Die Brut hinter der Mauer
nach, dann kam er zur Ruhe und spürte wieder die Schmerzen in seinem Schädel. Sie explodierten wieder, als der Zombie ihn von der Schulter rutschen ließ, so daß er zu Boden knallte. Er war zuerst mit dem Kopf aufgeschlagen, danach mit der Schulter. Dann blieb er auf der Seite liegen, umwabert von Dunstschleiern, die aus dem Boden krochen.
Die beiden unheimlichen Gestalten traten zur Seite und kümmerten sich vorerst nicht um ihr Opfer. Nach einer Weile, die Schmerzen im Kopf waren etwas abgeflacht, fand der Fahrer den Mut, seinen Kopf zu drehen. Er schaute nicht zurück, sein Blick schwamm in die entgegengesetzte Richtung. Trotz des Nebels konnte er etwas erkennen. Innerhalb der Schwaden stieg etwas Breites, Großes, Dunkles hervor, das er zunächst nicht identifizieren konnte. Allmählich setzte sich in seinem Kopf etwas fest und durchdrang sogar die Schmerzen. Das war eine Wand, eine Mauer. Vielleicht aus Stein oder Holz errichtet, eine Abtrennung.
Wie kam sie hierher?
Er konnte sich nicht daran erinnern, sie bei seinen früheren Besuchen schon einmal gesehen zu haben. Die hatte jemand neu errichtet, um etwas abzutrennen.
Zwei Gebiete — vielleicht?
Seine Gedanken erfuhren eine schmerzhafte Unterbrechung, als der Stiernackige sich bückte und ihn in die Höhe zerrte. Dabei waren sich ihre Gesichter nahe, sehr nahe.
Hätte er gekonnt, er wäre zurückgezuckt. So aber starrte er nur in das widerliche Gesicht mit der fahlen Haut und den leblosen Augen, die ihm Angst machen konnten.
Auf seinem Rücken zog sich die Haut zusammen. Ruckartig stellte ihn der Stiernackige auf die Füße. Der Schwindel hätte ihn von den Beinen gerissen, doch eiserne Finger hielten ihn fest.
Man drehte ihn herum. Unter den Griffen war er willenlos wie eine Puppe. Der Stoß schleuderte ihn gegen die Mauer.
Ja, sie war aus Stein. Seine Hände rutschten daran ab. Sie fühlte sich feucht an, hart und dennoch weich, als wäre sie von einem unheimlichen Leben erfüllt.
Welch eine Scheißwelt, dachte er. Welch ein Irrsinn, den niemand begreifen kann. Er merkte kaum noch, daß seine Gedanken in Sphären abglitten, wo es die Realität nicht mehr gab.
Dafür spürte er den Stoß.
Ein unbarmherziger Aufprall, der entsetzliche Schmerzen auslöste. Die Mauer wurde inzwischen höher, schien in den Himmel reichen zu wollen. Erlag darauf und »wuchs« mit.
Dann fiel er, immer tiefer, er schrie und brüllte, als er schon längst hinter der Mauer aufgeschlagen war.
Ja, hinter ihr, wo sie lauerte, die verfluchte Brut…
***
Die meisten Schüler waren beschäftigt. Auch Johnny hätte seinen Rucksack leerräumen müssen, er tat es nicht. Statt dessen hatte er sich abseits hingestellt und beobachtete das Treiben seiner Klassenkameraden. Von ihrer guten Laune und der Freude war nichts mehr zu hören. Was sie taten, das machten sie schweigend und sprachen untereinander nur das Notwendigste.
Johnny beobachtete des öfteren den Lehrer. Dick Chilmark sorgte sich, weshalb hätte er sonst immer in kürzeren Intervallen auf die Uhr schauen sollen?
Zu fragen brauchte der Junge nicht. Er wußte auch so, worum sich die Gedanken des Mannes drehten. Um Malcolm, den Fahrer. Er hätte längst wieder zurücksein müssen. Johnny stand neben einem Baumstamm, der ihm Schatten gab. Um von Mr. Chilmark gesehen zu werden, mußte dieser sich erst drehen, das wiederum tat er nicht.
Er war auch nicht bei der Sache, ließ die Schüler werkeln, sah immer öfter auf die Uhr und ließ seine Blicke ebenfalls in Richtung Sumpf schweifen, denn in diese Richtung war der Fahrer verschwunden. Von dort mußte er auch wieder herkommen.
Johnny war trotzdem von einer Person entdeckt worden. Linda schlich an ihn heran, so leise, daß Johnny sich erschreckte, als sie ihm flüsternd ansprach.
Er drehte den Kopf.
Das Gesicht des Mädchens zeigte einen besorgten Ausdruck. Hatte Linda geweint? »Was ist denn?«
Sie schluckte. »Weißt du, Johnny, ich habe Angst. Fhrlich, und das geht nicht nur mir so, auch den anderen, mit denen ich gesprochen habe.«
»Vor wem haben sie denn Angst?«
»Kannst du dir das nicht denken?« Sie sah bang an ihm hoch. »Sie haben hier vor allem Angst. Vor der Erde, dem Sumpf, dem Tümpel, dem Dunst, selbst vor der Sonne. Es ist furchtbar, Johnny, aber die reine Wahrheit.«
»Das glaube ich dir sogar.«
»Dann spürst du es auch…« Sie suchte nach den passenden Worten, fand jedoch keinen guten Vergleich. »Das… das andere, das hier
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