Die Brueder des Kreuzes
bezogen hatten, hatten mitten in der Nacht dort oben das Gestrüpp in Brand gesetzt, und der Gestank der schwelenden, harzigen Dornbüsche war seitdem ständig schlimmer geworden.
Auch Sinclair spürte ein drohendes Kratzen im Hals und zwang sich, flach zu atmen. Dabei musste er daran denken, dass er vor zehn Jahren bei seiner Ankunft im Heiligen Land noch nicht einmal gewusst hatte, dass es Sarazenen gab. Jetzt war das Wort in aller Munde, ein Wort, das die getreuen, fanatischen Krieger des Propheten Mohammed – und um genauer zu sein, des Kurdensultans Saladin – bezeichnete, ganz gleich, welchem Volk sie angehörten. Saladins Reich war gigantisch, denn er hatte die beiden islamischen Reiche Syrien und Ägypten vereint, und seine Armee setzte sich aus Ungläubigen jeder Herkunft zusammen, von den dunkelhäutigen Beduinen Kleinasiens bis hin zu den Mulatten und den ebenholzschwarzen Nubiern Ägyptens. Doch sie sprachen alle Arabisch, und sie waren jetzt alle Sarazenen.
»Wie ich sehe, bin ich nicht der Einzige, der tief und fest geschlafen hat.«
Moray war an seine Seite geritten und saß jetzt Knie an Knie mit Sinclair. Genau wie dieser hob auch er den Blick zu der Stelle, an dem der näher gelegene der beiden Gipfel, die man die Hörner von Hattin nannte, über ihnen aufragte.
»Was meinst du, wie lange haben wir noch zu leben?«
»Nicht mehr lange, fürchte ich, Lachlan. Bis zum Mittag sind wir wahrscheinlich alle tot.«
»Sogar du? Eigentlich hätte ich lieber etwas anderes von dir gehört, mein Freund.«
Moray seufzte.
»Ich hätte niemals geglaubt, dass so viele Männer durch die Dummheit eines einzigen Maulhelden sterben könnten … die Dummheit eines kleingeistigen Tyrannen und die Feigheit eines Königs.«
Die Stadt Tiberias, das Ziel, das sie gestern Abend hätten erreichen können, und der See, an dessen Ufer sie lag, befand sich keine sechs Meilen vor ihnen, doch sie wurde von Raimund von Tripoli regiert, den Gerard de Ridefort, der Meister des Tempels, für einen Verräter hielt.
Statt der Logik zu folgen und für die Sicherheit und den Schutz seiner Armee zu sorgen, hatte de Ridefort gestern Nachmittag beschlossen, dass er es nicht eilig hatte, nach Tiberias zu gelangen – obwohl sich Raimund ohnehin hier im Lager der Armee befand und seine Gattin Eschiva die Stadt verteidigte. Ganz gleich aus welchem Grund er also seine Entscheidung getroffen hatte, niemand hatte es gewagt, ihm zu widersprechen, da die Ritter in der Armee zum Großteil Tempelritter waren.
De Ridefort hatte zu den Befehlshabern gesagt, es gäbe eine Quelle in dem Dörfchen Maskana in der Nähe ihres derzeitigen Lagerplatzes; dort würden sie die Nacht verbringen und dann am Morgen gen Tiberias vorstoßen.
Natürlich hätte König Guido diesen Vorschlag ablehnen können, doch wankelmütig, wie er nun einmal war, hatte er dem Verlangen de Rideforts und dem Drängen seines Verbündeten Graf Rainald von Chatillon nachgegeben. Chatillon, seinerseits ein mächtiger Tempelritter, der sein eigenes Gesetz verkörperte und de Ridefort an Arroganz und Machtgier noch übertraf, war Kastellan der Feste Kerak, der mächtigsten Festung der Welt, und er konnte sich rühmen, der Mann zu sein, den Sultan Saladin von allen Franken am meisten hasste.
Und so hatte man das Signal gegeben, und die größte Armee, die das Königreich Jerusalem in seiner achtzigjährigen Geschichte aufgestellt hatte, hatte Halt gemacht und das Lager aufgeschlagen. Woraufhin Saladins gewaltige Heerscharen – allein seine Kavallerie war den Franken um das Zehnfache überlegen – sie beinahe vollständig eingekreist hatten. Blitzschnell von allen Seiten umzingelt, hatten die zwölfhundert Frankenritter, ihre zehntausend Fußsoldaten und die etwa zweitausend Kavalleristen beklommen ihr Lager aufgeschlagen. Dann hatte sich zu ihrer Bestürzung wie ein Lauffeuer herumgesprochen, dass die Quelle, die ihre Anführer als Lagerpunkt ausgesucht hatten, ausgetrocknet war. Niemand war auf die Idee gekommen, dies im Voraus zu überprüfen.
Für den leichten Wind, der bei Anbruch der Dunkelheit aufkam, waren sie anfangs dankbar gewesen, weil er ihnen Kühlung brachte, doch keine Stunde später verfluchten sie ihn, weil er den Rauch auf sie zuwehte.
Jetzt begann der Morgen am Himmel zu grauen, und Sinclair wusste, dass es nicht sehr wahrscheinlich war, dass er oder seine Kameraden die kommenden Stunden überleben würden. Ihre Gegner waren geradezu lächerlich im
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