Die Buchmagier: Roman (German Edition)
Gewehr an die Schulter. »Dann wollen wir mal sehen, ob dein kleines Guckloch in beide Richtungen funktioniert, du Mistkerl!«
Ich stellte das Gewehr auf Vollautomatik und entleerte in nur vier Sekunden das gesamte Magazin ins Buch.
Das war möglicherweise nicht der geschickteste Schachzug. Wie ein Elektroschock schoss ein magischer Rückschlag durch das Gewehr und schleuderte mich nach hinten. Das Gewehr löste sich in meinen Händen auf und hinterließ nichts als einen fettigen schwarzen Staubfilm darauf. Ich landete so hart auf dem Rücken, dass es mir den Atem nahm.
Klecks rutschte von meiner Schulter auf den Boden, und Flammen züngelten über seinen Rücken, als er sich umdrehte und mich anklagend anfunkelte.
»Entschuldige bitte!« Ich wischte mir die Hände an der Jeans ab und setzte mich auf. Ich hatte ein rauchendes Loch von wenigstens sieben Meter Tiefe und anderthalb Meter Durchmesser gegraben. Das Buch war verschwunden. Ich holte mir meine Sonnenbrille wieder: Ein Glas war zerbrochen, aber das andere funktionierte noch. Ich untersuchte das Loch und vergewisserte mich, dass keine Spur von Magie übrig war.
»Komm mit, Klecks!« Das Klügste wäre es, sich so schnell wie möglich zu verziehen. Falls Lena den Automaten nicht zerstört hatte, falls es ihm gelang, aus dem Baum zu entkommen, dann konnte ich mich jeden Moment einem mechanischen Monster gegenübersehen, und diesmal wäre keine Dryadenleibwächterin da, um mir den Arsch zu retten. Es konnte auch sein, dass Hubert mir noch einen weiteren hinterherschickte.
Aber Lena steckte ebenfalls in diesem Baum. Sie hatte mich nicht verlassen – der Teufel sollte mich holen, wenn ich sie jetzt im Stich ließe.
Ich raffte jedes Buch auf, das ich in der Hütte finden konnte, und brachte alle zu dem Baum. Neulich in meinem Haus hatte Lena gesagt, sie habe gewusst, dass ich daheim war, weil sie meine Ankunft durch die Bäume gespürt habe. Das bedeutete, dass sie ein gewisses Bewusstsein für die Außenwelt behielt. Ich lehnte mich an den Stamm und fragte mich, ob sie meine Hände und meine Stirn an der Rinde wohl fühlen konnte. »Danke.«
Ich sackte auf dem Boden zusammen, um mich den Nachwirkungen von so viel Zauberei zu überlassen, aber eine Vorsichtsmaßnahme war noch zu treffen. Falls der Automat den Kampf gewann, der eventuell im Innern des Baumes tobte, dann würde er versuchen, zu entkommen. Ich erschuf noch einmal das monofile Schwert, das ich in Detroit benutzt hatte. Die Klinge dürfte den Baum so schnell durchschneiden, wie ich schlagen konnte.
Ich konnte vielleicht keine magischen Waffen gegen den Automaten einsetzen, aber wenn er Lena tötete, dann würde ich eben den ganzen verdammten Baum in Stücke schneiden, ehe ich ihn wieder zurück in die Welt ließ!
Ich versuchte, mich auf die Bücher zu konzentrieren, um die auszusortieren, die die schlimmsten Zeichen magischer Verkohlung trugen: Das waren die Bücher, die Hubert am meisten benutzt hatte.
»Was hast du hier getrieben?« Geübt, ja schon. Aber was sonst noch?
Er war hierhergekommen, an einen Ort, der ruhig und vertraut und sicher war. Ich dachte an die Copper-River-Bücherei zurück und an die Funkler, die mich angegriffen hatten. War die Magie Hubert ebenso leichtgefallen wie mir? Hatte er dieselbe Erregung verspürt, dieselbe Freude? Selbst als ich sicher gewesen war, durch die Hand dieser Vampire zu sterben, war ich dankbar für die Chance gewesen, noch ein letztes Mal zu zaubern.
An wie viel hatte er sich erinnert? Seine Wut auf die Pförtner ließ vermuten, dass er wusste, was ihm angetan worden war. Gutenberg hatte ihm diesen Teil seines Lebens schon einmal weggenommen; Hubert hatte bestimmt einen Weg finden wollen, sich vor einem zweiten Mal zu schützen. V-Day gab ihm eine Waffe, aber es brauchte seine Zeit, um Bücher zu schreiben und herauszubringen.
Das Silberne Kreuz würde nicht reichen, um Gutenberg zu überwältigen. Es hätte auch gar nicht bei Automaten wirken dürfen. Sie waren schließlich eigens konstruiert worden, um Magie zu absorbieren.
Ich blätterte das erste Buch durch, eine alte Ausgabe von Dracula. War es Hubert um Vampirforschung gegangen?
Das nächste Buch war Das Schweigen der Lämmer von Thomas Harris. So hatte sich vermutlich Hannibal Lecter in Huberts Verstand geschlichen. Ich legte es beiseite und griff nach einem weiteren. Der Einband fehlte, und die ersten paar Seiten fielen heraus, als ich es öffnete. Ich blätterte zur Mitte vor und
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