Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Brueder Karamasow

Die Brueder Karamasow

Titel: Die Brueder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodr Michailowitsch Dostojewski
Vom Netzwerk:
wirklich? Ich muß Smerdjakow totschlagen! Wenn ich es jetzt nicht wage, Smerdjakow totzuschlagen, hat das Leben für mich keinen Wert mehr!‹ Ohne in seiner Wohnung vorbeizugehen, begab sich Iwan Fjodorowitsch dann geradewegs zu Katerina Iwanowna und erschreckte sie durch sein Benehmen; er war wie von Sinnen. Er berichtete ihr sein ganzes Gespräch mit Smerdjakow, vollständig, bis in die geringste Einzelheit, und konnte sich gar nicht beruhigen, wie sehr sie ihn auch zu beschwichtigen suchte; immerzu lief er im Zimmer auf und ab und führte seltsame, zusammenhanglose Reden.
    Zuletzt setzte er sich hin, stützte die Ellenbogen auf den Tisch, legte den Kopf in die Hände und sprach folgende seltsamen Sätze aus: »Wenn nicht Dmitri den Mord begangen hat, sondern Smerdjakow, bin ich natürlich mit ihm solidarisch, denn ich habe ihn angestiftet. Ob ich ihn angestiftet habe, weiß ich noch nicht. Doch wenn er den Mord begangen hat und nicht Dmitri, dann bin natürlich auch ich ein Mörder.«
    Als Katerina Iwanowna das hörte, stand sie schweigend von ihrem Platz auf, ging zu ihrem Schreibtisch, öffnete eine daraufstehende Schatulle, nahm ein Blatt Papier heraus und legte es vor Iwan hin. Dieses Blatt Papier war jenes Schriftstück, von dem Iwan Fjodorowitsch später zu Aljoscha sagte, es beweise mit mathematischer Sicherheit, daß ihr Bruder Dmitri den Vater ermordet habe. Es war ein Brief, den Mitja in betrunkenem Zustand Katerina Iwanowna an jenem Abend geschrieben hatte, als er Aljoscha, der nach der Szene zwischen Katerina Iwanowna und Gruschenka ins Kloster zurückkehrte, auf dem Feld begegnet war. Als Mitja sich damals von Aljoscha getrennt hatte, war er zu Gruschenka geeilt. Ob er sie gesprochen hat, ist unbekannt; spätabends, war er jedenfalls im Restaurant »Zur Residenz« erschienen und hatte sich dort gehörig betrunken. In diesem Zustand hatte er sich Feder und Papier geben lassen und ein wichtiges Beweisstück gegen sich selbst niedergeschrieben. Es war ein rasender, redseliger, unzusammenhängender Brief, eben das, was man einen »betrunkenen« Brief nennt: ähnlich, wie wenn ein Betrunkener bei der Rückkehr nach Hause seiner Frau oder einem Hausgenossen sehr hitzig erzählt, daß man ihn soeben beleidigt habe und was für ein Schuft der Beleidiger und was für ein prächtiger Mensch demgegenüber er selbst sei und daß er es diesem Schuft heimzahlen werde – und das alles in nicht abreißender Rede, zusammenhanglos und aufgeregt, untermalt von Faustschlägen auf den Tisch und vielen Tränen der Betrunkenheit. Das Papier zu diesem Brief, das man ihm im Restaurant gegeben hatte, war ein schmutziges Stück gewöhnlichen, minderwertigen Schreibpapiers; auf der Rückseite stand irgendeine Rechnung. Für die Redseligkeit des Betrunkenen hatte der Raum offenbar nicht ausgereicht, und Mitja hatte nicht nur alle Ränder vollgeschrieben, sondern die letzten Zeilen waren sogar quer über das bereits Geschriebene geschmiert. Der Brief hatte folgenden Wortlaut:
    »Verhängnisvolle Katja! Morgen werde ich mir Geld beschaffen und Dir Deine dreitausend Rubel wiedergeben, und dann leb wohl, Du, die Du eines so gewaltigen Zornes fähig bist, aber auch meiner Liebe sage ich dann Lebewohl! Machen wir ein Ende! Morgen werde ich mir bei allen möglichen Leuten das Geld zu beschaffen versuchen, falls mir das jedoch nicht gelingt, dann, darauf gebe ich Dir mein Ehrenwort, werde ich zu meinem Vater gehen und ihm den Schädel einschlagen und ihm das Geld unter seinem Kopfkissen wegnehmen, sobald Iwan abgereist ist. Und wenn ich zur Zwangsarbeit nach Sibirien muß – die dreitausend Rubel werde ich Dir zurückgeben! Du selbst aber lebe wohl! Ich verbeuge mich vor Dir bis zur Erde, denn ich habe mich Dir gegenüber wie ein Schuft benommen. Verzeih mir! Nein, verzeih mir lieber nicht, dann wird mir und Dir leichter zumute sein! Lieber die Zwangsarbeit als Deine Liebe, denn ich liebe eine andere! Du aber hast sie heute allzusehr kennengelernt, wie kannst Du verzeihen! Ich werde den totschlagen, der mich bestohlen hat. Ich werde von euch allen nach dem Osten weggehen, um niemand mehr zu kennen. Auch sie will ich nicht mehr kennen, denn nicht allein Du quälst mich, sondern auch sie. Lebe wohl!
    P. S. Ich schreibe einen Fluch, doch ich bete Dich an! Das fühle ich in meiner Brust. Da ist noch eine Saite übriggeblieben, und die tönt. Am besten schneide ich mein Herz mittendurch. Ich werde mich töten, vorher aber jenen Hund. Ich

Weitere Kostenlose Bücher