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Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Titel: Die Brückenbauer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Fall, dass die Eisenbahngesellschaft früher oder später bemerkte, welche Einnahmen ihr entgingen, und alle mündlichen Versprechen zurücknahm.
    Welchen Vorteil aber hatte die Handelsgesellschaft Karimjee & Jiwanjee, obwohl ihr nur dreißig Prozent der Aktien der gemeinsamen Firma gehörten?
    Sie hatten endlich einen Fuß in Deutsch-Ostafrika, und das war einiges wert.
    Sie mussten es wissen. Zu diesem Schluss kam Oscar. Sie unterhielten Handelsverbindungen in die ganze Welt, überwiegend wurden Gewürze, Kopra und Elfenbein verkauft, und bald also auch Mahagoni.
    Die neu gegründete Firma sollte Lauritzen & Jiwanjee heißen. Das gesamte Mahagoni und sämtliches Elfenbein, dessen Oscar in Zukunft habhaft wurde, würde auf diesem Weg veräußert werden. Die Eisenbahngesellschaft dürfte
sehr zufrieden sein und damit auch die deutschen Behörden in Dar.
    Die Geschäfte waren rasch geregelt. Die restliche Zeit auf Sansibar verbrachten Mohamadali und Oscar damit, sich die Insel und die Architektur anzusehen, gut zu essen und eiskaltes Wasser zu trinken.
    Der Sultan, der inzwischen britischer Untertan war – oder Partner, Kollaborateur und Gefangener –, besaß, um zu seinem Sommerhaus zu kommen, eine eigene Schmalspurbahn, die lange vor sämtlichen deutschen Eisenbahnen in Afrika gebaut worden war.

IX
LAURITZ
    Finse/Bergen/Frøynes, Dezember 1902 bis Juni 1903

    An der zweiten Weihnacht in Finse kam er nicht nach Hause zu seiner Mutter nach Osterøya. Das war unmöglich. Nicht einmal der Briefträger kam durch. Der Schneesturm hatte begonnen, als er sich am 23. Dezember auf den Weg machen wollte, und hörte bis März nicht auf. An keinem einzigen Tag war schönes Wetter.
    Zwei Ingenieure in Finse, das war einer zu viel. Die einzigen Arbeiten, die im Winter verrichtet werden konnten, waren die Sprengungen im Torbjørnstunnel. Im Sommer hatte Daniel Ellefsen den Bau eines zweihundert Meter langen Schneetunnels geleitet, der bis zum Berg führte, dorthin, wo der richtige Tunnel beginnen sollte. Der mit Balken und Brettern gestützte Schneetunnel war zehn Meter länger als der eigentliche Tunnel durch den Berg, aber eine andere Methode, dieses Problem zu lösen, war weder Daniel noch Lauritz eingefallen. Der Tunnel im Berg war noch zu kurz, um die weggesprengten Steinmassen darin zu lagern, also mussten sie in den Schneetunnel transportiert werden.
    Für die beiden Arbeitertrupps in der Baracke stellte der
Schnee kein größeres Problem dar. Ihre Behausung war komplett eingeschneit, nur der schwarze Schornstein ragte hervor. Sie hatten jedoch einen eigenen Transporttunnel unter dem Schnee gegraben, direkt von der Baracke zum Anfang des Torbjørnstunnels. Einziges Problem bei der Arbeit war die Ventilation.
    Nach jeder Sprengung im Tunnel dauerte es bis zu einer Stunde, bis die Rauchgase durch den langen Schneetunnel abgezogen waren. Vorher konnte niemand in den Tunnel zurückkehren. Einer der Arbeiter wäre beinahe an den Gasen gestorben. In letzter Minute hatten sie ihn hinaus an die frische Luft getragen.
    Lauritz, dem das Nichtstun schwer zu schaffen machte, setzte sich an den Zeichentisch im Obergeschoss. Dort war vor den Fenstern der Schnee weggeschaufelt, damit man zumindest einige Stunden Tageslicht hatte. Auch die Ingenieursbaracke war völlig eingeschneit.
    Theoretisch war das Problem einfach. Es musste ein Luftschacht von der Mündung des Torbjørnstunnels nach oben durch den achtzehn Meter tiefen Schnee gegraben werden. Anfänglich erschien ihm das unmöglich. Grub man den Schacht so steil wie möglich, also in einem Winkel von 45 Grad, würde er so lang werden, dass er keine Wirkung mehr hatte. Einen Kanal senkrecht zu graben war praktisch unmöglich. Außerdem würde diese schornsteinähnliche Konstruktion recht bald von den Bewegungen innerhalb der Schneemassen zusammengedrückt werden.
    Er löste das Problem schließlich recht simpel, glaubte er zumindest. Im Schneetunnel lagen unzählige leere Zementfässer. Entfernte man ihren Boden und montierte man sie aufeinander, ergab das einen funktionierenden Schornstein.
Optimistisch erklärte er das seinem Kollegen, der nicht sehr begeistert war und jede Menge Einwände vorbrachte. Es sei schwierig, im Schnee senkrecht nach oben zu graben. Noch schwieriger sei es umgekehrt. Außerdem besäßen Fässer, die einfach aufeinandergestapelt würden, keinerlei Stabilität.
    Lauritz kehrte gekränkt an seinen Zeichentisch zurück. Am nächsten Abend glaubte er, das

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