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Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Die Brückenbauer: Roman (German Edition)

Titel: Die Brückenbauer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Problem gelöst zu haben.
    Man würde von unten eine Wendeltreppe mit Stufen aus Brettern um die aufeinandergestapelten Fässer graben. So würde die ganze Konstruktion durch die spiralförmige Schneewand, die den Fässerstapel umgab, stabilisiert werden.
    Misstrauisch betrachtete Daniel Ellefsen Lauritz’ Skizze und schien erst weitere Einwände vorbringen zu wollen. Dann hellte sich seine Miene plötzlich auf, und er meinte, dass diese Idee in der Tat funktionieren könne. Er sähe jedenfalls keinen Grund, warum es nicht gehen sollte.
    Nach drei Tagen war die Konstruktion fertig. Durch die vereisten und mit Sand vermischten untersten Schneeschichten, die gut und gern Zehntausende von Jahren alt sein mochten, war es nur langsam aufwärtsgegangen. Je weiter sie nach oben gekommen waren, desto leichter war es geworden, und die letzten acht Meter hatten sie an einem Tag bewältigt. Die Ventilation funktionierte vermutlich aufgrund des Temperaturunterschieds besser, als sie zu hoffen gewagt hatten. Im Berg war es sommers wie winters, auch wenn oben Frost herrschte, immer 18 Grad warm. Die warme Luft unten erzeugte einen Sog nach oben.
    Was sie beim Schornsteinbau an Arbeitsstunden verloren
hatten, würden sie mühelos wieder hereinholen, da sich die Wartezeit nach Sprengungen auf weniger als die Hälfte reduzierte. Außerdem war die Luft im Stollen besser geworden, was nicht zu unterschätzen war. Die Arbeiter hatten, bis sie neue Aufgaben an der frischen Luft in Angriff nehmen konnten, noch zwei Monate ihrer Maulwurfexistenz vor sich.
    Während einiger Tage im März hatte es den Anschein, als würde sich der Schneesturm, der bereits drei Monate gewütet hatte, legen. Ihre Zeit in Gefangenschaft schien endlich vorüber zu sein, und nicht nur ihre. Die Köchin Estrid hatte die Baracke in der gesamten Zeit nicht verlassen, von ihren kurzen Spaziergängen in den Schneetunnel zum Kohlevorrat einmal abgesehen.
    Lauritz und Daniel waren zumindest gelegentlich auf Skiern zum Tunnel gefahren, um Kontrollmessungen vorzunehmen. Sie verließen das Haus durch das Fenster im Büro, das vier Meter über dem Boden lag. Hier steckten auch ihre Skier im Schnee.
    Drei Tage lang schaufelten sie das Küchenfenster und die Haustür frei, damit sich Estrid nicht in ständiger Dunkelheit aufhalten musste. Das war eine monotone und schwere Arbeit, aber sie hatten ohnehin nichts Besseres zu tun. Lauritz las Shakespeares gesammelte Werke und Georg Brandes’ gelehrten Kommentar dazu bereits zum zweiten Mal. Daniel vertrieb sich die Zeit mit einem Konversationslexikon und war bereits beim Buchstaben E angekommen. Sie scherzten, dass Daniel sich nach Aneignung des gesamten Wissens des Nordisk Familjebok als gebildeter Mann bezeichnen könnte, der ein wenig über alles wusste. Das Problem war, dass man sich bei der Lektüre leicht in Details
verlor. Trotzdem ließ sich die eine oder andere Erkenntnis gewinnen, beispielsweise berichtete Daniel, wie Frithjofs Wikingerschiff geheißen hatte, nämlich Ellida . Das war ein isländischer Frauenname.
    Lauritz hatte an einem Abend von seiner Traumprophezeiung erzählt, wie er die optimistische Illusion nannte, dass er irgendwann einmal auf einem schönen, in seinem Besitz befindlichen Segelboot segeln würde, Ingeborg neben sich im Cockpit. Dieses Segelboot sollte entweder nach der Frau des Meeresgottes Ægir oder nach Frithjofs Wikingerschiff benannt sein, dessen Name er zwischenzeitlich vergessen hatte.
    Der Name Ellida enttäuschte ihn. Sie waren sich einig, dass der Name Ran schöner und kraftvoller klinge.
    Nachdem der Sturm eine fast dreitägige Pause eingelegt hatte, begann der Wind erneut aufzufrischen. Schlimmstenfalls würde dieselbe Schneemenge, die sie vor Haustür und Küchenfenster weggeräumt hatten, innerhalb einer Nacht erneut fallen. Am nächsten Tag war Sonntag, und da mussten sie, egal, wie das Wetter war, in den Tunnel. Nur am Sonntag zwischen sechs und achtzehn Uhr konnten die Ingenieure Messungen im Tunnel durchführen, ohne die Bohrarbeiten, Sprengungen und den Abtransport der Abraummassen zu behindern. Um sechs und um achtzehn Uhr war Schichtwechsel. Unter der Woche kam die eine Schicht in die Baracke, wenn die andere gerade gegessen hatte und sich auf den Weg machte, um ihrerseits bis sechs Uhr am nächsten Morgen zu arbeiten. Das Frühstück der einen wurde so zum Abendessen der anderen. So stand die Arbeit nie still.
    Der Schneesturm wütete ab etwa drei Uhr nachts.
Irgendwie

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