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Die Brueder des Kreuzes

Die Brueder des Kreuzes

Titel: Die Brueder des Kreuzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Whyte
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dicht an ihn herangeritten war, dass er ihn mit einem kurzen, brutalen Hieb vor die Kehle aus dem Sattel stürzen konnte, hatte er Louis weit hinter sich gelassen, und er musste sich zu sehr auf den Kampf konzentrieren, um sich nach ihm umzusehen.
    Was war aus ihren zwölftausend Fußsoldaten geworden? Sinclair konnte keine Spur von ihnen sehen, doch seine Welt bestand sowieso nur noch aus einer engen, zertrampelten Arena voller Rauch, Staub, Chaos und höllischem Geschrei, denn überall wurden Männer und Tiere verstümmelt und abgeschlachtet. Er nahm Dinge und Bewegungen in einzelnen Bildern und unvollständigen Gedanken wahr, die er sofort wieder vergaß, weil der nächste Augenblick schon die nächste Begegnung mit einem wilden, zähnefletschenden Gesicht brachte, den nächsten Schwung mit dem Schild oder Hieb mit dem Schwert. Er spürte einen kräftigen Schlag in den Rücken und konnte sich nur im Sattel halten, indem er sich mit dem Ellbogen am Sattelknauf festklemmte. Das kostete ihn seinen Schild, doch ihm war klar, dass er ohnehin ein toter Mann war, wenn er noch einmal getroffen wurde oder stürzte. Es gelang ihm, sich aufzurichten, und er riss an den Zügeln, um sein Pferd von der Bedrohung fortzulenken. Dann fand er sich einige Herzschläge lang am Rand des Gefechtes wieder und blickte von einer höher gelegenen Stelle auf die Hospitalritter der Vorhut hinunter, die durch einen Keil feindlicher Reiter sauber vom Hauptteil der Armee abgeschnitten worden waren.
    Mehr Zeit blieb ihm nicht, denn der Feind hatte den einsamen Ritter bemerkt, der jetzt von zwei Männern gleichzeitig angegriffen wurde. Er wählte den Mann, der von rechts kam, den kleineren der beiden, und trieb sein ermüdendes Pferd geradewegs auf ihn zu, das lange Schwert bis zum letzten Moment hoch erhoben. Dann ließ er es in die Waagerechte sinken, sodass der Mann darauf aufgespießt wurde. Fast wäre es Sinclair durch die Geschwindigkeit des Zusammenstoßes aus der Hand gerissen worden. Keuchend wendete er mit der linken Hand das Pferd und suchte nach dem zweiten Mann, der sich jetzt dicht hinter ihm befand. Weil es vor dem heranrasenden Schatten erschrak, scheute sein Pferd und stieg. Sinclair, der diese Bewegung tausendmal geübt hatte, beugte sich im Sattel vor, dann erhob er sich in den Steigbügeln, ließ die Zügel auf den Hals des steigenden Pferdes fallen und zog seinen Dolch. Ein Stoß seines Schwertes wehrte die Klinge des Gegners ab, und als ihre Körper dann zusammenprallten, stieß er verzweifelt mit dem Dolch in seiner Linken zu. Die Spitze der einseitig geschliffenen Klinge prallte an einer Metallverzierung des wattierten Brustpanzers ab und rutschte in die ungeschützte Haut unter dem Kinn seines Gegners. Der Zusammenprall ließ ihn kopfunter nach hinten aus dem Sattel fliegen. Sinclair hielt sich instinktiv fest, um nicht vom Gewicht des Gefallenen mitgerissen zu werden, doch der Dolch kam frei, und er konnte sich wieder aufrichten. Hilflos schwankend sah er sich um und begriff, dass er wieder allein war, umgeben von relativer Stille.
    Über und unter ihm glitzerte Sonnenlicht auf Metall, und als er den Blick hob, sah er, dass hoch auf den Hängen des Berges Hattin eine weitere Schlacht im Gange war. Anscheinend versuchten dort Fußtruppen, die offensichtlich zu den Christen gehörten, über den Bergkamm nach Osten zu fliehen, nach Tiberias. Doch dann hörte er, wie jemand seinen Namen rief, und als er herumfuhr, sah er eine Gruppe seiner Waffenbrüder dicht gedrängt auf sich zurasen. Er trieb sein Pferd auf sie zu und war sich vage bewusst, dass die Luft ringsum von Pfeilen erfüllt war wie von aufgebrachten Wespen. Gemeinsam stürmten sie den Hügel hinauf zum Zelt des Königs, um König Guido und das Wahre Kreuz zu verteidigen. Dort angelangt war ihnen eine kurze Atempause vergönnt, während sich der Feind neu formierte – und als sie den Blick auf die entfernt gelegenen Berge richteten, wurden sie Zeugen einer Tragödie.
    Die Infanterie versuchte – niemand erfuhr je, auf wessen Befehl –, den Berg Hattin zu erklimmen. Sie hatten den Gipfel fast erreicht, als sich ihnen die Reiter Saladins entgegenstellten. Dort oben schien der ganze Hang in Flammen zu stehen, und die gesamte Brigade – zehntausend Fußsoldaten und zweitausend Kavalleristen – schwenkte ab, um einen Vorstoß in Richtung der Zuflucht zu versuchen, die ihnen der Anblick des unter ihnen aufglitzernden Sees Genezareth versprach. Anscheinend hatten

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