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Die Brueder des Kreuzes

Die Brueder des Kreuzes

Titel: Die Brueder des Kreuzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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Mühe gekostet, das Entsetzen zu verbergen, das er bei Richards zynischen Worten über das Wohlergehen seiner Zukünftigen empfunden hatte. Er redete sich ein, dass der König es nicht ernst gemeint hatte.
    Als André schließlich zu seiner Audienz gerufen wurde, führte man ihn zu einer Tür im Aufbau des Achterdecks. Ein Wachtposten klopfte an und trat beiseite. André stellte sich an seinen Platz, und die Tür öffnete sich nach innen. Wieder starrte ihm ein bewaffneter Wachtposten entgegen, ging dann einen Schritt zur Seite und winkte ihm einzutreten. Die Tür war so niedrig, dass sich André bücken musste, um hindurchzupassen. Dann schob er sich an dem Wachtposten vorbei, der den Bauch einzog, um den Besucher vorbeizulassen.
    Innen stellte André erstaunt fest, dass die Kammer, die er betreten hatte, winzig klein war und eine so niedrige Decke hatte, dass er kaum aufrecht darin stehen konnte. Dazu war sie finster, denn das einzige natürliche Licht waren die Sonnenstrahlen, die durch eine vergitterte Luke in der Decke fielen und ein Schachbrettmuster auf den Boden malten. Die rauchigen Lampen, die an den Schiffsbalken befestigt waren, taten nur wenig dazu, die Schwärze zu erhellen. Er spürte die menschlichen Gestalten – Frauengestalten – eher, als dass er sie sah; es waren drei in einer dunklen Ecke zu seiner Rechten und zwei zu seiner Linken. Zwei Damen saßen an einem kleinen Tisch, auf dem die Überreste einer einfachen Mahlzeit standen. Er sah an ihrer Haltung, dass beide die Augen auf ihn gerichtet hatten, daher verbeugte er sich tief und wandte sich an beide gleichzeitig.
    »Ich bitte die Damen um Verzeihung, denn ich weiß nicht, welche von Euch beiden welche ist, und das Licht in diesem Kämmerchen ist sehr schlecht. Mein Name ist André St. Clair, Ritter aus Poitou, und ich überbringe Euch Grüße und Briefe von meinem Lehnsherrn Richard, der mich in aller Eile zu Euch geschickt hat, um Euch sein Versprechen zu überbringen, dass er mit seiner gesamten Flotte auf dem Weg ist und morgen hier sein wird, um persönlich mit Euch zu sprechen.«
    »Ooh, là, là! Da hat sich Richard ja einen ganz Schlauen gesucht.«
    Die Sprecherin war die Frau rechts am Tisch, und irgendetwas an ihrer Stimme, eine Reife, die er von der jungen Prinzessin nicht erwartet hätte, hätte ihn jede Wette eingehen lassen, dass dies Joanna Plantagenet war. Er blickte angestrengt in die finstere Ecke, in der sie saß, und beschloss, es lieber darauf ankommen zu lassen, dass man ihn für dumm hielt, als weiter wie ein schüchterner Schuljunge dazustehen. Er lächelte und zog eine Augenbraue hoch.
    »Schlau, Mylady? Darf ich fragen, wie Ihr darauf kommt?«
    »Nun, durch die Gewandtheit, mit der Ihr der Falle ausgewichen seid, raten zu müssen, wer von uns wer ist, denn dieses Ratespiel hättet Ihr nicht gewinnen können, ohne mindestens eine von uns zu beleidigen. St. Clair sagt Ihr? Seid Ihr mit Sir Henry verwandt, der der Fechtmeister meiner Mutter war?«
    »Ja, Mylady. Er ist mein Vater.«
    »Dann kenne ich Euch, oder ich kannte Euch als Kind. Tretet näher.«
    Das tat André, erleichtert, dass er richtig geraten hatte, und Joanna hob den dünnen, dunklen Schleier, der ihre Züge verhüllt hatte, und ihr Gesicht kam zum Vorschein. In der Dunkelheit leuchtete es fast. Auch er erinnerte sich jetzt an sie. Sie war einige Jahre älter als er, und bis er alt genug war, um davonzulaufen und sich zu verstecken, hatten sie und ihre Freundinnen ihn gnadenlos bei ihren Spielen eingesetzt. Damals hatte er sie niemals als hübsches Mädchen wahrgenommen – wahrscheinlich war er einfach zu jung gewesen. Sie hatte ein bemerkenswertes Gesicht, und während andere Männer sie oft als Schönheit bezeichneten, kam ihm als Erstes ein anderes Wort in den Sinn, als er sie unverschleiert sah – nämlich Stärke.
    Sie trug eine weiße Haube, die ihr Haar verbarg und ihr Gesicht einrahmte, und der Schleier war mit einem Schmuckkamm daran festgesteckt. Ihre breite, hohe Stirn hatte noch keine Falten – sie war jünger als ihr Bruder Richard –, und sie hatte blassgoldene Augenbrauen und Wimpern, dunkelblaue Augen über hohen, wohlgeformten Wangenknochen, eine gerade, kräftige Nase und einen breiten, lebendigen Mund.
    Doch diese Augen und dieser Mund waren von winzigen Krähenfüßen eingerahmt – einst war sie eine Königin gewesen, doch ihr betagter Mann hatte keinen Sohn mit ihr zeugen können, und inzwischen war sie seit Jahren Witwe.
    Sie

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