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Die Brut des Bösen - Graham, P: Brut des Bösen - L'Apocalypse selon Marie

Titel: Die Brut des Bösen - Graham, P: Brut des Bösen - L'Apocalypse selon Marie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Graham
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getrunken und sind in ihren steinernen Nischen eingeschlafen. Seither haben Stille und Kälte über Neera
gewacht und lediglich die Bernsteinperle an ihrem Hals hat verhindert, dass sich die Finsternis um sie schließt.

12
    Holly fährt zusammen und krallt ihre Finger in Walls’ Arm. Der Wagen ist auf einen Weg eingebogen, der vor lauter Farnkraut kaum zu erkennen ist. Holly sieht nach draußen und betrachtet den nachtschwarzen Himmel, an dessen Rand es allmählich hell wird. Sie spürt Gordons Atem dicht neben sich. Er ist eingeschlafen. Sie lächelt beim Gedanken an Neera. Jetzt weiß sie, wohin Eko sie bringt – in die Zuflucht des Heiligtums, dorthin, wo alles begonnen hat. Sie weiß auch, wer sie ist. Das ist mit elf Jahren schwer zu begreifen, aber sie hat verstanden, dass sie ein winziger Teil des Ganzen ist, und das genügt ihr. Außerdem hat sie die Gewissheit, dass Neera erwacht ist und ihr Herz noch in ihrer Brust schlägt. Neeras Macht. Holly hat keine Angst mehr. Es kommt ihr vor, als veränderten sich die Farben, und nicht nur sie. Auch die Luft und die Bäume.
    Holly richtet sich auf, schlingt die Arme um Marias Hals und zwinkert ihr durch den Rückspiegel zu. Im Blick des Mädchens liegt etwas, das Maria bisher nicht gesehen hatte. Etwas Reiferes, Ruhigeres. Maria küsst Hollys Hände.
    »Hattest du eine gute Nacht, Schätzchen?«
    »Ich hab dich lieb.«
    Maria spürt, wie sich ihre Kehle zusammenzieht.
    »Ich dich auch, Schätzchen.«
    »Sogar, wenn du mir auf die Nerven gehst.«
    »Danke.«
    »Nichts zu danken. Sag einfach Bescheid, wenn es nötig ist, dass ich es noch mal sag.«

    »Was?«
    »Dass ich dich lieb hab.«
    »Schon gut.«
    Inzwischen hat der alte Buick eine Lichtung in der Nähe eines der Arme des Mississippi erreicht. Man sieht eine Fischerhütte, einige sehr alte Bäume und einen Anleger.
    »Wo sind wir?«
    »Gute Frage. Weckst du mal den Mikrowellenherd, der da hinten brummt?«
    Holly schüttelt Gordon, der im Schlaf knurrt. Er öffnet die Augen. Auch sein Blick hat sich verändert. Holly bricht in Lachen aus, während sie ihn auf die Wange küsst und unter den Armen kitzelt.
    »Jetzt geht das wieder los. Sie braucht dich nur vor lauter Lachen nass zu pinkeln, und schon seid ihr ein Herz und eine Seele. Hörst du mich überhaupt, Gordon? Gordon?«
    Er richtet sich auf und sieht sich auf der Lichtung um.
    »Wir sind da.«
    »Wo?«
    »Im Heiligtum von Lagrange. Ein guter Ort. Wir bleiben eine Weile hier, damit sich Holly ausruhen kann. Inzwischen dürften unsere Verfolger die Fährte verloren haben.«
    Ein breites Lächeln tritt auf Gordon Walls’ Züge. Er hat die alte Schaukel entdeckt, auf der er sich als Kind vergnügt hat: ein ausrangierter Traktorreifen, den man mit einem Seil an den Ast einer alten Ulme gebunden hat.
    »Und was machen wir jetzt?«
    »Dasselbe wie alle amerikanischen Familien: Wir richten uns ein und fangen an zu grillen.«
    Er steigt aus und fängt Holly ein, die bereits auf den Fluss zugerannt ist. Maria steckt den Kopf aus dem Fenster und ruft: »Ich will nicht, dass Holly jetzt badet.«

    Ohne im Laufen innezuhalten, dreht sich Walls um und hält sich die Hände wie einen Schalltrichter vor den Mund: »Warum?«
    »Weil sie zuerst etwas essen und sich ausruhen soll. Anschließend können wir …«
    In der Ferne hört man etwas platschen. Maria sieht zum leeren Anleger hin.
    »Großer Gott! Holly!«
    Sie springt aus dem Wagen und eilt zum Fluss, so schnell sie kann. Die Kreise um die Stelle, an der das Mädchen ins Wasser gesprungen ist, beginnen sich zu verlieren. Mit erstickter Stimme ruft Maria: »HOOOLLY!«
    Sie rennt los. Mit einem Mal bleibt sie stehen. Sie hat Hollys Gesicht über dem Wasser gesehen. Das Mädchen hat ihre Schreie gehört und fragt: »Was ist denn los?«
    Maria gibt keine Antwort. Ihr Versuch, wütend zu sein, misslingt. Sie hatte viel zu viel Angst. Holly beginnt zu schwimmen wie ein Otter.
    »Nicht so weit! Hörst du mich, Holly?«
    Walls hat Maria eingeholt. Er legt ihr eine Hand auf die Schulter. »Was würdest du antworten, wenn ich dir sagte: ›Ich bin ein Kind des Mississippi, fange Welse mit dem Kescher und schwimme seit meinem zweiten Lebensjahr wie ein Fisch. Wenn ich gekonnt hätte, wäre ich sogar schon früher geschwommen und hätte zusammen mit den Kaulquappen in Regenpfützen trainiert‹.«
    »Ach, Nelly Olson?«
    Während Holly bei dieser Anspielung auf die Göre aus Unsere kleine Farm einen durchdringenden Schrei

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