, auf den Knien und schreiend. Vermutlich sahen sie aus wie zwei bellende Hunde. Als sich Daniel erhob, um zu seinen Skiern
und Stöcken zu greifen, wurde er vom Sturm sofort wieder zu Boden gerissen. Er schlitterte einige Meter weit über das Eis, ehe er resolut einen Stock in den Schnee hieb, um sich zu verankern und zu Lauritz zurückzukriechen. Er rief, dass sie die Skier hinter sich herziehen und auf dem Eis kriechen müssten.
    Wenig später krochen sie im Sturm auf der Eiskruste, über die der Schnee getrieben wurde, dahin. Daniel vorweg, Lauritz direkt hinter ihm, die Skier an einer Bugsierleine hinter sich herziehend. Es zeigte sich bald, dass sie so unmöglich vorankamen, unter diesen Wetterverhältnissen wurden zwei Kilometer endlos. Sie versuchten sich aufzurichten und vornübergebeugt gegen den Sturm anzukämpfen, aber die nächste Bö warf sie um, und sie taumelten auf dem eisigen Schnee etliche Dutzend Meter zurück.
    Erneut beratschlagten sie schreiend und kamen zu dem Schluss, dass ihre Skier sie nur aufhielten. Sie wussten aber nicht, wo sie sie unterstellen konnten, da ihnen nicht klar war, wie weit sie sich inzwischen vom Luftschacht entfernt hatten. Sie nahmen ihre Skier ins Schlepptau, und Lauritz übernahm die Führung, da er den besseren Kompass mit einer mit Leuchtstoff präparierten

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