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Die Brut

Titel: Die Brut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thea Dorn
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hatten. Tessa war glücklich über diese Wahl. Keinen anderen Mann wollte die Öffentlichkeit so sehr am Spieß sehen wie den Wirtschaftsminister. Und sie würde ihnen morgen die Grillmeisterin spielen.
    Sie griff nach der Materialmappe, die ihr Ben gestern in die Hand gedrückt hatte. Seine Finger hatten sie dabei berührt. Zu lange. Wenn sie die eins Komma fünf Millionen schafften, würde sie mit ihm schlafen.
    Rede des Bundesministers für Wirtschaft zur Eröffnung des European Business Angels Congress und des Deutschen Business-Angels-Tages –
    Herzlich willkommen Ihnen allen hier!
    Das Business-Angels-Konzept hat in den letzten Jahren in Europa Wurzeln geschlagen. Zwar ist der Entwicklungsstand von Land zu Land noch sehr verschieden, aber die jungen Business-Angels-Märkte wachsen dynamisch und holen rasant auf
.
    Tessa zuckte zusammen. Aus dem unteren Stockwerk kam ein wütendes Schreien. Sicher war es die Hitze, die Victor quälte. Die Wunde auf seiner Stirn war gut verheilt. An der Hitze konnte auch sie nichts ändern.
    In Deutschland hat das Business-Angels-Konzept in den letzten Jahren enorm an Bekanntheit und Bedeutung gewonnen
.
Noch vor vier Jahren war hier ein weißer Fleck auf der Landkarte der Business-Angels-Bewegung
.
Das hat sich grundlegend geändert. Seither sind rund vierzig Business-Angels-Netzwerke entstanden.
    Hatte sie im Kinderzimmer beide Fenster geöffnet? Sie lauschte. Victor hatte aufgehört zu schreien. Bestimmt hatte sie beide Fenster geöffnet, als sie ihn ins Bett gebracht hatte.
    Seither sind rund vierzig Business-Angels-Netzwerke entstanden. Für junge Unternehmen und Business Angels gibt es heute fast flächendeckend Vermittlungsdienste, um miteinander in Kontakt zu kommen.
    Tessa warf das Papier auf den Schreibtisch. Was sollte sie mit diesem Gerede? Sie brauchte nichts über Geschäftsengel zu lesen, um zu wissen, was sie den Minister fragen musste. Sie griff nach einer ihrer hellgelben Karteikarten und setzte den Kuli links oben an. Sie musste die Zeit nutzen, in der Victor nicht schrie. Sie malte einen Strich. Wahrscheinlich war Victor wieder eingeschlafen, und sie würde die ganze Nacht in Ruhe arbeiten können. Sie malte noch einen Strich. Katharina hatte Recht. Sie war zu besorgt. Es war wichtig, nicht bei jedem Schrei nach ihm zu sehen. Sie konnte jetzt in aller Ruhe arbeiten. Es würde eine phantastische Sendung werden morgen. Sie würde Attila, Tissenbrinck und allen anderen zeigen, dass sie unersetzlich war.
    Tessa entdeckte den Jägerzaun, der sich quer über die Karteikarte zog, als Victor wieder zu schreien begann. Es konnte nicht sein. Sie zeichnete keine Jägerzäune.
Du zeichnest keine Jägerzäune
. Tessa riss die Karteikarte in der Mitte entzwei und nochmal und nochmal und nochmal, warf die briefmarkengroßen Schnitzel in den Papierkorb und nahm eine neue Karte vom Stapel.
    Schreib. Du bist die beste Talkerin in diesem Land. Du scheiterst nicht an der ersten Frage, die du morgen Abend dem verdammten Wirtschaftsminister stellen wirst. Frag ihn nach den fünf Millionen Arbeitslosen. Frag ihn nach der Gier der Aufsichtsräte. Frag ihn nach der Kopflosigkeit der Regierung, frag ihn danach, wieso dieses Land immer mehr vor die Hunde geht. Frag ihn

    Victor schrie.
    Tessa zog eine andere Rede aus der Mappe.
    Deshalb ist es überaus wichtig, dass wir uns vornehmen … Missverständnisse … die es offensichtlich gibt … keine Scheingefechte oder Gefechte … und … wenn nur irgendwie möglich … zu gemeinsamen Lösungen zu finden …
    Ihre Augen glitten über das Papier wie Suchscheinwerfer durch die Finsternis. Sie vergaß jedes Wort in dem Moment, in dem sie es gelesen hatte. Und wenn es doch nicht nur die Hitze war, die Victor zu schaffen machte? Vielleicht war er krank? Oder zahnte wieder? Oder war aus dem Bett gefallen? Es gelang ihm immer besser, sich eigenständig aufzurichten.
    Tessa warf die Rede des Wirtschaftsministers auf den Schreibtisch und ging ins untere Stockwerk. Victor lag mit feuerrotem Gesicht im Bett. Er hatte sich freigestrampelt. Wütend traten seine Beine in die Luft.
    »Sshhhhh …« Sie beugte sich über das Gitterbett und versuchte ihn herauszuheben, ohne dass er ihr ins Gesicht trat. »Victor … Sshhhhh … Vic … Sshhhhh … Was hast du denn? Mir ist auch heiß.«
    Victor schrie. Heulte wie eine Sirene in an- und abschwellenden Tönen. Tessa legte ihn an ihre Schulter und wiegte ihn.
    »Sshhhhh … Soll Mama ein bisschen an die

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